Rosenheim. Der amerikanische Kontinent ein Schmelztiegel! Im Land der unbegrenzten (Un-)Möglichkeiten führt die unbekümmerte Experimentierfreude zu verblüffenden Innovationen – auch in der Musik. „Auf den Spuren amerikanischer Komponisten“ war das Motto des jüngsten Tonkünstlerkonzerts im Hans-Fischer-Saal und animierte die zahlreichen Zuhörer zu guter Laune und enthusiastischem Beifall.
Rosenheim. Der amerikanische Kontinent ein Schmelztiegel! Im Land der unbegrenzten (Un-)Möglichkeiten führt die unbekümmerte Experimentierfreude zu verblüffenden Innovationen – auch in der Musik. „Auf den Spuren amerikanischer Komponisten“ war das Motto des jüngsten Tonkünstlerkonzerts im Hans-Fischer-Saal und animierte die zahlreichen Zuhörer zu guter Laune und enthusiastischem Beifall.
Zehn Musiker aus der Region garantierten eine künstlerisch authentische Spurensuche. Die richtigen Pfade zu weisen, empfahl sich die Pianistin Chenny Gan geistvoll-unterhaltsam moderierend als erste Wahl; ist sie ja selbst ein kreatives Ingredienz jenes amerikanischen Schmelztiegels: In Südchina geboren kam sie früh in die USA und lebt seit kurzem im südostbayerischen Winkel.
Zusammen mit Christoph Busching spielte sie vierhändig zum Tanz auf: Samuel Barbers trickreiche „Waltz“ und „Two-Step“; ließ sodann den „Weissen Pfau“ von Charles Tomlinson Griffes paradieren. So fantasievoll arrangierten sich Amerikaner um die Jahrhundertwende mit dem Impressionismus! Mit gleicher Verve und klanglicher Delikatesse servierte Chenny Gan den minimalistischen John Adams.
Mit größter Intensität und Hingabe zelebrierte anschließend die Geigerin Susanne Hehenberger ein Stück für Violine solo von Chip Michael. Trotz avantgardistischem Gestus zeigte der Komponist ein sicheres Gespür für Wirkung – das Publikum lauschte atemlos. Den kanadischen Pianisten Marc-André Hamelin nervten die Klingeltöne der Handys während seines Spiels, und so komponierte er ein das Publikum gleichsam abstrafendes Zugabenstück „Valse Irritation d’apres Nokia“. Vincent Lo setzte noch eins drauf und schrieb über dieses Handy-Leid-Motiv eine „Nokia Fuge“ – streng im barocken Gusto. Chenny Gan hatte als Interpretin sichtlich ihren Spaß an diesen Späßen – das Publikum ebenfalls. Tradition darf nicht unbedingt mit Konvention kurzgeschlossen werden. Alice Guinet ließ zusammen mit dem Gitarristen Stefan Hutter „Mounton Songs“ von Robert Beaser aufblühen. Die Gitarre kommentiert so differenziert, so widerständig raffiniert, dass Schönheit sich ereignet, ohne sich dem Kitsch-Verdacht auszusetzen.
Die lapidar mit „TWO“ betitelte Piéce des Komponisten und genialen Erfinders John Cage, wurde als zehnminütiges Stück angekündigt. „TWO“, in dem Cage den Zuhörer für das Erlebnis des Rätsels „Zeit“ sensibilisieren möchte, wurde von der Flötistin Christiane Kneer und Dieter Lallinger am Klavier, sehr ernstgenommen. Erst die schelmisch ins Publikum geworfenen Papierflieger lösten die fast beklemmende Spannung...
Keine amerikanische Spurensuche ohne die großen Namen Charles Ives, Aaron Copland und vor allem George Gershwin! Mit letzterem brillierte die Sopranistin Dagmar Gareis, begleitet von der höchst lebendig und farbig agierenden Pianistin Rebekka Höpfner. Da wehte Broadway-Luft durch den Saal! Mitreissend die Ausdrucksvielfalt der Sängerin, der stimmlich Enormes abverlangt wurde; zutiefst berührend das leidvolle Pathos in der Arie der Serena aus „Porgy and Bess“!
„At the River“, dieser Gospel kam gleich im Doppelpack. Vertont von Aaron Copland und Charles Ives. Extreme Kontraste: Ives der eigensinnige Individualist, der nur seine innersten Visionen verwirklichen wollte, und Aaron Copland, dem es gelang, auch vom breiten Publikum bejubelt zu werden. Thomas Hamberger, Bass-Bariton von Format, zugleich Komödiant und präziser Deklamator (Chenny Gan saß wieder am Klavier), ließ die Liederfolge wie eine vergnügliche Show ablaufen. Als Zugabe gab es ein Kinderlied von Copland in der Art von „Old Mac Donald has a Farm“ mit vielen „Muh!“ und „Mäh!“ – ein urkomischer, witziger Abschluss eines wahrlich großartigen Konzerts.