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Leidenschaftliche Musikerin und Juristin

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Uta Freudenberg kandidiert für Amt im Präsidium
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Wenn man schon vor dem Eintritt in die Schule Noten lesen kann, liegt es auf der Hand, dass Musik eine große Rolle im Leben spielen wird. Bereits im Alter von vier Jahren brachte sich Frau Freudenberg das Blockflötespielen selbst bei und erhielt bald auch für 10 Jahre Klavierunterricht. Sie spielte unterdessen in einigen Blockflötenensembles sämtliche Flötenstimmen bis zur Bassflöte. Des Weiteren entdeckte sie die Querflöte für sich. Am Konservatorium in Siegburg erhielt sie eine vorberufliche Fachausbildung mit Querflöte als Hauptinstrument, Klavier als Zweit­instrument sowie Gehörbildung und Harmonielehre. Ab 1988 unterrichtete sie dann schließlich selbst neben Studium und Promotion der Rechtswissenschaften fünf Jahre lang an der Musikschule Siegburg das Fach Querflöte und war weiterhin Mitglied des Siegburger Flötenquartetts.

Ihr Studium der Rechtswissenschaft absolvierte sie unterdessen ab 1985 in Bonn und promovierte zwischen 1991 und 1993, währenddessen arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zivilrecht. Es folgte das Referendariat in Düsseldorf sowie eine dreijährige Tätigkeit als Staatsanwältin, bevor sie sich als Rechtsanwältin in einer Fachkanzlei für Arbeitsrecht in Düsseldorf endgültig den Bereichen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht widmete. Seit 2004 ist sie Fachanwältin für Arbeitsrecht, seit 2007 leitet sie ihre eigene Anwaltskanzlei in Ratingen.

Ihre Mitgliedschaft im DTKV Bezirksverband Bonn/Rhein-Sieg besteht seit 1988. Hier war sie mehrere Jahre als Landesdelegierte tätig.Schließlich beriet sie zwischen 2010 und 2015 den Landesvorstand NRW rechtlich und übernahm zusätzlich die juristischen Erstberatungen für Verbandsmitglieder.

Neben all dem ist ihr auch die Weitervermittlung ihres Wissens wichtig, so war sie 2008 als Lehrbeauftragte für Arbeitsrecht an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW tätig ist. Ebenso hält sie Vorträge an Hochschulen und Akademien.

DTKV NRW: Frau Dr. Freudenberg, Sie sind klassische Juristin, haben Rechtswissenschaften in Bonn studiert und promoviert, unter anderem als Staatsanwältin in Düsseldorf gearbeitet. Von 2010 bis 2015 arbeiteten Sie auch als Verbandsanwältin des Landesverbands NRW des Deutschen Tonkünstlerverbands. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Uta Freudenberg: Damals suchte der Landesvorstand NRW des DTKV eine juristische Beratung auf den Gebieten des Arbeitsrechts und des Rechts der Künstlersozialversicherung. Ursula Keusen-Nickel war damals Landesvorsitzende und kannte mich seit vielen Jahren, da ich häufig mit ihr konzertiert habe und seit meinem 17. Lebensjahr Schülerin ihres Mannes Jost Nickel war. Sie sprach mich an.

DTKV NRW: Welchen Stellenwert sollte musikalische Bildung Ihrer Meinung nach in der Gesellschaft haben? Wie beurteilen Sie das Ansehen des Berufsmusikers im Vergleich zu anderen akademischen Berufen?

