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Verschollen in Stalingrad, heute neu entdeckt

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Max Jobst: Band 53 von „Komponisten in Bayern“ zusammen mit 2 CDs in Regensburg vorgestellt
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„Der Tod ist groß, wir sind die Seinen“: Diesen Rilke-Text vertonte der im Regensburger Ortsteil Reinhausen als Chorregent tätige Komponist Max Jobst Anfang der 1940er-Jahre. Da konnte er noch nicht wissen, dass diese Dichterworte ihn selbst bald betreffen würden. Der eben 35-Jährige, den sein Lehrer Joseph Haas als den „Musiker im ostbayerischen Raum mit der stärksten musikalischen Substanz“ seit Max Reger“ einschätzte, kehrte aus dem Russland-Feldzug nicht mehr zurück: Als bei Stalingrad verschollen gilt er bis heute.

„Verschollen“: das betraf bis vor kurzem auch weitgehend Max Jobsts Musik, was ihre Präsenz in der Öffentlichkeit betrifft. Den Regensburger Musikologen Thomas Emmerig ließ das nicht ruhen. Zahlreiche Mitstreiter begeisterte er für die Wiederentdeckung dieses Komponisten, und das in Wort und Ton vorliegende Ergebnis vielfältiger gemeinsamer Anstrengungen konnte nun einer kulturell interessierten Öffentlichkeit im Regensburger Runtingersaal präsentiert werden. Stolz durften Thomas Emmerig, Franzpeter Messmer, der Herausgeber der Monographien-Reihe „Komponisten in Bayern“, und die beiden Macher der „Regensburger Musikedition“, Andreas Meixner und Stefan Nierwetberg, auf einen noch selten so gelungenen „Dreiklang“ sein, bei dem sich regionale Musikforscher, ausführende Musiker und Musikproduzenten zur Erreichung des Ziels zusammenfanden.

Neben einer CD-Veröffentlichung der Regensburger Musikedition („Max Jobst, Komponistenportät“) konnten die Besucher des Abends den aktuellen Band Nr. 53 der „Komponisten in Bayern“ über Max Jobst in Händen halten, der sich in bewährter Weise in biographischen, Bild- und Werk-Teil gliedert. Etwas verblüfft entnimmt der Leser dem einleitenden Beitrag von Thomas Emmerig, dass sich trotz mühevoller Recherchearbeit „dem Bild des Max Jobst“ in seinem Umfeld und seinen ästhetischen Ansichten mangels einer breiteren Überlieferung nicht jene „Farbigkeit“ geben lässt, die man bei einer Person des 20. Jahrhunderts eigentlich erwartet. Den „Dichter- und Malerfreunden“ spürt der gleiche Autor in einem weiteren Beitrag nach und deutet dabei die über die Musik hinausreichenden künstlerischen Interessen und Fähigkeiten Jobsts an. Dass dieser, um Erfolg zu haben, durchaus auch dem Zeitgeist der 1930er-Jahre seinen Tribut zollte, zeigt eine anschließende Dokumentation schriftlicher Quellen zur Entstehung von Jobsts „Soldatenspiel“.

Einem Bildteil, der auch Jobsts Künstlerfreunde und seine eigenen Zeichnungen berücksichtigt, folgen Beiträge zu einzelnen Werkgruppen. Während Randolf Jeschek sich der Musik für Streicher inklusive des Violinkonzerts annimmt, charakterisiert Raimund W. Sterl die „Musik für Tasteninstrumente solo“, bevor Chormusik und Sololieder Jobsts eine Würdigung durch Helmut Bieler erfahren. Eine Zusammenstellung der „Rezeption des Werks im Spiegel der Presse“ und ein Werkverzeichnis runden die Publikation ab. Hinzugefügt werden muss, das der Landesverband Bayerischer Tonkünstler erstmals auch gleichzeitig mit dem Buch eine CD vorlegt, die in älteren und aktuellen Aufnahmen einen klingenden Streifzug durch Max Jobsts Œuvre bietet.

Eine ebenso runde Sache wurde auch der Präsentations-Abend, weil die Ansprachen der Projekt-Verantwortlichen durch geistliche und weltliche Vokalwerke Max Jobsts umrahmt wurden, hoch engagiert dargeboten vom Regensburger Kammerchor unter der Leitung von Angelika Achter. Der Chor ließ die Zuhörer spüren, welch schmerzlichen Verlust der frühe Tod eines so begabten wie auch ausdrucksstarken Komponisten bedeutete. Herb klingt seine Tonsprache manchmal, doch nie ertüftelt, sondern stets klangvoll und natürlich fließend. Altmeisterliche polyphone Kunst verbindet sich in Jobsts Vokalmusik mit expressiven harmonischen Wendungen, und auch der Humor findet Platz: in den pointierten „Ein Mensch“-Vertonungen nach Gedichten von Eugen Roth.

Helmut Bieler, Thomas Emmerig, Randolf Jeschek, Raimund W. Sterl: Max Jobst, Komponisten in Bayern, Bd. 53, Verlag Hans Schneider, Tutzing 2010 (Buch und Begleit-CD sind über www.dtkvbayern.de bestellbar).

Porträt-CD: Max Jobst, Regensburger Musikedition (bestellbar unter: www.regensburger-musikedition.de)

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