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Proträt eines Mannes: Weiße Halbglatze, Brille, Lächeln mit Zähnen, schicker schwarzer Pullover.

Prof. Hans-Peter Stenzl, 1. Vizepräsident des DTKV. Foto: Privat

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Von Wegweisern und Perspektiven

Untertitel
Kolumne des DTKV
Vorspann / Teaser

Liebe Tonkünstlerinnen und Tonkünstler,
als Hochschullehrer werde ich immer wieder gefragt, wie man eine professionelle Musikerkarriere aufbaut. Schon klar: Viele Wege führen bekanntlich nach Rom – übrigens nur der Mittelweg nicht, wie Arnold Schönberg scharfsinnig ergänzte. Dennoch gibt es im „Musikland Deutschland“ einige markante Wegweiser und jährliche Angebote an Perspektiven, um die wir zurecht von nicht wenigen Nationen beneidet werden.
 

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Der Deutsche Musikwettbewerb, der seit 1975 jährlich für verschiedene Solo- und Kammermusikbesetzungen sowie für Komposition ausgeschrieben wird, bietet seinen Preisträgern ein CD-Debut und seinen Stipendiaten mit der „Konzertförderung“ die denkbar wertvollste Anschlussmaßnahme: bis zu fünfzig Konzerte in einer Saison, über die ganze Republik verteilt, bei unterschiedlichsten Veranstaltern. Wenn das mal kein Fundament fürs Musiker-Leben bildet!

Für viele heute weltberühmte Künstler und Künstlerinnen war eine Auszeichnung beim Internationalen ARD-Musikwettbewerb ein Sprungbrett für ihre Karriere. Auch in München wechseln seit 1952 die Kategorien jährlich, so dass im Prinzip für jeden die Chance besteht, wenigstens einmal während des Studiums daran teilzunehmen.
Mit Preisen auf diesen beiden Podien begann auch meine eigene professionelle Laufbahn. Meine musikalische Standortbestimmung freilich fand zuvor bei „Jugend musiziert“ statt, diesem 1963 gegründeten, unschätzbar wertvollen Forum der Begegnungen, Freundschaften, Informationen, Motivationen, Orientierungen, Strukturierungen, Perspektiven, Selbsterfahrungen und menschlicher wie musikalischer Herausforderungen aller Arten. Geradezu ideal werden die drei Stufen den unterschiedlichen Möglichkeiten, Anlagen, Kräften, Begabungen und Absichten gerecht: die Regionalwettbewerbe der Breite, die Landeswettbewerbe einer breiten Spitze und der Bundeswettbewerb der jugendlichen Elite. Eine gesunde Pyramide als Abbild einer funktionierenden Gesellschaft.

Deshalb war ich Anfang des Jahres auch kurz beunruhigt, als das Damoklesschwert der Kontingentierung über Jugend musiziert schwebte. Über Nacht formulierte ich die Stellungnahme des DTKV:
„Der Deutsche Tonkünstlerverband spricht sich klar gegen eine Kontingentierung vom Land zum Bund aus. Es darf nicht angehen, dass (musikalische) Spitzenleistungen bei Kindern und Jugendlichen, die die Zukunft u u  unserer Gesellschaft verkörpern, gegebenenfalls nicht mehr entsprechend gewürdigt beziehungsweise gefördert werden. ‚Jugend musiziert‘ ist ein unschlagbares Erfolgsmodell, das Jahr für Jahr Motivationen und Perspektiven bereithält. Je mehr Teilnehmer es zum Bundeswettbewerb schaffen – nach durchaus strengen künstlerischen Maßstäben – desto besser.“

Ich schreibe diese Kolumne auf der Fahrt nach Lübeck, dem wunderschönen Austragungsort des diesjährigen Bundeswettbewerbes. Voller Vorfreude auf die unzähligen farbigen, kraftvollen und sensiblen Meisterleistungen, die mich dort erwarten. Zugleich voller Hochachtung vor den kräftezehrenden logistischen und finanziellen Klimmzügen der Leitung, des Projektbüros sowie des hundertköpfigen Orgateams.

Meine sechzehnjährige Jungstudentin weiß heute schon, eine Woche vor ihrem Wertungsspiel in Lübeck, mit wem sie im nächsten Jahr antreten möchte. Jahr für Jahr hat sie so ein vielfältiges Repertoire aufgebaut. „Jugend musiziert“ als roter Lebensfaden.

Tragt Jumu auf Händen! Schätzt den Deutschen Musikwettbewerb! Erhaltet den ARD-Wettbewerb! Toll, was unser Land für uns Musiker an Wegweisern, an Traditionen und an Perspektiven zu bieten hat!

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