Ein intensives Telefonat zwischen dem Vorsitzenden des BdfM Mario Müller und mir hat mich darin bestätigt, wie ungemein wichtig es ist, noch einmal deutlich auf die Dringlichkeit und Tragweite der Zuarbeit durch den VdM und BdfM hinzuweisen. Ausschließlich die beiden Verbände entsenden jeweils drei Mitglieder in die Arbeitsgruppe Musikschulen. Diese wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach dem Termin mit dem Staatssekretär Rolf Schmachtenberg beauftragt, ein branchenspezifisches Konzept für die rechtssichere Beschäftigung von Honorarkräften einzureichen.
Musikschulen – Vielfalt erhalten!
Es existiert in Deutschland ein über Jahrzehnte gewachsenes musikalisches Bildungssystem, welches gerade akut in seiner Existenz bedroht wird. Dass es an diesem System berechtigte Kritik gibt, steht außer Frage.
Auch der DTKV sowie viele Lehrkräfte und BetreiberInnen von Musikschulen wünschen sich bessere Bedingungen für die einzelnen Einrichtungen. Ein gerechtes Fördersystem und deutlich mehr Festanstellungen, insbesondere an kommunalen Einrichtungen, stehen ganz oben auf der Liste.
Darum jedoch geht es in der aktuellen Situation nicht!
Aktuelle Situation
Die Deutsche Rentenversicherung hat im Juli letzten Jahres einen Kurs eingeschlagen, der, so er ungehindert fortgesetzt wird, zur Dezimierung des musikalischen Bildungsangebots in Deutschland führt.
Aktuell werden, trotz offensichtlicher Erfüllung des aktuellen Kriterienkatalogs und Zusage des BMAS für ein Moratorium, rechtskräftige Bescheide verschickt, die rückwirkend für fast ein Jahr eine abhängige Beschäftigung feststellen (siehe Anhang). Außerdem existiert innerhalb der Clearingstelle der DRV eine Anweisung an die Mitarbeitenden, jedes eingeleitete Statusfeststellungsverfahren als abhängig beschäftigt zu bescheiden. Die Merkmale werden entsprechend angepasst. Diese Information haben wir direkt von einer aufrichtigen Mitarbeiterin erhalten.
Fast 85 Prozent der privat geführten Musikschulen arbeiten ausschließlich mit Honorarkräften (Umfrage BdfM 2022). An den Musikschulen des VdM sieht es anders aus und variiert deutlich zwischen den einzelnen Bundesländern. Aber auch hier ist die Anzahl der freien Mitarbeitenden nach wie vor sehr hoch.
Die aktuelle Finanzsituation der meisten Kommunen, aber auch der privaten Familien-Haushalte in Deutschland, lässt eine deutliche Erhöhung der Kosten für Musikunterricht nicht zu. Festanstellungen, die die Träger der Musikschulen allein schultern müssten, sind in so großem Rahmen, wie die DRV es einfordert, schlicht nicht umzusetzen.
Die Folgen wären ganz klar, radikal und ernüchternd. Kommunale Musikschulen müssten ihr Angebot einschränken und die privaten Musikschulen, insbesondere die vielen mittelgroßen und kleinen Einrichtungen für immer schließen.
Aus meiner Arbeit in der Gruppe „Musikschulen im DTKV“ (inzwischen über 60 Schulen in Deutschland) weiß ich, wie die beiden aktuellen Brandherde an den Nerven sägen und welche Verzweiflung sich breit macht, in erster Linie bei den Inhaberinnen und Inhabern, natürlich aber auch bei den Lehrkräften. Einige haben auf Grund des anhaltenden Drucks bereits mit psychischen Überlastungserscheinungen zu kämpfen.
Herausforderung
Die Aufgabe der Arbeitsgruppe „Musikschulen“ muss daher sein, ein Konzept vorzulegen, welches eine rechtssichere Tätigkeit von Honorarkräften an Musikschulen weiter möglich macht – und zwar nicht nur an privaten, sondern auch an kommunalen Musikschulen. Außerdem ist es dringend erforderlich, sich mit den anderen Arbeitsgruppen abzustimmen. Dies könnte nach dem Vorbild „Umsatzsteuerproblematik“ wieder über die BAGSV laufen, oder auch gezielt über die Leiterinnen und Leiter der einzelnen Arbeitsgruppen.
Durchaus sinnvoll erscheint mir für den Musikschulbereich der Ansatz, den ursprünglichen Mustervertrag von BdfM, VdM und DTKV als Grundlage zu verwenden. Er orientiert sich am „Gitarrenlehrerurteil Hamm“, welches nach wie vor rechtskräftig und wirksam ist. Ergänzt werden kann dieser dann sukzessive durch die Vorgaben aus dem Herrenberg-Urteil.
Dass die Höhe der Honorare eine Rolle spielen könnte, steht außer Frage. Allerdings muss hier mit Augenmaß vorgegangen werden. In erster Linie ist sicherzustellen, dass die Lehrkräfte sozialversichert sind und von ihren Einkünften den Lebensunterhalt bestreiten können. Außerdem müssen regionale Unterschiede berücksichtigt werden und als letzter Punkt die Einnahmeseite der betroffenen Einrichtung. Nicht öffentlich geförderte Einrichtungen können nicht die gleichen Honorare zahlen wie subventionierte Musikschulen. Diese Kriterien sollten eigentlich jedem, der die Gegebenheiten kennt, bekannt und verständlich sein. Dass einige Verbände und Gewerkschaften diese Fakten ignorieren, um ihre Ziele voranzubringen, ist mehr als bedauerlich. In der Arbeitsgruppe Musikschulen muss diesbezüglich realitätsbezogen und mit professionellem Blick gearbeitet werden.
Fazit
Ziel muss es sein, die Vielfalt der Musikschullandschaft zu erhalten und außerdem den Künstlerinnen und Künstlern in Deutschland die Möglichkeit zu geben, selbst zu entscheiden, welche Form der Beschäftigung zu ihrem Berufsleben passt (Wahlmöglichkeit). Ein Zwang zur Festanstellung ist realitätsfern und wird dem Berufsbild des Musikers /der Musikerin nicht gerecht. Dass die DRV aktuell alle Anträge als abhängig beschäftigt einstuft, obwohl beide Beteiligten ausdrücklich und mit Nachdruck eine selbstständige Tätigkeit wünschen, ist nicht erklärbar und ein Skandal. Die Möglichkeit der selbstständigen Beschäftigung an Musikschulen muss unbedingt erhalten bleiben.
Gern stehe ich jederzeit für Rückfragen zur Verfügung und bringe meine Erfahrungen aus der langjährigen Musikschularbeit mit ein.
Ich wünsche der gesamten Arbeitsgruppe gutes Gelingen und uns allen ein hoffentlich gutes Ende dieses politischen Prozesses.
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