Die traditionsreichen „Internationalen Steglitzer Tage für Alte Musik“, die meist im Mai jeden Jahres im Gutshaus Steglitz durchgeführt wurden, waren naturgemäß der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen. Dank ihrer positiven Einstellung und ihres charakteristischen Durchhaltevermögens gab Initiatorin Anka Sommer nicht auf und fand gemeinsam mit den Dozenten einen Ersatztermin vom 12. bis 18. Oktober dieses Jahres.
Allerdings mussten neue Räumlichkeiten gefunden werden, die der Hygiene-Konzeption standhalten konnten. So ließ sich auch alles sehr gut an. Die Schwartzsche Villa, das Heimatmuseum Steglitz und das Wohnhaus der Projektleiterin standen als Arbeitsräume zur Verfügung. Zum traditionellen Abschlusskonzert wurde die Matthäuskirche in Steglitz auserkoren. So war die Grundlage für eine konzentrierte Arbeitswoche gelegt. Trotz allem stellte die aktuelle Corona-Situation für alle Beteiligten eine organisatorische Herausforderung dar. Dem Musikalischen Leiter Prof. Egon Mihajlovic war es nicht möglich, aus Ljubljana anzureisen und zuguterletzt trafen die Reisebeschränkungen auch den Gesangsprofessor Mark Tucker aus Hamburg. So konnte kurzfristig der Sänger und Spezialist für Alte Musik Jan Kobow gewonnen werden, die jungen Sänger*innen gesangstechnisch zu betreuen. Detlef Soelter aus Berlin arbeitete szenisch mit den Teilnehmenden, und die Korrepitoren Andreas Wenske und Ben Woodward waren gefragte und zuverlässige Begleiter. Sie verstanden es, mit den leider nur als Faksimile zur Verfügung stehenden Noten und alten Schlüsseln umzugehen, mit denen die Teilnehmenden professionell fertig wurden. Auf dem Programm stand nun schon im zweiten Jahr die Oper „Olimpiade“ von Johann Adolf Hasse in der Hoffnung, einen musikalischen Beitrag zur Olympiade im Jahr 2020 zu leisten.
Das Angebot der Kurse „Freie Literatur“ nutzten die Sänger*innen für Literatur von Claudio Monteverdi, Antonio Vivaldi und Georg Friedrich Händel.
So kam es zu einem sehr inhaltsreichen Abschlusskonzert. Der erste Teil wurde eröffnet mit der berühmten Arie des Orfeo „Possente spiritu“, sehr engagiert szenisch und musikalisch vorgetragen von dem portugiesischen Tenor Pedro Matos. In einer Arie von Antonio Vivaldi „Barbaro traditor“ aus der Oper „Il Tamerlano“ stellte sich die Altistin Elektra Parra vor, die seit vielen Jahren zu den „Internationalen Steglitzer Tagen“ aus Österreich anreist. In der Arie der Galatea „As when the dove“ aus „Acis und Galatea“ hörte und sah man äußerst beweglich die bereits gefragte mexikanische Sängerin Denise Reynoard, ebenfalls von Händel Suzanne Lis als Morgana aus der Oper „Alcina“. Detlef Soelter machte als Moderator das zahlreich erschienene und sehr interessierte Publikum mit den Inhalten der diversen Arien bekannt.
Das betraf vor allem den zweiten Teil des Konzerts, wo in den Arien einer völlig unbekannten Oper von J.A. Hasse die Olympischen Spiele der Antike als Rahmen für eine Dreiecks-Liebesgeschichte dienten. Licida bittet seinen Freund Megacle, unter seinem Namen am Wettkampf teilzunehmen. Dieser ahnt zunächst nicht, dass es sich bei dem Siegespreis um seine eigene Geliebte Aristea handelt. Die Handlung spielt auf den Feldern von Elis bei Olympia an den Ufern des Flusses Alfios. Die Amerikanerin Suzanne Lis brillierte mit sehr gekonnten Koloraturen in der Rolle des Licida als männlicher Sopranist. Argene, seine Geliebte, sang Denise Reynoard und Aminta, dessen Hofmeister, Elektra Parra. Als Begleiter fungierten beide Korrepetitoren auf dem wunderbaren Neupert „Blanchet“-Cembalo des Freundeskreises und der Truhenorgel der Kirche.
So ging dieses Konzert coronabedingt schneller als gewohnt zu Ende, aber die Gäste sprachen noch lange begeistert davon.
Der Schirmherrin, Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski, dem Veranstalter „Freundeskreis der Musikschule Steglitz-Zehlendorf“ in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Tonkünstlerverband Berlin und der Walter und Charlotte Hamel Stiftung sei gedankt, dieses langjährige Projekt auch in diesem Jahr unterstützt zu haben. Nicht zuletzt der Künstlerischen Leiterin Anka Sommer, die sich nicht hat unterkriegen lassen, dieses langjährige Projekt auch im 28. Jahr trotz Corona-Krise durchzuführen.