Gleich zwei Konzerte innerhalb einer Woche gab es in der Reihe „Studio für Neue Musik“ des Münchner Tonkünstlerverbands. Am 17. Juni standen in der Versicherungskammer Bayern Werke für Sopran, Flöte und Klavier auf dem Programm, eine Woche später war zeitgenössische Musik gespielt vom Saxellence Saxophonquartett zu hören.
Oft ist Vokalmusik, besonders bei moderner Musik, einfacher zu greifen, da Sprache ein näherliegendes Interpretationsmoment liefert als dies bei reiner Instrumentalmusik der Fall ist. Jedoch gibt es auch Texte, die so offen belassen sind, dass verschiedene Zugänge denkbar sind. Hierzu gehören in ihrer Kürze meist kryptische Haiku. Günther Bialas hat in seinen „Haiku – Folge I“ mit wenigen Mitteln äußerst stimmungsvolle Miniaturen geschaffen, und Adelheid Maria Thanners makelloser Sopran und Martin Belis wandlungsfähiger Flötenton trugen maßgeblich zur Wirkung der Stücke bei. Bialas‘ neoklassizistisch anmutende Flötensonate dagegen strotzt in allen Sätzen vor Spielfreude, die Martin Belič und Andreas Skouras am Klavier wunderbar übertrugen. Skouras trat in Minas Borboudakis‘ „Sechs Gedanken für Klavier“, die versuchen den Augenblick festzuhalten, auch solistisch auf. Erstaunlich, welcher Klangsinn in diesen Stücken liegt. Danach zwei Vokalwerke von Peter Kiesewetter: „Antigone“ nach Bert Brecht bestand vor allem aus einem Insistieren auf einem Ton im Klavier, das nur gelegentlich unterbrochen wurde. „Canti e proverbi“ nach Gedichten von Antonio Veneziano entwickeln sich von pastoraler Unbeschwertheit hin zum gescheiterten Menschen. Hier zeigte sich noch einmal die besondere Synthese von Stimme und Flöte. Den augenzwinkernden Abschluss bildete der Zyklus „Six little mice“ von Max Beckschäfer. In den Vertonungen englischer Nursery Rhymes war noch einmal das hervorragende Zusammenspiel aller drei Künstler zu erleben.
Der zweite Abend des Saxellence Saxophonquartetts mit Hermann Rid, Steffen Schmitt, Silvan Kaiser und Markus Vogt wurde mit „Sechs Bagatellen“ von Günther Bialas eröffnet. Die lediglich mit Metronomzahlen versehenen Sätze verbinden kontrapunktische Elemente mit intensiven Clustern. In Roland Leistner-Mayers „Agitamento e scemando“ konnte das Quartett mit exzellentem Zusammenspiel im Unisono überzeugen, in Peter Kiesewetters „Alba“ wurden die Pianissimo-Qualitäten des Ensembles deutlich. Der an diesem Abend uraufgeführte und eigens für Saxellence geschriebene „Epilog“ von Markus Zahnhausen erzeugt durch melancholische Kantilenen ausdrucksstark Wehmut. Dieter Acker scheint die Assoziation des Saxophons mit Jazz aufgegriffen zu haben. Doch kann sich sein „Saxophonquartett“ nie richtig zum Jazz durchringen. Enjott Schneiders „Panta rhei“ ist dagegen stark dem Minimalismus verpflichtet. Die Besetzung des Saxophonquartetts erinnert an die des bereits früh traditionsbelasteten Streichquartetts. Vielleicht erhält das Saxophonquartett auch eine solche Tradition, wenn es sie nicht bereits hat.