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Eine Reform – kein Reförmchen

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Chancen zur wirklichen Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts nicht verschenken!
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Sowohl der Ausschuss für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag als auch der Staatsminister beim Bundeskanzler, Dr. Michael Naumann, Beauftragter der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien haben die Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts zu ihren zentralen Aufgaben in dieser Legislaturperiode erklärt.

Seit der Vorlage des Gesetzesentwurfs von Bündnis 90/Die Grünen in der letzten Legislaturperiode steht die Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts auf der Agenda bundespolitischer Diskussionen. In der Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Bundesregierung wird unter Punkt X. „Neue Offenheit von Politik und Kultur“ die Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts angekündigt. Sowohl der Ausschuss für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag als auch der Staatsminister beim Bundeskanzler, Dr. Michael Naumann, Beauftragter der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien haben die Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts zu ihren zentralen Aufgaben in dieser Legislaturperiode erklärt. Nachdem die FDP-Bundestagsfraktion gleich zu Beginn dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf in das Parlament eingebracht hat und die CDU/CSU-Fraktion nach eingehenden Beratungen in einer adhoc-Arbeitsgruppe unter der Leitung ihres Kulturpolitischen Sprechers, Dr. Norbert Lammert, ebenfalls einen Gesetzentwurf erarbeitet hat, steht die Koalition nun unter Zugzwang.

Die Regierungskoalition hatte sich zunächst der Verabschiedung eines Gesetzes zur Errichtung des Holocaust-Mahnmals gewidmet. Seit dies abgeschlossen ist, arbeiten SPD und Bündnis 90/Die Grünen nun mit Hochdruck an der Reform des Stiftungsrechts- und des Stiftungssteuerrechts.

Teil des Dritten Sektors

Die Diskussion um die Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts steht im Zusammenhang mit der nationalen und internationalen Diskussion um den Dritten Sektor. Im Dritten Sektor also zwischen Staat und Wirtschaft werden erhebliche Potenziale zur weiteren Entwicklung der Gesellschaft und damit des Gemeinwohls vermutet. Nachdem in den 70er- bis Anfang der 80er-Jahre dem Staat zahlreiche Aufgaben in der Daseinsfürsorge zugewiesen wurden und in den 90er-Jahren die Wirtschaft in der öffentlichen Diskussion an Bedeutung gewann, scheint nun die Stunde des Dritten Sektors zu schlagen. Das freiwillige Engagement der Bürgerinnen und Bürger, sei es in Form von ehrenamtlichem Engagement oder der Spende beziehungsweise Übertragung von Geld in eine Stiftung, hat einen neuen Stellenwert erhalten.

Die Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts muss vor dem Hintergrund verbesserter Rahmenbedingungen für den Dritten Sektor gesehen werden. Entwicklungspotenziale für den Dritten Sektor zu eröffnen, heißt in diesem Zusammenhang, dass der Staat seine Vorbehalte gegenüber selbstorganisiertem bürgerschaftlichen Engagement aufgibt. Wenn ein Bürger oder eine Bürgerin einen Teil oder sein gesamtes Vermögen in eine Stiftung geben will, das heißt unwiderruflich dieses Vermögen für die Gemeinschaft weggibt, sollten er oder sie mit offenen Armen empfangen und nicht mit Misstrauen betrachtet werden.

Die Diskussion um die Ablösung des Konzessions- durch ein Normativsystem bei der Errichtung von Stiftungen dreht sich genau um diesen Kernpunkt, nämlich die Frage, inwiefern Behörden darüber befinden sollten, ob eine Stiftung errichtet wird oder nicht. Dabei steht zur Zeit die Meinung der Länder, die keinen Änderungsbedarf im Stiftungsrecht sehen und die vorgebrachte Kritik an langwierigen Verfahren bei der Errichtung von Stiftungen nicht teilen, der Auffassung der Bundestagsfraktionen, von Verbänden und unabhängigen Expertenkommissionen gegenüber, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Neben der Diskussion um Erleichterungen bei der Errichtung von Stiftungen ist von zentraler Bedeutung
das Stiftungssteuerrecht. Übereinstimmend wird hier vom Deutschen Kulturrat, den Verbänden des Stiftungswesens und unabhängigen Expertenkommissionen gefordert, dass für Stifter und Stifterinnen Anreize ge schaffen werden müssen, ihr Vermögen in eine Stiftung zu geben.

