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Vielfalt als Qualität der Verbandsarbeit

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Bundesdelegiertenversammlung 2022 in Bremen
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„Wir sind eine große Familie!“ DTKV-Präsident Prof. Christian Höppner betonte in seiner Begrüßung der Delegierten aus den Landesverbänden, die Anfang November zum Treffen in Bremen angereist waren, die große Vielfalt innerhalb des Tonkünstlerverbandes. Über Generationen hinweg und mit unterschiedlichsten Arbeitserfahrungen in kleinen und großen Landesverbänden gehe es doch immer um dieselbe Sache: kulturpolitische Arbeit vor Ort und auf Bundesebene. Nach einem Jahr im Amt schätze er die Meinungsvielfalt im DTKV und die künstlerische und pädagogische Wirksamkeit, die die Mitglieder des DTKV in der Gesellschaft entfalten, wenngleich er zugeben musste, dass in puncto Wertschätzung und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen noch einiges im Argen liegt.

Auch die anderen Mitglieder des Präsidiums, seit dem vergangenen Jahr im Amt, berichteten in Bremen mit je eigenen thematischen Gewichtungen von ihren Tätigkeiten in diesem Zeitraum. Prof. Hans-Peter Stenzl (1.Vize-Präsident) hatte sich neben seinem Engagement in Gremien zu Themen wie fairen Honoraren und Machtmissbrauch im Kulturbereich auch engagiert in die Arbeit der DTKV-Strukturkommission eingebracht, in der entsprechend ausgiebig über seinen, dann „Stenzl-Papier“ getauften, Vorschlag zur Verschlankung der Verbandsstruktur diskutiert worden war. Leider, so Stenzl, noch ohne Ergebnis – ein Hinweis, der später vom Sprecher der Strukturkommission, dem Bremer Hans Wilhelm Kaufmann, aufgegriffen wurde. Er verwies auf die vereinbarte Perspektive, zur Bundesdelegiertenversammlung 2023 ein Konzept vorzulegen, das Chancen auf Zustimmung hat, und erwähnte einige Dilemmata, die sich im Verlauf der Kommissionsarbeit bereits gezeigt hätten. So hätten die Landesverbände aufgrund der Gründungsgeschichte des DTKV eine hohe Eigenständigkeit, die zumeist Teil eines eigenen Selbstverständnisses im Hinblick auf die Arbeit vor Ort ist. Und dann lägen die Mitgliederzahlen der einzelnen LV teilweise um das 70-fache auseinander, was sich im Abstimmungsschlüssel auch abbilden sollte (Hans-Peter Stenzl hatte einen Bundesausschuss mit je einem Vertreter pro Landesverband vorgeschlagen). Auf dem Weg zu einer guten Lösung versprach Hans Wilhelm Kaufmann weiterhin größtmögliche Transparenz – Diskussionspapiere und Protokolle der Kommissionssitzungen stünden für die Landesverbände einsehbar in einer Dropbox zur Verfügung.

Einen kurzen Einblick in seine Arbeit gab auch Präsidiumsmitglied Edmund Wächter (2. Vizepräsident), unter anderem zu einem seiner Schwerpunkte – dem Vertrag mit der Musikedition. Es habe umfangreiche Verhandlungen gegeben, die zur derzeitigen Vereinbarung geführt hätten. „Leider“, so Wächter, „nehmen nicht viele Mitglieder des DTKV dran teil.“ Das oft vorgebrachte Argument, das Kopieren von Noten sei für selbständige Musikpädagog*innen zu teuer und eher etwas für Musikschulen, wollte Wächter indes entkräftet wissen. Je nach Umfang der Leistungen kämen auch soloselbständige Musikpädagog*innen lediglich auf eine Kopierpauschale von ca. 1,20 bis 1,60 Euro pro Schüler – und dann sei „alles kopierbar“.

Gute Nachrichten hatte auch  DTKV- Schriftführer Christian Seibert. Rechtzeitig zur Bundesdelegierten-Versammlung ging die überarbeitete Homepage des Bundesverbandes online. Integriert wurde darin auch ein Blog, auf dem sich die einzelnen Landesverbände mit ihren Veranstaltungen der Öffentlichkeit präsentieren können. Es ginge, so Seibert, nicht so sehr darum, auf der DTKV-Webseite „politische Debatten“ zu führen, als darum, aus dem vielfältigen Leben der Länder zu berichten. Das Team für den Betrieb des Blogs ist, so Seibert, noch offen für weitere Mitarbeiter*innen, die sich gern bei ihm melden können. Inhaltlich setzt Seibert u.a. auf die Vermittlung der Attraktivität einer DTKV-Mitgliedschaft. „Warum soll ich bei euch Mitglied werden?“ ist eine Frage, die der Deutsche Tonkünstlerverband klar und deutschlandweit eindeutig beantworten können sollte.

Lob für die neue Webseite des DTKV kam auch von Ländersprecherin Heike Michaelis (Hessen), die rückblickend auf das vergangene Jahr von einer Vielzahl – auch und vor allem digitaler – Konferenzen der Ländervertreter*innen berichten konnte. Regelmäßig beschäftigten sich Heike Michaelis und ihre Stellvertreterin Martina Scharstein (Mecklenburg-Vorpommern) mit den Themen, mit denen die Bundesdelegiertenversammlung 2021 die Gremien beauftragt hatte, wie Verbandsstruktur und faire Honorare.

