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„Über den eigenen Horizont hinaus“

Untertitel
Neuer Band „Komponisten in Bayern“ über Klaus Hinrich Stahmer
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Spartenübergreifend ist seine Biographie, ist seine Kunst. Klaus Hinrich Stahmer durchschritt in seiner Komponistenlaufbahn die Geschichte der Neuen Musik von der Dodekaphonie bis zur musikalischen Avantgarde der 70er, verließ dann diesen Weg und fand neue Formen, Weisen, Tonalitäten, die aus einer globalen Quelle heraus entstanden.

Pünktlich zum 75. Geburtstag des Komponisten erschien der 60. Band der Monografien-Reihe „Komponisten in Bayern“, der Stahmer gewidmet ist und sich seiner vielseitigen Kunst und Persönlichkeit zunächst „von außen nach innen“ nähert, dann unter mehreren Aspekten beleuchtet. Den Anfang macht die Biografie „Lebenslinien“ von Christoph Taggatz. Klaus Hinrich Stahmer erlebte als Kleinkind die Flucht der Familie aus Stettin und die Ablehnung als Flüchtling, die sie im Marburger Umland empfing. Diese Erfahrung, die Stahmer wohl prägte – „Zuweilen habe ich heute noch das Lebensgefühl, ich müsste mir durch Wohlverhalten und Anpassung Sympathien erwerben“ – und die Nicht-Verwurzelung – „Ich fühle mich weniger als ein aus der Heimat Vertriebener, sondern eher als Heimatloser“ – wird die Abneigung Stahmers gegen das Enge und Akademische, seine Offenheit und seine auch kompositorische Öffnung zu den Kulturen der anderen Kontinente – vornehmlich Afrika und Asien – zumindest mitbestimmt haben. Dazu kommen die Last der Vergangenheit, der innere Antrieb, „Kriegs- und Fluchterfahrungen, das Schweigen der Älteren zu Faschismus und Holocaust und die unfriedliche Gegenwart künstlerisch nicht nur zu verarbeiten, sondern verarbeiten zu müssen, um damit fertig zu werden“ (Hartmut Lück).

Mit selbst entwickelten Modi und Skalen, Methoden wie Zentrierung, Reduktion oder Labyrinthen, synästhetisch- gesamtkünstlerischen Projekten aus bildender Kunst, Licht und passendem Klangwerk, außereuropäischen Instrumenten und ihrer Kombination mit Elektronik etwa, der Beschäftigung und dem Austausch mit den dortigen Künstlern, der Musik und Lyrik anderer Kulturen entwickelt Stahmer seine Musik. Damit beschreitet er mit seinem europäisch-kunstmusikalischen Hintergrund, nicht unähnlich seinem Vorbild Béla Bartók, einen eigenen Weg des „musikalischen Globetrotters“, der aus dem allen kreativ schöpft, ohne „ethnischen Umarmungskitsch“. Ein „ornamentales Denken“ sei an die Stelle „abendländischer Formund Gestaltungsmodelle“ getreten, so Stahmer selbst. Soweit das ohne die klingende Musik möglich ist, entwirft diese gelungene Monografie in mehreren, auch analysierenden und musikgeschichtlichen Essays von sieben Kollegen, Interpreten, Journalisten und Wissenschaftlern das farbenreiche Porträt eines schillernd Schöpfenden: Klaus Hinrich Stahmer ist auch Cellist, Pädagoge, Festivalleiter und -begründer und Konzertorganisator. Er kommt in dieser Monographie im dritten Beitrag mit dem Thema „Auf der Suche nach einer neuen Tonalität“ auch selbst zu Wort, nach einem auszugsweise abgedruckten Gespräch mit seinem Kollegen Dr. Christoph Wünsch, das von der Biographie zum Werk schwenkt.

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