Uta Freudenberg: Die musikalische Bildung sollte meiner Ansicht nach einen ganz wesentlichen Pfeiler der Gesellschaft bilden und erfüllt dies auch seit vielen Jahren. Mit der Rückkehr zu G 9 ist für die Sicherung der Zukunft in diesem Bereich auch bereits ein ganz wesentlicher Schritt getan. Wünschenswert wäre sicherlich aber auch noch eine engere Verzahnung zwischen Schule und musikalischer Bildung. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist die Schule, die meine Kinder besuchen oder besuchten. Dort gibt es unter anderem eine Bigband, die ein hervorragendes Niveau hat. Neben einem weit überobligatorischen Engagement der Fachlehrer wird dies auch dadurch gewährleistet, dass die externen Instrumentallehrer in den Räumlichkeiten der Schule Einzelunterricht geben.
Ich glaube, dass ernsthafte Musik in der Gesellschaft nach wie vor einen hohen Stellenwert hat, auch wenn sie natürlich im Wettbewerb mit anderen Kunstformen und letztlich auch anderen Unterhaltungsangeboten steht. Davon ausgehend würde ich das gesellschaftliche Ansehen von Berufsmusikern als grundsätzlich hoch einschätzen. Andererseits spiegelt sich gesellschaftliches Ansehen in einer Marktwirtschaft nun einmal auch in der Höhe der Bezahlung wider. Hier steht einer kleinen Gruppe gut bezahlter konzertierender Künstler eine Vielzahl eher schlecht bezahlter Künstler gegenüber. Erst recht liegt die Honorierung vieler Musikpädagogen weit unter der Vergütung anderer akademischer Berufsgruppen. Ich bezweifle, dass der Bevölkerung durchgängig bewusst ist, dass Musikpädagogen über Bachelor- und Masterabschlüsse verfügen und Anspruch auf eine entsprechende Bezahlung haben. Auch hochqualifizierte musikalische Leistungen werden noch viel zu oft als selbstverständlicher Teil der Daseinsvorsorge angesehen, die eben da zu sein hat, aber nichts kosten darf. Hier muss noch einiges an Wissensvermittlung und Überzeugungsarbeit geleistet werden.

DTKV NRW: Wie ich auf Ihrer Homepage lesen durfte, haben Sie auch Vorträge an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf, der Hochschule für Musik Detmold und der Landesmusikakademie NRW gehalten. Wir wissen, dass die Anzahl der Studierenden, die hauptberuflich als Musiker arbeiten wollen, kontinuierlich zurück geht - sicher auch aufgrund der unsicheren Einkommensverhältnisse. Wie bereiten Sie die MusikerInnen auf den beruflichen Alltag vor?

Uta Freudenberg: Das ist eine gute Frage. Zunächst einmal stelle ich immer wieder mit Erstaunen fest, dass der DTKV unter den Studierenden weitgehend unbekannt ist und sie auch gar keine richtige Vorstellung davon haben, was seine Aufgaben sind. Dass es so etwas wie Interessensvertretungen ihres Berufsstands gibt, ist leider nicht besonders publik. Ich versuche also zunächst einmal zu erläutern, dass man als Einzelner nicht viel bewegen kann, anders als in einer Gruppe Gleichgesinnter. Außerdem versuche ich aufzuzeigen, worauf man, insbesondere als Musikpädagoge, achten muss, angefangen beim Üben im Hinblick auf Nachbarn, bei der Anmietung von Unterrichtsräumen, beim Abschluss von privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen, bei Anstellungsverhältnissen oder Tätigkeiten als Honorarkraft und schließlich im Umgang mit der Künstlersozialversicherung.

DTKV NRW: Wo sehen Sie Lösungen oder Ansätze, die derzeitige Situation zum Positiven zu verändern? Was halten Sie zum Beispiel von der Forderung, Kultur als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern? – Oder dass kulturelle Daseinsvorsorge als Pflichtaufgabe in den Gemeindeordnungen der Länder verankert wird?

Uta Freudenberg: Grundsätzlich halte ich es für eine bedenkenswerte Forderung, den Kulturstaat neben dem Rechts- und dem Sozialstaat zur Staatszielbestimmung zu machen. Andererseits sind Änderungen des Grundgesetzes immer äußerst schwierig, vor allem, weil hierfür eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten des Bundestages und der Stimmen des Bundesrates erforderlich ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Bundesländer die Kulturhoheit haben, Kulturpolitik ist also Länder- und nicht Bundessache.
Der Deutsche Städtetag hat schon 2013 beschlossen, dass kommunale Daseinsvorsorge seit jeher als integralen Bestandteil kommunale Kulturpolitik umfasst. Notwendig ist es, dass diesen Bekenntnissen auch Taten folgen und dass die Kommunen finanziell so ausgestattet werden, dass ihnen auch die dafür notwendigen Spielräume verbleiben. Kulturelle Daseinsvorsorge zur kommunalen Pflichtaufgabe zu machen, könnte dafür ein wichtiger Schritt sein.

