Die Flötistin und Musikwissenschaftlerin Dr. Adelheid Krause-Pichler ist seit vielen Jahren als herausragende Interpretin vor allem von der Musik des 18. Jahrhunderts, der Zeit Friedrichs des Großen, und des 20. und 21. Jahrhunderts bekannt. Sie ist 1. Vorsitzende des Tonkünstlerverbandes Berlin und Vizepräsidentin des Deutschen Tonkünstlerverbandes, den sie im Berliner Hauptstadtbüro und in zahlreichen Gremien auf Bundesebene vertritt. Ein wichtiges Arbeitsgebiet im Präsidium sind die Bereiche „Interpreten“ und „künstlerische Veranstaltungen“ des DTKV, worüber das Gespräch mit Franzpeter Messmer handelt.
Die Flötistin und Musikwissenschaftlerin Dr. Adelheid Krause-Pichler ist seit vielen Jahren als herausragende Interpretin vor allem von der Musik des 18. Jahrhunderts, der Zeit Friedrichs des Großen, und des 20. und 21. Jahrhunderts bekannt. Zahlreiche Komponisten haben für sie Werke geschrieben und wurden durch ihr Spiel in der Öffentlichkeit bekannt. Sie ist 1. Vorsitzende des Tonkünstlerverbandes Berlin und Vizepräsidentin des Deutschen Tonkünstlerverbandes, den sie im Berliner Hauptstadtbüro und in zahlreichen Gremien auf Bundesebene vertritt. Ein weiteres wichtiges Arbeitsgebiet im Präsidium sind die Bereiche „Interpreten“ und „künstlerische Veranstaltungen“ des DTKV, worüber das Gespräch mit Franzpeter Messmer handelt.
neue musikzeitung: Ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit im Präsidium ist der Einsatz für die Interpreten. Welche Rolle spielen Virtuosen, Solisten, Kammermusiker im DTKV?
Adelheid Krause-Pichler: Der Tonkünstlerverband ist im 19. Jahrhundert von hochrangigen Interpreten und Musikwissenschaftlern in erster Linie gegründet worden, um Qualität und Niveau zu schützen. Wir haben hervorragende Solisten unter unseren Mitgliedern, die als freie Musiker arbeiten oder an Hochschulen unterrichten, und in unserem Verband für andere Musiker und ihre Probleme eintreten. Meines Erachtens sollten die Interpreten eine wesentlich größere Rolle spielen, als es derzeit der Fall ist.
nmz: Im DTKV sind auch viele Mitglieder Komponisten. Sie selbst setzen sich sehr für Neue Musik ein. Viele Werke wurden für Sie komponiert. Was lieben Sie an zeitgenössischer Musik?
Krause-Pichler: Mit lebenden Komponisten kann man sich absprechen. Jeder Komponist, der für mich etwas schreibt, kennt genau die Stärken seiner Interpretin. Man kann sozusagen gemeinsam etwas erarbeiten.
nmz: Ist es eine besondere Chance des DTKV, dass hier enge Vernetzungen zwischen Interpreten und Komponisten bestehen?
Krause-Pichler: Wir haben im Berliner Tonkünstlerverband seit 50 Jahren das Studio „Neue Musik“, das Werke von Komponisten des DTKV aufführt, auch Auftragskompositionen, allerdings nur für wenig Geld. Doch dies wird trotzdem von den Komponisten angenommen, weil sie so die Möglichkeit haben, ihre Werke aufzuführen.
nmz: Wie können Interpreten von ihrer Kunst leben, die nicht zum Kreis der wenigen Medienstars gehören und die vielleicht auch gar nicht wollen, dass sie so vermarktet werden?
Krause-Pichler: Die Vermarktung ist ein Teil dieses Geschäfts. Doch ich glaube, dass Vermarktung und Können nicht unbedingt immer kongruent sind. Wir sehen das an vielen Beispielen; ich rede jetzt nicht von der Popmusik. Immer gehören viel Fleiß, viel Leistung und viele Möglichkeiten dazu, sich zu präsentieren, aber vor allem auch eine Menge Glück, wen man kennenlernt und wer einem Chancen eröffnet. Hier finde ich einen Pool wie das Netzwerk des DTKV Gold wert.
nmz: Sie beobachten die Situation der Interpreten schon länger. Gibt es Veränderungen, zum Beispiel durch die zunehmende Eventkultur?
