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Meisterschaft in der musikalischen Sprache

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Zu einem Konzert mit Georgy Voylochnikov im Musikstudio und Galerie Gabriele Paqué
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Georgy Voylochnikov lebt schon seit vielen Jahren in Deutschland und absolvierte zuletzt an der Kölner Musikhochschule sein Konzertexamen. Seitdem erhielt er viele Erste und Zweite Preise bei internationalen Wettbewerben, wodurch er sich in Deutschland und ganz Europa als herausragender junger Pianist etablierte.

Während diese günstigen Vorzeichen dem Publikum den Genuss einer musikalischen Meisterleistung versprachen, gab jedoch der grausame Überfall auf die Ukraine dem Pianisten Grund zum Anlass, das Programm zu überarbeiten und somit ein eigenes Statement gegen die Gewalt zu setzen, was dem ansonsten so heiteren Erleben eines Konzerts einen nachdenklichen, kritischen, aber vor allem doch erschütterten Unterton verlieh.

Das Konzertprogramm vom 26. März 2022 setzte sich folglich zusammen aus Ludwig van Beethovens Sonate op. 111, Clara Schumanns Quatres piéces fugitives op. 15, Johannes Brahms Drei Intermezzi op. 117 und zum Abschluss Robert Schumanns Gesänge der Frühe op. 133. Eine technische wie emotionale Herausforderung sowohl für den Pianisten als auch für das Publikum.

Mit der Sonate op. 111 schrieb Beet­hoven hier sein letztes Sonatenopus 6 Jahre vor seinem Tod. Für jeden Pianisten stellt diese Sonate nicht nur eine spieltechnische Herausforderung dar, sondern mindestens ebenso eine musikalische in deren Interpretation. Diese Herausforderung meisterte Georgy Voylochnikov aber bewundernswert, obwohl ihm das Werk manchmal durch seinen allzu harten und energischen Anschlag entglitt. Impulsiv, geradezu explosiv mit enormer Kraft und Dramatik präsentierte er das Eingangsthema. Sein Spiel ist gekennzeichnet durch ein klares und durchsichtiges und manchmal aufgeregtes Spiel. Nachdenklich und wohl durchdacht, manchmal geradezu aufwühlend in seiner Musiksprache. Das Variationsthema wurde von ihm sehr eindrücklich gespielt – nachdenklich, verinnerlicht, gesanglich – jeder Ton ein klangliches Erlebnis. Alle fünf Variationen sehr individuell technisch wie rhythmisch und jede mit eigenem Klangcharakter ausgestaltet.

Clara Schumann war nicht nur eine hingebungsvolle Ehefrau und Mutter, sondern insbesondere war und ist sie eine anerkannte Größe als Pianistin und Komponistin. Dies ist glücklicherweise inzwischen eine allgemein akzeptierte Aussage, welche sich ebenso leicht auf eine Vielzahl anderer Komponistinnen übertragen lässt, die aber nicht einen so hohen Bekanntheitsgrad erlangt haben. Daher hat sich das Musikstudio ab diesem Jahr zum Ziel gesetzt, Komponistinnen in jedem Konzert Raum für kompositorische Klänge zu bieten.
Mit diesen vier sehr einfühlsamen Stücken von Clara Schumann gelangten die Zuhörer in eine andere Klangwelt. Romantisch verträumt spielte Voylochnikov klanglich weich und zart im Anschlag und sehr emotional einfühlsam das Impromptu Le Sabbat. Alle drei weiteren Stücke erhielten ihre eigene Klangcharakteristik in der Interpretation. Mal aufwühlend, mal nachdrücklich, erzählend, nachdenklich oder tänzerisch.

Johannes Brahms sollte zu einem Höhepunkt des Nachmittags werden. Hier verschmolz Voylochnikov mit den Werken des Komponisten und dem aus 1890 stammenden Flügel von Pleyel. Eine neue Klangwelt wurde dem Zuhörer eröffnet. Ein sehr ausgefeiltes, in den einzelnen Stimmen ausdifferenziertes, zudem einfühlsames und sanftes Spiel. Ein unglaublich starkes Erlebnis für die Zuhörer, was auch dem Spieler viel Kraft und Emotionalität abverlangte.

Gleichermaßen war die Leistung des Pianisten für die letzten Werke von Robert Schumanns Gesänge der Frühe op. 133. Sie sind sehr selten in Konzertsälen zu hörende Werke des Komponisten und passten perfekt in das Gesamtkonzept der gesamten Programmgestaltung. Eröffnet wurde das erste Stück – anmutend einem Choral gleich – mit sehr schwermütig klingenden Akkorden. Mal dynamisch aufbrausend, dann wieder zurücknehmend. Das vierte Stück hat einen fließenden Charakter: wie ein Wasserfall aufwühlend und intensiv im Ausdruck, dann wieder zurücknehmend und verinnerlicht im Ausdruck. Das letzte Stück ist ein choralmäßig komponiertes Werk. Die Interpretation aller fünf Stücken durch Georgy Voylochnikov zeichnete sich aus durch das klare Spiel der Hände/Finger in den verschiedenen Klangebenen des Werkes. Auch hier wieder die Einswerdung des Spielers mit dem Werk des Komponisten und dem Instrument. Ein wahrlich herausforderndes Konzert für die Zuhörer und eine Meis­terleistung von Georgy Voylochnikov.

 

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