Stets von großem Interesse sind für die Bundesdelegierten die Zahlen, die Schatzmeister Wilhelm Mixa verwaltet. Er leitete seinen Bericht mit positiven Nachrichten ein: Maßgeblich habe auch der DTKV als Gremienmitglied etwa im Musikfonds an den finanziellen Hilfsangeboten im Rahmen des Programms Neustart Kultur mitgewirkt. 90 Millionen Euro seien 2022 vergeben worden, Restgelder konnten in das Jahr 2023 herübergerettet werden. Geklärt werde noch, so Mixa, ob die ausgezahlten Stipendien an die Künstler*innen steuerfrei blieben. „Wir brauchen hier dringend eine Klärung“, so Mixa. Auf der Agenda des DTKV stünden außerdem Vorschläge für eine Reform der Künstlersozialkasse (KSK), wobei Mixa betonte, dass hierzu auch der Einsatz gegen die Abschaffung der KSK gehöre. Zu der Frage, ob hier tatsächlich eine Gefahr lauere, merkte Prof. Christian Höppner an, dass mit der FDP innerhalb der Ampelkoalition durchaus eine politische Kraft vertreten sei, die in puncto KSK „nicht gerade eine Verbündete“ darstelle. Umso mehr freue er sich, dass Kulturstaatsministerin Claudia Roth sich weiterhin überzeugend für die Kulturschaffenden einsetze. Ihr sei es maßgeblich zu verdanken, dass von den 1,8 Milliarden Restgeldern aus 2022 immerhin 1 Milliarde in die Fördertöpfe für 2023 übertragen wurden. Was die KSK angehe, werde weiter um einen erhöhten Bundeszuschuss gekämpft, auch vor dem Hintergrund, dass die Beiträge zurückgegangen seien. Anknüpfend an jahrelange Forderungen einer für alle Mitglieder sicheren, bundesweiten Erstrechtsberatung versprach Wilhelm Mixa, dass noch in 2022 ein entsprechendes Angebot an die Landesverbände ergehen werde. Umsonst werde dieser Service allerdings nicht sein. Dafür könne dann aber auch jeder Landesverband auf Spezialisten etwa aus den Bereichen Urheber-, Miet- und – leider immer häufiger nachgefragt – dem Insolvenzrecht zugreifen. Zudem habe, so Mixa, der Landesverband Bayern, der über ein dichtes Netz an juristischen Experten verfügt, Hilfe auch für die Mitglieder anderer Landesverbände signalisiert. Im Anschluss an die in Details nachgefragte und diskutierte Vorstellung des Jahresabschlusses und des Planetats für 2023/24 wurde das Präsidium von der Mehrheit der Delegierten entlastet. Abschließend unterstrich der Schatzmeister die Notwendigkeit der Mitgliederwerbung, um Mehreinnahmen zu generieren. Die magische „10.000“ sei, bezogen auf die Anzahl der DTKV-Mitglieder bundesweit, noch nicht geknackt.

Eine umfangreiche Bestandsaufnahme etwa der Kriterien, nach denen die Landesverbände Neumitglieder aufnehmen, stellte der Bundesfachausschuss „Existenzgrundlagen“ vor. Festgestellt wurde eine große Ungleichheit zwischen den einzelnen LV, so dass ein Wechsel, etwa durch Umzug, für Mitglieder teilweise schwierig sei. Angeregt wurde deshalb, mittelfristig in allen Landesverbänden einheitliche Aufnahmekriterien festzulegen. Diese Forderung fand mehrheitlich die Zustimmung der Delegierten. Präsentiert werden konnten auch die Ergebnisse einer Umfrage zu Schulkooperationen, aus der hervorging, dass freie Musikpädagog*innen noch immer mit enormen Schwierigkeiten bei der Realisierung von Schulkooperationen zu kämpfen haben. Oft gebe es keine eigenen Schlüssel für die Musikunterrich­tenden, das Raumangebot sei knapp und die Zeitfenster seien eng. Der BuFa äußerte den Wunsch nach einem für alle verbindlichen Gesamtkonzept, in dem die Zusammenarbeit auf eine rechtlich sichere Basis gestellt werden sollte. Ein weiteres wichtiges Thema des Bundesfachausschusses war die Beschäftigung mit Honorarstandards. Der BuFa hat dazu über die Zeit einen Flyer entwickelt, den die Landesverbände mit ihren eigenen Daten füllen können und den Mitgliedern zur Verfügung stellen (Anfragen über die Bundesgeschäftsstelle). BuFa-Sprecherin Katrin Remmert berichtete von guten Reaktionen auf die Flyer in Niedersachsen, Hessen und NRW.  Letztlich gehe es („Let’s talk about money!“) um die Enttabuisierung von „Geld“: „Wir sind etwas wert!“, so Katrin Remmert. Dies sollte bei Honorarforderungen die Maxime sein.

Ergänzend zu den Ausführungen des Sprechers der Strukturkommission, Hans Wilhelm Kaufmann, berichtete Peter-Christian Reimers aus dem Bundesfachausschuss „Verbandsentwicklung“ über weitergehende Überlegungen, was die interne Aufstellung des DTKV betrifft (ein detaillierter Bericht folgt). Ein Ergebnis der insgesamt drei Online-Sitzungen des Ausschusses im vergangenen Jahr sei, so Reimers, die Idee, die Position des Schatzmeisters aus dem Präsidium zu lösen, und diese Aufgabe den Landesverbänden und der Bundesgeschäftsführung zu übertragen. Da hierfür eine Satzungsänderung notwendig ist, diese aber nicht als Antrag vorlag, nahm die Versammlung diesen Vorschlag lediglich zur Kenntnis.
Die nächste Bundesdelegiertenversammlung soll Anfang November 2023 stattfinden.
 

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