Fünf junge Sängerinnen und Sänger aus dem Gothaer Kinderchor waren extra zum 11. EUROTREFF nach Wolfenbüttel angereist, um auch in diesem Jahr bei dem europäischen Musikfestival des AMJ mitzusingen, obwohl ihr Chor nicht teilnehmen konnte.
Der EUROTREFF wird von Jahr zu Jahr beliebter. In diesem Jahr nahmen an dem Chorfestival mit seinem einzigartigen Charakter 24 Chöre und Musikgruppen mit 1.000 Kindern und Jugendlichen aus 13 europäischen Ländern teil. Sie gaben nicht nur in den Kirchen, Schulen und Altenheimen, sondern auch in der Fußgängerzone oder am Hauptveranstaltungsort, einem Zirkuszelt, Konzerte. Sie studierten zudem in acht Workshops neue Stücke ein, die erstmals in einem gemeinsamen Konzert am Samstag aufgeführt wurden. Und nicht zuletzt feierten die jugendlichen Sängerinnen und Sänger ausgiebig untereinander und mit ihren Wolfenbütteler Gastgebern. Für den neuen AMJ-Generalsekretär Martin Koch war der 11. EUROTREFF sein erster. „Ich hatte das Ziel, einen guten EUROTREFF zu machen, und ich glaube, das ist gelungen“, zog er eine positive Bilanz des 11. EUROTREFFs. Unterstützt wurden Koch und sein Team anfangs noch vom ehemaligen Generalsekretär Rolf Pasdzierny, der beim 11. EUROTREFF aufmerksamer Zuhörer und Genießer der Konzerte war. „Wo kommen wir hin, wenn wir eines Tages keine Kinder mehr haben wie die vom Schaumburger Jugendchor, die so herrlich ‘What a wonderful world’ singen können?“, lautete sein Fazit und er gab auch gleich selbst die Antwort: „Wir würden keine ‘wonderful world’ mehr haben.“
Wie facetten- und abwechslungsreich europäische Chormusik sein kann, das erfuhren die Wolfenbütteler und ihre Gäste fünf Tage lang. „Der EUROTREFF in Wolfenbüttel schafft ein musikalisches Miteinander, das die Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Regionen, Einheimische und Gäste einander näher bringt“, nannte der AMJ-Vorsitzende Helmut Steger einen der Hauptgründe, warum dieses Festival so beliebt ist. Und dieses Miteinander wird vor allem in den gemeinsamen Workshops praktiziert. Sie sind sozusagen das Herz des EUROTREFFS. Und dass dieses Herz so erfolgreich und kräftig schlug, ist vor allem den Workshopleitern Anne Marie Cabut, Elisenda Carrasco i Ribot, Margret Bóasdóttir, Zsuzsanna Mindszenty, Vivianne Johnsen, Anne Kohler, Hans Joachim Lustig und Martin Ramroth zu verdanken.
Beim großen Workshopkonzert stellten dann die Chöre eindrucksvoll unter Beweis, was sie in den Workshops gelernt hatten. So bunt und lustig wie der Umschlag des Programmheftes gestalteten schon die Mitglieder des ersten Workshops, ein slowakischer und ein deutscher Kinderchor unter der Leitung von Anne-Marie Cabut ihren Auftritt: Aus allen Seitengängen zog ein „Fliegender Zirkus“ tanzend und radschlagend in die Manege. Clowns mit roten Nasen traten auf, Tierbändiger führten „dressierte Hunde“ vor. Dem heiteren Auftakt folgten die Workshop-Teilnehmer aus Lettland, Tschechien und Wolfenbüttel unter Leitung von Zsuzsánna Mindszenty. Auch hier EUROTREFF-Tradition: Chormitglieder aus drei Nationen und mit unterschiedlicher Muttersprache singen in einer vierten, in diesem Falle auf Ungarisch. Ein lustiges deutsches Lied erklang dazwischen und am Ende – spontan aus den Reihen der Sänger ein mehrstimmiges „Bravo, bravissimo“ als Dank an die Chorleiterin. Bewegung und Rhythmus brachte die dritte Darbietung, Kinderchöre aus Finnland und Ungarn unter Leitung der spanischen Chorleiterin Elisenda Carrasco i Ribot. Eines der Lieder drückte punktgenau die Stimmung des Chores aus: „We are children of the sun, full of energy and fun“.
Ein eindrucksvolles Bild boten auch die Knabenchöre aus Bulgarien, Litauen und Uetersen unter Leitung von Hans-Joachim Lustig, der drei „Tierlieder“ ankündigte. Brav und traditionell begann der Vortrag, ehe der Chor so richtig aufdrehte: Da wurde gesummt, gezischt und gebellt, die Katze miaute und der Kuckuck rief und die Stimmen teilten sich in vielfältigen Sprechgesang.
Die Begegnung mit fremden Völkern und Kulturen setzt sich zunehmend auch in der Chormusik durch. Beispiele dafür fanden sich in den Beiträgen der beiden nächsten Workshops: Martin Ramroth gestaltete mit seinem gemischten Chor mit Mitgliedern aus Bulgarien, Polen und Schaumburg und der Freien Waldorfschule Wolfsburg ein Programm, das ebenfalls auf Geräusche und Klänge aus der Natur zurückging und mit den durchgebildeten Stimmen die reizvoll kontrastierenden Melodien aus Afrika und Lappland eindrucksvoll interpretierte. Ein gemeinsamer Mädchenchor aus Slowenien und Deutschland unter Leitung von Margret Bóasdóttir aus Island interpretierte Lobgesänge auf die Schöpfung aus verschiedenen Quellen, ließ einzelne Gruppen im Rund des Zuschauerraums auftreten und setzte Klavierbegleitung und Trommel wirkungsvoll ein. Auch Jazz ist im Konzert der Chöre nicht mehr wegzudenken: Litauen, Schweden und Deutschland waren im Workshop von Anne Kohler vertreten, die temperamentvoll ihre große Schar führte, anfeuerte oder zurückhielt in zwei Spirituals und einem afrikanischen Hochzeitstanz, der den Staub in der Manege fröhlich aufwirbeln ließ. Rot und weiß gekleidet trat zum Schluss ein gemischter Chor aus Belgien, Polen und Deutschland auf, in dem die skandinavische Musik dominierte und mit der Atmosphäre von Weite und Wäldern die ganze Spanne der Darbietungen abrundete. Beifall fast ohne Ende belohnte alle Mitwirkenden und für die Workshopleiter gab es Blumen als sichtbares Zeichen der Anerkennung.
„Wir haben gute Musik erlebt und in den Workshops wurde eine fantastische Arbeit erledigt. Den meisten Jugendlichen war die Freude an der Musik regelrecht im Gesicht abzulesen. Diese Begeisterung für die Musik nehmen wir vom AMJ als Motivation für unsere Arbeit in den nächsten Jahren“, lautete das Fazit des AMJ-Generalsekretärs, der im Schlusskonzert auch seine Fähigkeiten als Tenor beim vom AMJ-Bundesvorsitzenden Helmut Steger geleiteten offenen Singen aller Teilnehmer unter Beweis stellen konnte.