Gehört Popularmusik in den Tonkünstlerverband Bayern? Was ist überhaupt Popularmusik? Über Fragen wie diese entbrannte bei der Delegiertenkonferenz am 19. Juni 2016 des TKV Bayern in der Musikakademie Alteglofsheim eine kontroverse Diskussion. Ihr Auslöser war der Antrag des Vorstands, einen neuen Ausschuss für Popularmusik einzurichten, der schließlich mit nur einer Enthaltung angenommen wurde. Popularmusik spielt mittlerweile im Musikunterricht eine wichtige Rolle. Für viele Pädagogen, die hauptsächlich in klassischer Musik ausgebildet wurden, ist sie ein ungewohntes Terrain. Der neue Ausschuss hat viele Aufgaben: Beratung hinsichtlich des Unterrichtsmaterials, Konzeption von Fortbildungsveranstaltungen, Begutachtung der Qualifikation von Popularmusikern, wenn sie Mitglied im Verband werden wollen, und vieles mehr. Letztlich waren sich die meisten Delegierten einig, dass der Tonkünstlerverband für alle Musikberufe offen sein soll, also auch für Popularmusiker, dass allerdings eine professionelle Qualifikation, wie immer sie auch definiert wird, ebenso in diesem Bereich die Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist.
Eröffnet wurde die Delegiertenversammlung mit einer positiven Bilanz des 1. Vorsitzenden Dr. Franzpeter Messmer. Im vergangenen Jahr wuchs der Verband um über 100 Mitglieder und setzt damit den Zuwachs der vergangenen Jahre in verstärkter Form fort. Gründe für diesen Erfolg sieht Franzpeter Messmer in der Vielfalt der Aktivitäten vor Ort, dem großen Zusammenhalt im Verband, den zahlreichen Kooperationen mit anderen Verbänden, dem umfangreichen Fortbildungsprogramm, renommierten Publikationen wie der Buchreihe „Komponisten in Bayern“ oder der Noteneditionen „Neue Töne“ und vor allem der erfolgreichen Durchführung der Förderung für freiberufliche Musikpädagogen und Private Musikinstitute.
Veranstaltungshaftpflichtversicherung ist nun auch im Mitgliedsbeitrag inbegriffen
Wichtig für die Mitglieder sind die Serviceleistungen, die weiter ausgebaut werden. So konnte nun erreicht werden, dass jedes Mitglied nicht nur eine im Mitgliedsbeitrag enthaltene Berufshaftpflichtversicherung, sondern auch eine Veranstaltungshaftpflichtversicherung für eigene Veranstaltungen mit bis zu 200 Zuhörern erhält. Dies ist für Schülerkonzerte, aber auch für eigene Konzerte eine wichtige Hilfe, die schnell den Mitgliedsbeitrag amortisiert.
Weitere Themen waren unter anderem die geplante Honorarumfrage bei freiberuflich tätigen Musikpädagogen, der neue Flyer über Musikgeragogik, die Prävention sexueller Belästigung im Musikunterricht und die Lage der Lehrbeauftragten im Bereich Musik an den bayerischen Universitäten.
Die Regionalkonferenz am Vortag beschäftigte sich ausführlich mit drei zentralen Themen. Das erste war die Realisierung von Angeboten im Ganztagsunterricht von freiberuflichen Musikpädagogen. Von den Schulen wird hier eine verlässliche Betreuung der Schüler auch im Krankheitsfall gefordert, die von den Musikpädagogen, die Projekte im Ganztag anbieten, garantiert werden muss. Wie eine solche Verlässlichkeit zu erreichen ist, wurde ausführlich diskutiert. Die Ergebnisse werden im Herbst auf der Website des Tonkünstlerverbandes als Leitfaden für freiberufliche Musikpädagogen, die im Ganztagsunterricht aktiv werden wollen, zur Verfügung gestellt. Als zweites Thema wurde ein neues Stimmverteilungsmodell erörtert, das einerseits das Gewicht der großen Verbände repräsentiert, andererseits aber auch die kleinen Verbände davor schützt, von den großen dominiert zu werden. Nach einer längeren Diskussion wurde ein Modell gefunden, in dem sich alle Delegierten der großen und der kleineren Verbände wiederfanden.
Orientierung und Motivation: Leitbild
Das dritte Thema war die Ausarbeitung eines Leitbilds für den Tonkünstlerverband Bayern. Leitbilder dienen dazu, das Selbstverständnis zu dokumentieren, den Mitgliedern eine Orientierung zu geben und motivierend zu wirken. Nach außen zeigen sie, wofür man steht, was man erreichen will und was die Visionen für die Zukunft sind. Die Teilnehmer der Regionalkonferenz gaben zahlreiche Anregungen. In den nächsten Wochen wird das Leitbild redaktionell bearbeitet und abschließend zur weiteren Abstimmung den Regionalverbänden zugeschickt. Ende des Jahres soll es auf der Webseite veröffentlicht werden.
Die Konferenz klang am Abend mit einem Konzert des Ausschusses Jazz aus. Tizian Jost am Klavier, Wolfgang Lackerschmid am Vibraphon, Paulo Morello an der E-Gitarre, Stefan Rademacher an der Bassgitarre und Guido May am Schlagzeug begeisterten die Tagungsteilnehmer und zahlreiche Zuhörer aus der Umgebung von Alteglofsheim mit ihrer virtuosen Kunst der Jazzimprovisation. Dieses Konzert war zugleich Belohnung für einen anstrengenden Sitzungsmarathon und Motivation, dafür zu kämpfen, dass Musik in Gesellschaft und Politik das ihr zukommende Gewicht erhält.