Ein spektakuläres Konzert fand im Jahr 1836 in Düsseldorf statt. Der 27-jährige Felix Mendelssohn-Bartholdy leitete die erste Aufführung seines monumentalen Oratoriums „Paulus“. Beteiligt waren nicht weniger als 172 Musiker und 356 Choristen.
Was die Zeitgenossen ahnten, ist für uns heute Gewissheit: Es handelt sich um eines der großartigsten Werke der geistlichen Musik des 19. Jahrhunderts. Benedikt Bonelli, renommierter Chordirektor an der Basilika in Kempten, hatte den Mut und die Tatkraft dieses Werk mit dem Chor der Basilika und dem Vokalensemble Kempten, aufzuführen. Mit hoher künstlerischer Kompetenz gelang es ihm eine Aufführung zu gestalten, die mehr als bemerkenswert war.
Lob ist bei allen beteiligten Gruppen angebracht. Die Kammer-Philharmonie Bodensee-Oberschwaben glänzte mit einer ausgezeichneten, klanglich differenzierten Wiedergabe des Instrumentalparts. Die Bläsergruppe zeigte, dass es ihr nicht an „Power“ fehlt. Exquisit waren die Gesangssolisten: Stephanie Bornschlegl (Sopran), Roman Payer (Tenor) und Thomas Gropper (Bass). Ausgedehnte Arien gibt es zwar nicht, aber genügend anspruchsvolle Solopartien. Die Gestalt des Saulus/Paulus wurde von Gropper mit fester Stimme, opernhaftem Gestus, bester Artikulation und Mimik geradezu lebendig gemacht. Wunderbar war die einfühlsame Abstimmung mit Payer in den beiden Duetten Barnabas/Paulus. Payer als „Erzähler“ und „Stimme Jesu“ glänzte mit makellosem Tenor und sang die auch theologisch bedeutsame Arie „Sei getreu bis in den Tod“ mit großer Innigkeit. Die dramatischen Szenen, teilweise im Wechsel mit dem Chor, waren insbesondere im ersten Teil ausgesprochen gelungen. Eine vielfältige Rolle hatte die Sopranistin Bornschlegl als Erzählerin und auch als „Stimme Jesu“.
Mit ihrem in allen Lagen klaren Sopran konnte sie ihre Partien hervorragend gestalten und überzeugte mit sicherem Einsatz, eleganten Phrasierungen und wunderbarer Tonführung bei den Piano-Stellen. Geradezu anrührend zu hören war die Arie „Jerusalem, die du tötest die Propheten“. In den Chorsätzen tritt der Einfluss von Bach und Händel, aus dem Mendelssohn nie ein Hehl machte, am deutlichsten hervor.
Er greift im formalen Aufbau auf die beiden Vorbilder zurück, setzt aber bei Harmonik und Instrumentierung ganz neue Maßstäbe. Jeder der beiden Werk-Teile wird gerahmt von einem Eingangs- und einen Schluss-Chor. Mit kraftvollen, akkordischen Einsätzen („Herr, der Du bist der Gott“), die an die Ouvertüre anschließen, oder im Jubel „Der Erdkreis ist nun des Herrn“ beeindruckte der Chor. Das begeisterte Publikum in der voll besetzten Basilika spendete stehend anhaltenden Applaus.