Saarbrücken. Zwischen „fünfstelligen Abendgagen“ und „…schon froh, wenn sie 500 Euro am Abend erhalten“, verortete Franzpeter Messmer die Einkünfte von Musikern. Doch ich muss weit zurück denken, wann ich zum letzten Mal diese Summe für einen Auftritt erhalten habe. Natürlich hat „Kunst ihren Preis“ und „für weniger spiele ich nicht, schon um die Preise nicht zu drücken“. Die Realität stellt mir aber eine simple Frage: „spielen oder nicht spielen?“ Zwischenruf aus den hinteren Reihen: „ja, ja, ich weiß, das muss man differenzierter sehen“.
Ganz sicher ist die Höhe der Gagen von der Region abhängig, strukturschwächere Gegenden können da nicht mit den Metropolen der Kultur mithalten – egal ob Südwesten oder Nordosten. Dabei bietet jede Gegend Besonderheiten und Nischen, kleine und große, und bestimmt ist es ein Segen, dass es viele kleine Veranstalter gibt. Unübersichtlich ist das aber schon. Dann hängt die Gage auch vom Instrument ab: Geige ist ein schwieriges Instrument, ja, das sollte man entsprechend honorieren, ebenso Klavierabende mit den großen Komponisten, Gitarre spielt dagegen doch irgendwie jeder, wieso also viel dafür ausgeben? Apropos Gitarre: das „theater im Viertel", ein kleines, freies Theater in Saarbrücken, veranstaltet unter dem Namen „saitenblicke" eine Reihe mit Gitarrenmusik, da spielt die Bundesliga der New Acoustic-Szene und doch kommen nur neun statt fünfzig Besucher, da scheint das Publikum nach den Ausgaben für die großen Sommerfestivals den Gürtel enger schnallen zu müssen und geht lieber einmal in ein „großes", als viermal in ein „kleines" Konzert. Ganz sicher auch folgendes: die vielen Musikerinnen und Musiker, die unsere Ausbildungslandschaft produziert, treffen allerorten auf besetzte Räume, immer ist schon jemand da, der das Gleiche macht. Und der Zwang zur Wirtschaftlichkeit senkt die Risikobereitschaft und so weiter. Ich will ja gar nicht behaupten, ich wüsste, was zu tun ist, ich weiß nur, was ich tun muss: ich muss bereit sein, auf Eintritt zu spielen, und wenn das Wetter schlecht ist und der Termin nicht passt, kann es sein, dass ich mich im Niedriglohnsektor wieder finde. Nicht schlimm, wenigstens habe ich mein Geld an diesem Abend nicht in der Pizzeria oder im Kino ausgegeben. Ich muss starke Nerven haben, damit ich die vielen kleinen Termine in meinem Stundenplan unterbringe (ohne Unterrichten geht‘s gar nicht). Ich muss den Gedanken an Wirtschaftlichkeit nicht so genau nehmen. Und ich muss meine Sache bedingungslos lieben.
Ich will auch nicht meckern über den Flickenteppich meiner beruflichen Tätigkeiten, so lange es Flicken gibt, macht der nämliche Schuster einen Teppich daraus…übrigens: Eine der besten Gagen meines Lebens habe ich von einem Obdachlosen zur Weihnachtszeit in einem Wartesaal der Bahn erhalten: er wollte mit seinen Freunden feiern, ich ein wenig die Wartezeit verkürzen und üben, ich spielte also, bis mein Zug einfuhr, und zum Abschied drückte er mir hundert Euro in die Hand: selten habe ich so sinnlos-begeisterte Freigebigkeit erlebt; sollte das nicht öfter so sein?
Frank Brückner