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Zwischen Tradition und Neuem

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Drei ausgezeichnete Soireen fanden im Potsdam Museum sowie im Kulturhaus Babelsberg statt
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Die Gegenüberstellung von Kammermusik der „Großen Namen der Musikgeschichte“ mit Kompositionen beziehungsweise Uraufführungen von lebenden Komponisten ist seit fast 30 Jahren in der Reihe „Musikalisch-literarische Soireen in Potsdam“ eine gute Tradition. Marianne Boettcher, Honorar-Professorin an der UdK, steht seit Beginn für das inhaltliche und organisatorische Gelingen. Ein kleiner Rückblick auf die vergangene Saison sei hier gestattet.

Das fabelhafte  „Ensemble Incendo“ – ein Streichquartett, mit dem Klarinettisten Erik Larsson zum veritablen Klarinettenquintett entwickelt – spielte Werke von Johannes Brahms, Amanda Maier und Gisbert Näther. Die UA von Näthers Klarinettenquintett war ein Opus posthum. Gisbert Näther war kurz vorher plötzlich, und für die Potsdamer Musikwelt unfassbar, verstorben.  Sein umfassendes kammermusikalisches Werk, das die variablen Instrumentenkombinationen für fast alle Streich-und Blasinstrumente beinhaltet, wird stets eine Aufführungsheimat in Potsdam haben.

Im Mai folgte eine weitere Uraufführung. „Zwischen Agitation und Burleske“ nannte der Komponist, Musikwissenschaftler und Filmmusikexperte, Wolfgang Thiel, diesen musikalischen Samstagnachmittag. Unter der informativen und humorvollen Moderation von  Prof. Thiel geriet das Duo- Spiel von Violine(Johannes Jahnel) und Klavier(Yui Yasuhara) zum gelungenen Klangerlebnis. Igor Strawinskys „Duo Concertant“ wurde im 1. Teil durch Mendelssohn-Bartholdys f-Moll Sonate op. 4 abgelöst. Klassische Werke fanden hier auf hohem künstlerischen Stand ihre Interpretation. Thiels Violinsonate in der Satzfolge Agitato-Scherzo misterioso-Arioso-Burleske stand dicht in dieser Tradition und eröffnete den 2. Konzertteil. Forsch voller sprachlicher Kraft beginnend, leitet der 2.Satz über eine Tranquillo-Begleitung im Klavier und geheimnisvolle Dialogeinwürfe durch die Violine zum klagenden Arioso über und findet schroff, wild als ausgelassener Tanz sein Finale. Durch den langanhaltenden, heftigen Beifall wurde das Duo zu einer Zugabe, ebenfalls aus der Feder von Wolfgang Thiel, ermuntert. Seine kurzen Variationen „A ricordo di Morcote“ aus dem Jahr 2001 wurden durch eine Grabinschrift in Bronze der Noten C-H-F auf dem Bergfriedhof oberhalb des Luganer Sees inspiriert. Ein fantastisches Werk, das angetan ist, alle Vorurteile und Bedenken der klassischen Moderne gegenüber nachhaltig zu zerstreuen.

Das dritte Saisonkonzert erklang im Kulturhaus Babelsberg. Geplant war ein Duo von Viola und Cello, das durch Krankheit der Violaspielerin kurzfristig in ein Duo für Cello und Klavier umgewandelt wurde. Die ausgezeichnete Cellistin Dorothea von Albrecht fand in dem Pianisten Kensei Yamaguchi einen kongenialen Partner.  Neben Bachscher 1.Cellosuite, Schumanns Fantasiestücke op.73 für Cello und Klavier sowie den von Kensei Yamaguchi glänzend dargebotenen Paganini-Variationen für Klaviersolo,
beeindruckten zwei Werke für Cellosolo besonders. Dorothea von Albrecht spielte eine „Improvisation über eine aleutische Volksweise“ ihres Großvaters, des Komponisten Georg von Albrecht, der 1891 im zaristischen Russland geboren wurde und sich ähnlich eines Bartok oder Kodaly mit der Folklore im „Riesenreich“ erfolgreich auseinander setzte. Genannt werden sollte auch das Werk „Domino“ (1998) der deutschen Komponistin und Musikförderin Barbara Heller für Solocello. Charakterstücke von rhythmischer und tonaler Schönheit und Raffinesse. Eine gelungene Saison.

 

 

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