DTKV NRW: Einer Ihrer Schwerpunkte ist das Arbeitsrecht. Unterscheidet sich das Arbeitsrecht von Musikern zu anderen Berufsbildern eklatant?

Uta Freudenberg: Das lässt sich nicht einheitlich beurteilen. Sicherlich hat aber insbesondere die Problematik von Scheinselbständigkeit bei Musikern einen ganz besonders hohen Stellenwert.

DTKV NRW: Derzeit sind Sie als Fachanwältin für Arbeitsrecht in Ratingen niedergelassen. Arbeitsrecht und damit verbunden die Honorar- und Angestelltensituation von insbesondere Musikern ist natürlich ein großes Thema im DTKV. Wo sehen Sie speziellen Handlungsbedarf? Was können der Verband und seine Mitglieder unternehmen, um diese Situation zum Positiven zu beeinflussen?

Uta Freudenberg: Hier liegt meines Erachtens die größte Aufgabe des DTKV in den nächsten Jahren. So gibt es Kommunen, in denen Ratsbeschlüsse existieren, wonach durch Verrentung etc. frei werdende Angestelltenarbeitsplätze nach TVöD an kommunalen Musikschulen nur noch mit schlechter bezahlten Honorarkräften nachbesetzt werden sollen, um so Gelder einzusparen.  Andererseits hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (insbesondere das Urteil vom 14.03.2018, B 12 R 3/17 R) deutlich dazu beigetragen, die finanzielle Ausbeutung von Musikpädagogen zu legalisieren. Eine arbeits- und sozialrechtlich gesicherte Position und eine angemessene Bezahlung für Musikpädagogen ist nur durch Änderungen im Bewusstsein der Gesellschaft und damit durch Änderung der politischen und rechtlichen Grundlagen für die Beschäftigung von Musikpädagogen an kommunalen Musikschulen zu erreichen. Das muss eines der vorrangigen Ziele des DTKV sein.

DTKV NRW: Der DTKV NRW ist der drittgrößte Landesverband mit über 1.000 Mitgliedern und derzeit im Präsidium nicht vertreten. Ebenso könnte man argumentieren, dass eine Frau fehlt. Sie wollen im April 2020 bei den Präsidiumswahlen für ein Amt kandidieren. Was sind Ihre Wünsche und Ziele, sollten Sie dieses Amt bekleiden dürfen?

Uta Freudenberg: Derzeit sind im Präsidium des DTKV nur Bayern, Baden-Württemberg und Berlin vertreten. Ich würde mich freuen, dort meine Erfahrungen aus dem einwohnermäßig größten Bundesland mit seinen chronisch leeren Kassen und den daraus resultierenden Problemen, aber auch mit einer kulturellen Vielfalt, die ihresgleichen sucht, einbringen zu können. Außerdem glaube ich, dass mein juristisches Fachwissen Aspekte der Verbandsarbeit voranbringen könnte.

DTKV NRW: Was muss weiterhin Ihrer Meinung nach geschehen, um die unhaltbare Situation, die Musiker*innen ins Prekariat treibt, zu ändern? Wie ist der Weg, das Bewusstsein von der persönlichen Verantwortung hinein in die Politik zu tragen? Was können Sie konkret dazu beitragen?

Uta Freudenberg: In erster Linie gilt es, die unhaltbare finanzielle Situation von Honorarkräften in das Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen. In einigen Kommunen ist dies bereits gelungen mit der Folge, dass Honorarkräfte aufgrund des entstehenden politischen Drucks durch entsprechende Ratsbeschlüsse dann flächendeckend in feste TVöD-Arbeitsverhältnisse übernommen wurden.  Dies muss weiter ausgebaut werden, wenn möglich aber auch abgesichert werden durch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen.

DTKV NRW: Frau Dr. Freudenberg, für Ihre Arbeit und Ihr Engagement wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg und danke Ihnen für dieses Interview.

Interview: Cordula Schlößer-Braun

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