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Spezialisten formulieren „Welser Erklärung“

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Zur Drei-Länder-D-A-CH-Tagung 2010 in Wels/Oberösterreich
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Vom 17. bis 19. September fand im idyllischen oberösterreichischen Wels die 41. D-A-CH-Tagung der Berufsverbände aus Österreich (AGMÖ), der Schweiz (SMPV) und aus Deutschland (DTKV) statt.

Die Begrüßung durch den Musikdirektor der Stadt Wels, Walter Rescheneder, und die Leiterin der Musikschule, Martina Franke, war herzlich und sichtlich geprägt durch den Stolz auf die neu-hergerichtete Musikschule in den Mauern des alten Baudenkmals Herminenhof, auf die wohl so manche Musikhochschule in der Schweiz oder in Deutschland neidisch blicken könnte.

Neun renommierte Fachreferenten informierten rund um die Kinderstimme: Christiane Franke (Projektleiterin des Netzwerks „Musik in Bayern“) berichtete gemeinsam mit ihrem Kollegen Karl Zepnik (Leiter der Bayerischen Musikakademie Marktoberdorf) über das Projekt „Lehrer singen – Kinder klingen“. Die Fortbildung setzt in erster Linie auf Qualität, Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit; sie wendet sich an Lehrer, die in Grundschulen kindergerechtes Singen praktizieren sollen, mit dem Ziel, Chorklassen zu gründen, in denen viermal wöchentlich gesungen wird. Christiane Fischer, Leiterin der Singschule Wien, konnte die Teilnehmer der Tagung nicht nur durch den Einblick in ihre Arbeit mit Kindern, sondern auch durch eine spontane Singstudie mit den Anwesenden begeistern.

Erika Aeschlimann (Leiterin der Chorklasse des Konservatoriums Bern) gab unter dem Titel „Singen ist klasse!“ Einblick in ihre pädagogische Arbeit mit Kindern und Lehrern in der Schweiz.

Dr. Elke Nagl (Gesangspädagogin an der Universität Wien) berichtete mitreißend und sehr aufschlussreich anhand mehrerer Beispiele in Video-Clips über ihre Musicalprojekte mit Jugendlichen und wies auf das spezielle Eingehen auf die Schüler in der Mutationsphase hin.

Yoshihisa Matthias Kinoshita (Dozent für Kinderchorleitung an der Hochschule München) kam auf die Problematik der symbiotischen Beziehung der heutigen Kinder zu iPod/Handy et cetera zu sprechen. Der Dauereinsatz dieser Audiogeräte birgt zwangsläufig die Gefahr zu Isolation und Kommunikationsstörungen.

Marcel Dreiling (Musikdirektor des Schwäbischen Chorverbandes) mahnte den richtigen, kindgerechten Umgang mit dem Instrument Stimme an. „Der Brummer im Kinderchor“ ist zu 90 Prozent ein Produkt falscher Stimmführung und nur selten ein stimmunfähiges Kind.

Dr. Salome Zwicky (Fachärztin HNO mit Spezialgebiet Phoniatrie) konnte anhand von über Jahre im Einzugsbereich ihrer Praxis durchgeführten auditiven Prüfungen (Singtests) erstaunliche Ergebnisse vorweisen und verwies zudem fundiert auf den fundamentalen Zusammenhang von Stimme und Sprach (Sprech-) entwicklung.

Prof.Dipl.-Päd. Werner Jocher, der bereits die Grundlagen über die „Physiologie der Kinderstimme“ in seinem aufschlussreichen Einführungsvortrag behandelt hatte, vermittelte nun speziell „Neue wissenschaftliche Ergebnisse zu den Leistungen der Sing- und Sprechstimmen sowie zu den Registern bei 8 bis 10-jährigen Kindern“. Auch Prof. Jocher resumiert, dass Singen im Kindesalter notwendig ist, denn: „je öfter gesungen wird, desto stärker bilden sich die entsprechenden Synapsen im Gehirn aus.“

Werner Schmitt (ehem. Direktor der Musikschule Konservatorium Bern) konnte als abschließender Referent und als Vorsitzender der Yehudi Menuhin Stiftung Deutschland den Ruf nach mehr selbstverständlichem Gesang im Kindesalter nun mit allen zur Verfügung stehenden Argumenten unterstreichen.

Die abschließende Plenardiskussion über das Thema „Kinderstimme“ wurde spontan zur Verfassung einer „Welser Erklärung“ genutzt. Die Spezialisten der drei Länder D, A, CH fordern von der Politik mehr Einsatz für das Singen von und mit Kindern in Familien, Kitas und Schule. Die 41. D-A-CH-Tagung war somit nicht nur Informationspool, sondern höchst brisantes kulturpolitisches Ereignis.

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