Während draußen der erste Schnee – und vorläufig auch der letzte – des Jahres leise zu rieseln begann, gab es in der Versicherungskammer Bayern beim Konzert mit dem INDEX 4 Percussion-Quartett Lautstarkes zu hören.
Neben den Percussionisten Stefan Gimpel, Christopher Fellinger und Leander Kaiser stand mit Yuko Saito die einzige Frau und Komponistin des ersten Stücks – gemeinsam mit Maurizio Saccomanno – auf der Bühne. „X-Fly Butterfly“ ist eine theatrale Komposition, bei der die Musiker einzeln zur Bühne kommen und jeweils ein eher ursprüngliches Instrument wie Klangstab, Rassel, Rahmentrommel oder auch den eigenen Körper bespielen. Die Rhythmen bleiben jedoch nicht vereinzelt, sondern werden aufgenommen und addiert, werden so immer vielfältiger und komplexer. Erst zum Schluss kommen alle Musiker gemeinsam auf die Bühne und spielen auch auf den großen Instrumenten beziehungsweise Instrumentarien wie Marimbaphon, Drumset, Vibraphon und Bongos. Saitos und Saccomannos Musik ist kraftvoll, manchmal auch poppig und lebt vom genauen Zusammenspiel der Musiker – bis zum gemeinsamen Verklingen im Nichts.
Ähnlich abwechslungsreich war das restliche Programm: Poetische Momente neben kraftstrotzenden, manchmal auch ohrenbetäubenden, rhythmischen Pattern; ernsthaftes Musizieren, aber auch viel Humorvolles. Von Leander Kaiser standen gleich zwei Stücke auf dem Programm, „Melting Point“ für Mallet-Quartett und eine Komposition mit dem sprechenden, aber rätselhaften Titel „SchattenSägeFuge“. Wenn auch die Struktur der Fuge beim ersten Hören nicht unbedingt nachvollziehbar war und die einzelnen Themen im Schatten blieben, tat das dem Stück keinen Abbruch, denn die Musiker spielten mit vollem Einsatz und Verve virtuos zusammen.
Ebenfalls bemerkenswert war Stefan Gimpels „Black Box“, ein Stück für vier Cajones, das den archaischen und ursprünglichen Charakter dieser „Klangkisten“ kurz und knapp gefasst auf den Punkt bringt und einen mitreißenden Sog entwickelte.
Deutlich weniger gefällig war die Komposition „Vanitas“ von Max Beckschäfer für Vibraphon Solo, in der verzerrte, nachhallende Klänge sich dem Zuhörer zum Teil schmerzhaft ins Ohr bohrten und die Vergeblichkeit und Eitelkeit des Lebens körperlich erlebbar machten. Wiederum eine ganz andere Stimmung hat Holger A. Jungs „Shiraz“ für Percussion-Quartett, eine Komposition, die nach der iranischen Großstadt betitelt wurde, die berühmt ist für ihre Gartenkultur. Momente großen Aufruhrs stehen hier neben Momenten voller Poesie und verdeutlichen möglicherweise die Kontraste des Lebens im Iran: neben einer alten Hochkultur steht der moderne Staat mit alle seinen Widersprüchlichkeiten, neben dem Blumenreichtum bittere Armut. In „Don‘t talk crap“ macht Christopher Fellinger buchstäblich aus Müll Musik – wenn auch aus handverlesenem und auf Klangtauglichkeit getesteten Müll: ein Marken-Ölfass, ein „no-name“-Ölfass, eine Brennscheibe, eine Salatschüssel von Tschibo, Abflussrohre in G gestimmt mit Hammer und Donnerbleche dienen unter anderem als Instrumente. Da wird geschlagen, geschliffen und gepeitscht und zuletzt sogar eine Art Tanz mit dem Instrument veranstaltet – was neben dem akustischen Eindruck auch visuell höchst beeindruckend und unterhaltsam ist. Der tosende Beifall des begeisterten Publikums war mehr als verdient.