Christoph Gröpl: Haushaltsrecht und Reform. Dogmatik und Möglichkeiten der Fortentwicklung der Haushaltswirtschaft durch Flexibilisierung, Dezentralisierung, Budgetierung, Ökonomisierung und Fremdfinanzierung. Tübingen 2001.
Christoph Gröpl: Haushaltsrecht und Reform. Dogmatik und Möglichkeiten der Fortentwicklung der Haushaltswirtschaft durch Flexibilisierung, Dezentralisierung, Budgetierung, Ökonomisierung und Fremdfinanzierung. Tübingen 2001. Die Tage des hergebrachten, oft als kameralistisch bezeichneten Haushaltsrechts sind gezählt – gleichviel, ob wir uns dagegen wehren oder nicht.“ Wer atmet nicht auf, wenn ein solcher Satz gleich einleitend als erster Satz in einem Buch zum Thema „Haushaltsrecht und Reform“ steht. Und dieses befreiende Gefühl setzt sich fort, wenn auf der zweiten Seite steht: „Sie (die Rechtswissenschaft, d. Verf.) überließ das Feld den Praktikern und Politikern, verharrte bestenfalls in beobachtender Stellung. Was Wunder: Haushaltsrecht ist mit dem Odium der Erbsenzählerei behaftet. Es regelt die finanzwissenschaftliche Seite öffentlicher Verwaltungstätigkeit, und zwar im Wesentlichen die auf Bedarfsdeckung ausgerichtete Bewirtschaftung von Finanzmitteln des Staates und anderer Haushaltsträger.issenschaftliche Lorbeeren lassen sich hier schwer erringen. Zudem gilt Haushaltsrecht als spröde, trockene Materie, als entlegenes Expertenrecht, das nur für fantasielose Technokraten (namentlich des gehobenen Verwaltungsdienstes) tauge“. Und der Verfasser, Christoph Gröpl, untermauert diese Vorurteile mit dem Zitat aus dem Vorwort einer Schrift zum Staatlichen Haushaltrecht, in dem zu lesen ist: „Sympathie für die Materie setze ich beim Leser nicht voraus. Auch ich selbst liebe das Haushaltsrecht nicht. Seine Erfindung war keine kulturpolitische Großtat; es zu kennen, ist kein Zeichen von besonderer Bildung. Haushaltsrecht ist Werkzeug.“
Nach so viel despektierlichen Worten über das Haushaltsrecht beginnt Christoph Gröpl mit einer spannend zu lesenden, höchst interessanten und hochpolitischen Auseinandersetzung mit der „Dogmatik und Möglichkeiten der Fortentwicklung der Haushaltswirtschaft durch Flexibilisierung, Dezentralisierung, Budgetierung, Ökonomisierung und Fremdfinanzierung“. Gröpl bleibt in seinem Buch, das von der Universität Regensburg im Jahr 2000 als Habilitationsschrift angenommen wurde, eben nicht bei der „Erbsenzählerei“ stehen, sondern stellt radikal die Frage, ob das Haushaltsrecht dem modernen Staat noch angemessen ist.
Dafür beginnt Gröpl mit einer historischen und staatstheoretischen Einführung. Im ersten Teil seiner Untersuchung unter der Überschrift „Dogmatik und Kritik des traditionellen Haushaltsrechts“ werden anschaulich die Grundzüge des Haushaltsrechts erläutert. Gröpl legt hier bereits die Schwachstellen des Haushaltsrechts offen. Dabei widmet er sich zum einen den haushaltsrechtsimmanenten Problemen, zum anderen zeigt er auf, dass zahlreiche Probleme auf ein nicht in Übereinstimmung stehendes Abgaben- und Leistungsrecht zurückzuführen sind. Gröpl plädiert dafür, bei einer Analyse der Haushaltsprobleme beide Sphären zu untersuchen: das Haushaltsrecht als solches sowie die staatliche Einnahmen- und Ausgabenpolitik. Im zweiten Teil seiner Untersuchung widmet sich Gröpl den Reformmodellen im und um das Haushaltsrecht. Als Ausgangspunkt wählt er dabei die chronischen Haushaltsdefizite, die den modernen Sozialstaat bereits seit mindestens 40 Jahren drücken. Zuletzt wurde Ende der 90er- Jahre unter dem Signum der Aufgabenkritik radikal gefragt, welche Aufgaben der Staat tatsächlich übernehmen sollte und welche er an Dritte abgeben kann. Ziel ist dabei ein Abbau der staatlichen Leistungen, der schließlich Mitteleinsparungen zur Folge hat. Ein möglicher Weg ist die Abgabe von Leistungen an so genannte Zuwendungsempfänger. Werden Aufgaben an so genannte Zuwendungsempfänger weitergegeben, so kann hier durch Kürzung oder Streichung von Zuwendungen ohne vorherige gesetzliche Einschränkung von Leistungen eine Haushaltseinsparung vorgenommen werden. Gröpl schildert diesen Weg als Haushaltspolitik durch die kalte Küche. Er macht dabei deutlich, dass in der Bundeshaushaltsordnung bereits der Begriff der Zuwendung nicht glücklich und unscharf gewählt ist. Weiter wird insbesondere das Zuwendungsrecht vornehmlich durch Verwaltungsvorschriften geregelt. Es ist also in erster Linie ein Binnenrecht der Verwaltung, das den Zuwendungsempfänger in Abhängigkeit hält. Das ungleiche Verhältnis von Zuwendungsgeber und Zuwendungsempfänger kritisieren bereits von Köckritz et alili im Kommentar zur Bundeshaushaltsordnung, wenn sie schreiben, dass der Zuwendungsempfänger schon deshalb in einer schlechteren Rechtsposition ist, weil jede Kritik oder schwerwiegender noch jeder rechtliche Akt gegen die Zuwendungsbehörde die Gefahr in sich birgt, künftig keine Zuwendungen, sprich keine Finanzmittel, mehr zu erhalten. Nachdem Gröpl im dritten Kapitel auf Sondergebiete des Haushaltsrecht eingeht, schließt er mit einer Gesamtwürdigung und einem Ausblick. Ausgangspunkt ist dabei, dass das Haushaltsrecht reformbedürftig ist und die 1997 eingeleiteten Maßnahmen keinesfalls ausreichen. Die Reform des Haushaltsrechts ist, so Gröpl, keine alleinige Angelegenheit der Exekutive. Verwaltung erzeugt Verwaltung. Die Modernisierung des Haushaltsrechts muss von beiden Sphären, Exekutive und Legislative, vorangetrieben werden.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass haushaltsrechtliche Fragen selten so anschaulich dargelegt werden wie in der Habilitationsschrift von Gröpl. Gröpl, der selbst im Bayerischen Finanzministerium tätig war, liest beiden, der Exekutive aber auch der Legislative, die Leviten. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Buch die wissenschaftliche Diskussion um das Haushaltsrecht vorantreibt. Ein so wichtiges Rechtsgebiet darf nicht den „Erbsenzählern“ überlassen bleiben sondern verdient die fundierte juristische Diskussion. Bei der juristischen Diskussion darf es aber nicht bleiben, sondern daraus muss eine wirkliche Reform des Haushaltsrechts erfolgen. Es wäre zu wünschen, dass in diesem Reformprozess die so genannten Zuwendungsempfänger ihr Fachwissen einbringen können.