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Tonkünstler bei „Berliner Atonale“ in der Schillertheater-Werkstatt

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Das Konzert der „Berliner Atonale“ fand am 10. Januar 2014 in der Staatsoper im Schillertheater/Werkstatt statt und wurde zu einem großartigen Ereignis.

Das Konzert der „Berliner Atonale“ fand am 10. Januar 2014 in der Staatsoper im Schillertheater/Werkstatt statt und wurde zu einem großartigen Ereignis. Der Saal war ausverkauft und die Veranstaltung hatte trotz Überlänge mit zwei Pausen  ein begeistertes und ausdauerndes Publikum. Vor dem Konzert führte Martin Schneuing, der das Konzert organisatorisch betreut hatte, im Vorraum des Konzertortes in die Werke das Abends ein. Im Atonale e.V. haben sich 2009 zwölf namhafte Berliner Komponisten zeitgenössischer Musik zusammengeschlossen, die allesamt auch in Einzelprojekten maßgeblich die aktuelle Berliner Musikszene mitgestalten. In diesem Konzert stellen sich die Mitglieder mit Werken vor, deren Entstehungszeiten schwerpunktmäßig in den letzten Jahren liegen und die damit auch einen repräsentativen Querschnitt derzeitigen Berliner Musikschaffens zeigen. Vier Komponisten gehören dem Deutschen Tonkünstlerverband Berlin an: Susanne Stelzenbach, Gabriel Iranyi, Samuel Tramin und Stefan Lienenkämper.
Die Stücke des Abends sind ausnahmslos in den letzten zehn Jahren für das modern-art-sextett geschrieben worden, ebenfalls für die beiden Akkordeonistinnen Christine Paté und Franka Herwig. Das Ensemblespiel dieser Instrumentalisten, die den höchsten Anforderungen zeitgenössischer Musik mit Eleganz und Virtuosität entsprechen, zeigt höchstes Niveau dieser Musiker und demonstriert gleichermaßen den hohen Stand zeitgenössischen Komponierens der Berliner Szene. Das Programm wurde mit Helmut Zapfs „Albedo V für Ensemble“ (2001) eröffnet: aufregend, schon allein wegen des sich auf physikalische Phänomene beziehenden Konzeptes, ausladend in der Verwendung experimenteller Klangfarben und spannend im Aufeinanderprallen der Energiefelder einzelner Instrumentengruppen. Rainer Rubberts „Essentials“ für zwei Akkordeons (2012) erklingen als stimmungsvolles Duo in der aparten Zusammenstellung zweier Akkordeons, bei dem zwei fein gearbeitete lyrische Stücke unter Verwertung zart-luftiger Klangfarben sowie Instrumenteneffekte  einen dicht gewebten dramatischen Satz umschließen. Samuel Tramins „Vom Fremden und...“ für Klavier solo (2010) präsentiert sich als großangelegtes, äußerst virtuoses Klavierstück zum Schumann-Gedenkjahr 2010, sich Schumanns Welt in der Atmosphäre nähernd, ohne sich dabei je von zeitgenössischer Stilistik abzuwenden oder Zitate zu benutzen. Brillant und farbenreich gespielt von der Solistin Yoriko Ikea. „jagen.stille“ für Altflöte, Klarinette und Streichtrio (2006) von Susanne Stelzenbach, in extravaganter Besetzung als sprühend-funkelndes Klangwerk, dessen Spannung den Hörer durch unterschwellig vibirierende musikalische Statik und lebhaftes Figurenspiel in seinen Bann zieht. Gabriel Iranys Komposition „Quartett für Flöte, Violine, Violoncello und Klavier“(2009) ist konzeptionell durchweg auf zwei Dimensionen projiziert – die Emotionen und Gefühle des musikalischen Gestus sind unmittelbar wahrnehmbar – wie bei dem abstrakten Expressionismus von Rothko oder Richter –, während die feinen Netzgewebe und Klangfelder eine strenge konstruktive Schichtung aufweisen. Die angestrebte gleichzeitige Reduktion der Mittel auf das Wesentliche, zielt auf die Steigerung der musikalischen Aussage. Während  Stefan Lienenkämper mit seinem Werk „Intensitäten“ (2008) für Violine und Akkordeon sparsam-konzentriertes Vollziehen und Nachspüren intensiver Klangmomente in großer Klarheit darstellt, erreicht Mayako Kubo mit eingen Auszügen aus der Komposition „Mauerfragmente“ (1994) lustvoll ironische Verfremdungen des alten Schlagers von der „Berliner Luft“ und  rundete den Abend amüsant in geradezu kagelesk verzerrter Weise ab. Weitere Werke der Berliner Komponisten Eres Holz, Laurie Schwartz, Thomas Hennig und Martin Daske dokumentierten die Vielfältigkeit der zeitgenössischen Musikszene in dieser Stadt sowie deren hohen Standard.
Besonders erfreulich ist in diesem Zusammenhang das Engagement der Staatsoper Berlin, die ihre Wertschätzung Neuer Musik durch aktive Förderung beweist und sich neben dem jährlichen Festival „Infektionen“ – hier mit einem weiteren Beitrag auf die Seite der Neuen Musik Szene stellt.

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