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Ruhe und Klarheit

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Solokonzert mit Anna Skouras
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Ruhe und Klarheit – das ist es, was das Spiel der georgischen Geigerin Anna Skouras bei ihrem Solokonzert im Einstein ausmachte.

Auf dem Programm an diesem Abend in der Reihe „Studio für Neue Musik“ des Münchner Tonkünstlerverbandes standen ausschließlich Kompositionen zeitgenössischer Künstler; die meisten davon waren auch anwesend. Im ersten Teil des Konzerts gab es vor allem Lieder bzw. Liedhaftes und Anklänge an alte, fremde Kulturen zu hören: Markus Zahnhausens Komposition „Sakura“, was übersetzt „Kirschblüte“ bedeutet, ist eine Fantasie über ein gleichnamiges japanisches Volkslied. Sie beginnt mit einer „kleinen“, fremdartigen Melodie mit schnellen Tonrepetitionen und Tremoli, die wie zarte, zerlaufende Aquarellfarben anmuten. Melodische Momente – von Skouras schlicht und beseelt gespielt – werden abgelöst von Pizzicato-Stellen mit duftigen, sich auflösenden Klängen und virtuos-kraftvollen, beinahe romantischen Episoden, die sich zum Ende hin in eine kurze, bedrohlich klingende Drei-Ton-Repetition wandeln – die Lieblichkeit des Stückes und der Melodie in Frage stellend. Auch „Songlines“ von Nikolaus Brass beschäftigt sich mit dem melodischen, gesanglichen Element der Musik, vor allem zu Beginn. Doch die Melodie wird immer weiter verfremdet und überschattet, so dass sie zwar gerade noch durchscheint, aber bis an die Grenze der Sing- bzw. Spielbarkeit getrieben wird.

Von einer ganz anderen Wesensart ist die Komposition „Diamaxai a‘“ von Minas Borboudakis. Hier prallen urtümliche Kräfte aufeinander und entfesseln sich in der Musik. Aus eher vereinzelten, unzusammenhängenden Tonfolgen verdichten sich die Klänge zu einer rhythmisch starken, kraftvollen Melodie hin zu einem Glissandoteil, in dem die Geige sich in eine menschliche Stimme zu verwandeln scheint, die schreit und jammert; dazwischen blitzen überraschend und unvermutet lyrische Momente auf. Ziemlich unspielbar wirkte das Stück zwischenzeitlich, doch Anna Skouras schien diese Herausforderung nur zu beflügeln, und ihr Spiel wirkte mühelos.

Die restlichen drei Stücke des Konzerts bezogen sich dezidiert auf Werke von J.S. Bach. „Königliches Thema für Violine solo“ von lsang Yun verwendet als musikalische Grundlage das gleichnamige Stück von Bach, dem wiederum ein Thema von Friedrich dem Großen zugrunde liegt. In seiner meditativ gehaltenen Sonate für Violine solo verarbeitet Hans-Jürgen von Bose zwei Bach-Choräle und das berühmte Namensmotiv „B-A-C-H“. Dieses scheint auch im letzten Satz, der „Toccata“, von Bernd Alois Zimmermanns Sonate durch, die nach dem kraftvollen, zugleich virtuos spielerischen „Präludium“ und der eher düsteren „Rhapsodie“ aus akkordischen Motiven sich hin zu einem tänzerischen Rhythmus entwickelt. Allerdings kommt der Tanz nicht gerade leichtfüßig daher – eine bedrohliche Atmosphäre schwingt mit und lässt ahnen, dass es sich hier um einen Tanz am Rande des Abgrunds handelt. Zimmermanns Komposition war sicher keine leichte Kost, bildete aber den würdig anspruchsvollen Abschluss dieses konzentriert und wunderbar musizierten Konzerts.

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