Gemeinwohlorientierung

Unscharf wird dabei in der Diskussion der Begriff der Stiftung benutzt. Neben Stiftungen mit der Rechtsform Stiftung existieren andere, die sich Stiftung nennen, in Wirklichkeit aber Vereine oder GmbHs sind. Außerdem finden sich auch unter den „echten“ Stiftungen, solche, die nicht gemeinwohlorientiert und schon gar nicht gemeinnützig sind. Solche Stiftungen haben in der Regel das Ziel, ein Vermögen für eine eng begrenzte Gruppe zum Beispiel für eine Familie dauerhaft zu sichern.

Damit in der Zukunft Stifter und Stifterinnen bei der Errichtung von Stiftungen weitere Steuervorteile genießen und auch die Stiftungen selbst durch steuerliche Zugeständnisse besonders gefördert werden, müssen Stiftungen eindeutig definiert werden. Eine sinnvolle Definition wäre die vom Deutschen Kulturrat vorgelegte: „Stiftungen sind mitgliederlose Institutionen, die aus den Erträgen ihres Vermögens ihre gemeinnützigen Zwecke fördern.“ Es ist zu erwarten, dass die Definition von Stiftungen als gemeinwohlorientierte Organisationen das positive Image von Stiftungen festigen wird. Darüber hinaus könnte die klare Begrenzung des Begriffs Stiftung steuerrechtliche Zugeständnisse von Seiten der Finanzpolitiker erleichtern. Bestehende Stiftungen, die nicht dieser Definition entsprechen, würden selbstverständlich Bestandsschutz genießen. Die CDU/CSU-Fraktion hat in ihrem Gesetzesentwurf „Ein modernes Stiftungsrecht für das 21. Jahrhundert“ diesen Aspekt der Gemeinwohlorientierung von Stiftungen besonders betont und will den Begriff „Stiftung“ bei Neugründungen auf gemeinwohlorientierte Vorhaben begrenzen.

Noch deutlicher als bislang muss gemacht werden, welchen Gewinn Stiftungen für die Gesellschaft erbringen. Von Seiten der Finanzpolitiker wird in erster Linie vorgetragen, in welcher Höhe mit Einnahmeeinbußen zu rechnen ist. Dabei wird verkannt, dass Stiftungen bei der Erfüllung ihrer Zwecke Aufgaben übernehmen und damit auf lange Sicht eine Ausgabenentlastung herbeiführen werden.

Reform statt Reförmchen

Die Regierungskoalition scheint derzeit nur eine kleine Reform des Stiftungssteuerrechts zu planen und will erst in einem zweiten Schritt die Reform des Stiftungsrechts angehen. So wünschenswert eine rasche Reform des Stiftungssteuerrechts ist, so schädlich kann eine übereilte Reform sein, die letztlich nur eine Teillösung bietet. Wir brauchen beides: eine Reform des Stiftungsrechts und des Stiftungssteuerrechts. Damit diese Änderungen durchgesetzt werden können, wird es dringend erforderlich sein, Stiftungen als mitgliederlose Institutionen, die aus den Erträgen ihres Vermögens ihre gemeinnützigen Zwecke fördern, zu definieren.

Der Erfolg einer Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts wird daran zu messen sein, ob tatsächlich, wie erwartet, mehr Stiftungen errichtet werden. Um diesen Erfolg zu erzielen, wird es erforderlich sein, ein stiftungsfreundliches Klima zu schaffen und den Begriff der Stiftung eindeutig zu klären.

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