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Ein Mann höheren mittleren Alters freundlich am Gestikulieren. Vor ihm auf dem Tisch liegen ein paar Kuscheltiere. Hinter ihm an der Wand hängt eine Wimpelkette.

Walter Thomas Heyn. Foto: Linda Hild

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Mit den Kleinsten ins Konzert

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Interview mit Walter Thomas Heyn zur Veranstaltungsreihe „Klassik für Babys“
Vorspann / Teaser

Seit nunmehr vier Jahren gibt es die Konzertreihe „Klassik für Babys“ unter der musikalischen Leitung von Walter Thomas Heyn aus Wandlitz. Dabei kommen bereits die Kleinsten in den Genuss beruhigender Klänge von Mozart, Haydn und Schubert. Nach dem Debüt seines Ensembles in der Wandlitzer Kulturbühne „Goldener Löwe“ geht das Format inzwischen auf Reisen durch den ganzen Norden Brandenburgs. Mit Erfolg, wie Heyn im Interview erzählt.

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Linda Hild: Lieber Herr Heyn, Babys und Klassikkonzerte – ist das nicht ein Widerspruch?

Walter Thomas Heyn: Ganz im Gegenteil. Es ist sogar eine ausgesprochen gute Idee, die selbst dem ungeborenen Kind zugutekommt. Bereits im siebten Monat der Schwangerschaft kann der Embryo Töne hören und unterscheiden. Der Vorteil ist, dass der Mutterbauch die Töne abdämpft. Sie könnten demnach sogar ein Metallica-Konzert besuchen – es kommen ohnehin nur 30 Dezibel beim Baby an. Wir empfehlen trotzdem, die klassische Musik Metallica vorzuziehen. Immerhin können Kinder bereits mit neun Monaten Rhythmen und Tempi der Musik aufnehmen und ruhige Tonfolgen wirken entsprechend beruhigend auf das Kind und natürlich auch auf die gestressten Eltern.

Hild: Erschrecken sich die Kleinen nicht bei Pauken und Trompeten?

Heyn: Trompeten und Pauken lassen wir bei unseren Konzerten wohlweislich weg. Wir konzentrieren uns eher auf die leisen, introvertierten Instrumente wie Flöte, Gitarre, Violine und Bass. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass sehr hohe und sehr laute Töne die Kleinen eher erschreckt. Wenn hingegen ein tiefer Kontrabass leise vor sich hin brummt, wirkt das beruhigend auf die Kleinen.

Hild: Wie kann man sich das Konzert konkret vorstellen?

Heyn: Das Konzert läuft wie ein ganz normales Konzert ab, mit dem Unterschied, dass die Besucher nicht auf Stühlen sitzen, sondern auf mitgebrachten Decken und Kissen. Anders als in der Philharmonie wird bei uns außerdem nicht geklatscht, sondern gewunken. Wir möchten den Geräuschpegel möglichst niedrig halten, damit sich alle entspannen können. Traditionell spielen wir zu viert und haben meist eine Geige, eine Klarinette, eine Gitarre, einen Kontrabass oder eine Flöte im Gepäck. Zwischen den Stücken mache ich für gewöhnlich kurze Ansagen und stelle die Instrumente vor.

Hild: Für welche Altersklasse ist das Konzert geeignet?

Heyn: Wir empfehlen das Konzert für Kinder ab acht Monaten. Selbstverständlich können Eltern oder Großeltern auch ältere Geschwisterkinder mitbringen. Letztlich ist es eine Veranstaltung, an der die ganze Familie ihre Freude hat.

Hild: Wie erklären Sie sich den positiven Effekt, den klassische Musik auf Kinder hat?

Heyn: Klassische Musik beruhigt generell; auch uns Erwachsene. Man muss aber unterscheiden zwischen den verschiedenen Komponisten. Ideal ist Mozart, der mit Abstand den beruhigendsten Effekt haben soll. Nicht so günstig hingegen ist beispielsweise Beethoven, wo es gern donnert und kracht und das Schicksal an die Pforten klopft. Auch wunderbar geeignet sind Haydn, Schubert, Schumann oder auch Grieg. Ich denke, es ist die wohltemperierte Harmonie, die aus deren Musik spricht und uns ruhig werden lässt.

Hild: Wie reagieren die Kinder auf die Musik?

Heyn: Das ist ganz unterschiedlich. Einige schlafen selig ein, manche kommen unternehmungslustig nach vorn gekrabbelt und wollen unbedingt mal am Bass herumzupfen und wieder andere fangen an zu tanzen. Wenn die Kinder nach vorn zu den Instrumenten krabbeln, sage ich gerne zu den Eltern „Passen Sie auf! Wer zu nah an die Kapelle rückt, wird später Musiker“. Darauf gibt es ganz unterschiedliche Reaktionen – von erschrockenem Wegziehen des Kindes bis hin zu sanftem Vorschieben.

Hild: Was ist für Sie das Schönste an den Klassikkonzerten für Babys?

Heyn: Es freut mich, dass die Konzert­reihe mittlerweile so beliebt ist, dass wir auch über die Grenzen von Wandlitz hinaus gefragt sind. Inzwischen treten wir in Templin, Oranienburg, Rheinsberg, Ribbeck und Rathenow auf. Es besteht offenbar ein Bedarf, den wir anfangs niemals in diesem Ausmaß erwartet hätten. Das ist natürlich schön. Das Schönste für mich ist jedoch immer noch, wenn Musiker und Publikum interagieren. Daher verteilen wir gerne die Liedtexte unter dem Publikum, damit alle mitsingen können.

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