Krause-Pichler: Es ist für junge Künstler heute viel schwieriger, Möglichkeiten zu bekommen, in einem Saal, einer kleinen Konzertreihe, in schönen Kammermusiksalons gehört zu werden. Dies findet heute offensichtlich in Facebook und YouTube statt.
nmz: Es wird oft beklagt, dass das Bildungsbürgertum aussterben würde. Hat das auch das Konzertleben verändert?
Krause-Pichler: Aussterben ist vielleicht etwas zu viel gesagt, aber wir sind knapp an der Grenze, es zu riskieren, wenn wir nicht dagegen angehen. Es gibt verschiedene Gründe, die dazu führen: zum einen, dass wir nach wie vor zu wenig dafür tun, unsere eigene Kultur zu stützen, zu stärken und auch dazu zu stehen. Und zum anderen, dass uns die digitale Technik überrollt.
nmz: Was tut der DTKV für die Interpreten unter seinen Mitgliedern?
Krause-Pichler: Die Landes- und Regionalverbände des DTKV organisieren zahlreiche Konzerte, in denen Mitglieder, die als Interpreten arbeiten, auftreten können. Der Bundesverband wird in den nächsten Jahren verstärkt die Interpreten und ihre Berufssituation in Politik und Gesellschaft herausstellen und darauf hinweisen, wie wichtig diese Künstler für unser Land sind.
nmz: Sie haben im Präsidium federführend Ideen zu Konzerten des Bundesverbandes entwickelt. Welche Pläne haben Sie?
Krause-Pichler: Mit dem „Tonkünstlerkonzert“ soll ein Forum geschaffen werden, das jungen herausragenden Künstlern und auch erfahrenen Meistern die Chance bietet, andere für ihre Kunst zu begeistern. Ein solches Konzert soll in den Medien hohe Aufmerksamkeit erzielen. Ich denke dabei auch an Rundfunkmitschnitte und Interpretenporträts.
nmz: Wo soll dieses Konzert stattfinden?
Krause-Pichler: Es ist meine Vision, dass wir mit so einem Konzert eine Tournee durchführen. Aber ich fürchte aus finanziellen Gründen, dass man es zunächst nur in Berlin, vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt auch in anderen großen Städten, in denen der DTKV präsent ist, veranstaltet. Dabei geht es nicht nur darum, einen Konzertsaal zu finden, sondern vor allem auch die entsprechende Medienwirksamkeit zu sichern.
nmz: Es gibt bereits „Austauschkonzerte“ zwischen Ihrem Berliner und dem Münchner Tonkünstlerverband. Wie können diese Konzerte ausgeweitet werden?
Krause-Pichler: Ich weiß, dass viele Landesverbände sehr an Austauschkonzerten interessiert sind. Hier arbeiten wir daran, dass der DTKV jeweils in einem Jahr ein „Komponistenportrait“, bei dem der Komponist durch einen Moderator vorgestellt wird und ein Ensemble Werke von ihm spielt, auf eine Rundreise schickt. Durch Kooperationen mit Hochschulen können kostengünstige Konzertsäle gefunden werden. Ich habe bereits mit vielen Komponisten in Berlin solche Porträts erfolgreich durchgeführt. Basis dafür ist, dass die Künstler für eine Aufwandsentschädigung spielen, die Komponisten die Veranstaltung ehrenamtlich mittragen, weil für sie ein Werbeeffekt entsteht und ihre Werke mehrfach zur Aufführung kommen.
nmz: Was würden Sie einem jungen Absolventen einer Musikhochschule raten, der konzertieren möchte?
Krause-Pichler: Ich kann ihm eigentlich nur raten, sich gute Kontakte zu schaffen zu Menschen, zu anderen Musikern, die bereits in der Musikszene beheimatet sind, sich gute Partner zu suchen, sich Programme zu überlegen, die mit außergewöhnlicher Musik Nischen füllen und so sein eigenes Profil zu schärfen.
nmz: Was muss in der Kulturpolitik geändert werden, damit Interpreten bessere Arbeitsbedingungen finden?
Krause-Pichler: Die Kulturpolitik sollte registrieren, dass hochrangige Interpreten nicht nur zufällig ein bisschen Talent haben, sondern dass sie ein hochqualifiziertes und langes Studium und davor eine sehr lange Zeit der eigenen Ausbildung hinter sich haben. Ich finde, dass dies in unserem Staat zu wenig geschätzt wird. Außerdem denke ich, dass sich das allgemeine musikalische Bildungswesen dahin verändern muss, dass der Respekt vor Musiklehrern, vor Musikern und vor allem vor den großen Künstlern zu einem Anreiz führt, sich wieder mehr mit Musik zu beschäftigen.