Was bleibt für den Dritten Sektor? Diese Frage stellt sich, denkt man über das abgelaufene Internationale Jahr der Freiwilligen und die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“, die sich ebenfalls ihrem Ende zuneigt, nach. Was wird von den vielen Reden über die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements bleiben? Was wird von den Metern an beschriebenem Papier, die am Ende der Enquete-Kommission aufgetürmt sein werden, noch zur Kenntnis genommen werden? Wer wird noch auf die bunten Plakatwände schauen, die im Internationalen Jahr der Freiwilligen zum Lob der Ehrenamtlichen aufgehängt wurden?
Was bleibt für den Dritten Sektor? Diese Frage stellt sich, denkt man über das abgelaufene Internationale Jahr der Freiwilligen und die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“, die sich ebenfalls ihrem Ende zuneigt, nach. Was wird von den vielen Reden über die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements bleiben? Was wird von den Metern an beschriebenem Papier, die am Ende der Enquete-Kommission aufgetürmt sein werden, noch zur Kenntnis genommen werden? Wer wird noch auf die bunten Plakatwände schauen, die im Internationalen Jahr der Freiwilligen zum Lob der Ehrenamtlichen aufgehängt wurden? Eines wird ganz gewiss bleiben, das Bürgerschaftliche Engagement selbst und die Organisationen, in denen dieses Engagement stattfindet. Die Organisationen werden auch nach dem Internationalen Jahr der Freiwilligen weiterarbeiten. Ihr Engagement wird auch dann nicht erlahmen, wenn sich die Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler einem anderen Thema zugewandt haben, wenn die Politikerinnen und Politiker wieder andere Fragen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit rücken.Bürgerschaftliches Engagement findet zuallererst auf der kommunalen Ebene statt. Hier in den Städten und Gemeinden, in den Kreisen und den Stadtteilen tun sich Menschen zusammen, um gemeinsam etwas zu bewegen. Sie machen Musik zusammen und veranstalten Konzerte für die Allgemeinheit. Sie treiben Sport und leisten damit einen Beitrag zum Zusammenleben. Sie engagieren sich in der Freiwilligen Feuerwehr und stellen damit ihr Können und ihr Wissen dem Katastrophenschutz in ihrer Gemeinde zur Verfügung. Sie organisieren Stadtteil- und Gemeindebüchereien, besuchen Kranke und Alte, führen Jugendfreizeiten durch, begleiten Sterbende, arbeiten in der Schulpflegschaft oder im Kindergartenbeirat, im Kirchenvorstand, im Gemeinderat oder in anderen Gremien mit. Bürgerinnen und Bürger spenden Geld für einen guten Zweck. Sie spenden Sachleistungen oder Zeit. Manche Bürgerinnen und Bürger geben einen Teil oder ihr gesamtes Vermögen in eine Stiftung, um auch nach ihrem Tod für die Allgemeinheit weiterzuwirken.
Das Bürgerschaftliche Engagement hat eine solche Vielfalt und Breite, dass es unmöglich ist, diese Vielschichtigkeit erschöpfend aufzuführen. Ein großes Verdienst sowohl der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags als auch des Internationalen Jahres der Freiwilligen ist, diese Vielschichtigkeit aufzuzeigen und wahrnehmbarer zu machen. Bereits im Vorfeld der Enquete-Kommission und des Internationalen Jahres der Freiwilligen wurde in verschiedenen sozialwissenschaftlichen Studien der Umfang des Bürgerschaftlichen Engagements und die Engagementformen gemessen. Aber erst die Enquete-Kommission und das Internationale Jahr der Freiwilligen haben diese Forschungsarbeiten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht und damit die Diskussion um das Bürgerschaftliche Engagement verbreitert. Es wurde deutlich, dass es sehr unterschiedliche Felder des Engagements gibt. Nach wie vor die zentrale Form des Engagements ist die Mitarbeit in einem Verein, ob nun einem eingetragenen Verein oder einer Arbeitsgemeinschaft.
Der klassische Bereich des Bürgerschaftlichen Engagements, die Vereine und Verbände, waren seit Jahrzehnten sehr zögerlich, ihre eigenen Leistungen für die Gesellschaft deutlich zu machen. Es hat lange gedauert, bis sie sich gegen die Vorwürfe zur Wehr gesetzt haben, dass sie eigentlich aufs Altenteil gehören, dass die neuen modernen Formen Bürgerschaftlichen Engagements die Initiativen und Projekte seien. Immer deutlicher wird heute, dass Initiativen und Projekte dauerhaft nur mit einer Struktur existieren können. Und immer deutlicher wird auch, dass die vorhandenen Vereine und Verbände nur überleben werden, wenn sie sich den Initiativen und Projekten öffnen und ihnen die notwendigen Strukturen anbieten.
Darüber hinaus gibt es eine oft unerfindliche Abgrenzung im Dritten Sektor untereinander. Da grenzt sich nicht nur das neue vom alten Ehrenamt ab, sondern auch der Sport von der Kultur, die Sozialen sind sich untereinander nicht grün und die Umweltverbände sehen wenn überhaupt nur wenig Gemeinsamkeiten mit den Freiwilligen Feuerwehren.
Diese Abgrenzung mag hilfreich und notwendig sein, will man eine eigene Identität ausbilden. Sie ist aber kurzsichtig, geht es um die Auseinandersetzung mit Politik und Verwaltung. Der überwiegende Teil der gesetzlichen Vorschriften, der bislang Bürgerschaftliches Engagement erschwert, betrifft alle Organisationen gleichermaßen, unabhängig davon, ob es sich um Sportvereine, Seniorengruppen, Kunstvereine oder ein ehrenamtlich geführtes Hospiz handelt.
Ein Bundesforum bilden
Die Organisationen des Dritten Sektors würden daher gut daran tun, sich zusammenzuschließen und sich über ihre Belange intensiver auszutauschen. Mit dem Verbändeforum Ehrenamt, in dem sich seit zwei Jahren auf der Arbeitsebene die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände, der Deutsche Bundesjugendring, der Deutsche Feuerwehrverband, der Deutsche Kulturrat, der Deutsche Sportbund und der Trägerkreis Nachweisaktion treffen, könnte ein solcher Nukleus eines bundesweiten Arbeitskreises der Organisationen des Dritten Sektors sein. Zusätzlich sollten noch Organisationen aus dem Nationalen Beirat des Internationalen Jahres der Freiwilligen gewonnen werden, um die Breite des Spektrums im Dritten Sektor wirklich abzubilden. Darüber hinaus könnten die Kommunalen Spitzenverbände, Vertreter der Länder und des Bundes als Gäste an den Sitzungen teilnehmen. Ein solches „Bundesforum Bürgerschaftliches Engagement“ wäre ein praktischer Ertrag für den Dritten Sektor aus den Diskussionen der letzten Jahre. Das „Bundesforum Bürgerschaftliches Engagement“ würde nachhaltig wirken, da hier immer wieder neu über die Entwicklung des Dritten Sektors nachgedacht und Forderungen an die Öffentlichkeit und Politik formuliert werden können. Das „Bundesforum Bürgerschaftliches Engagement“ würde den einzelnen lobbyistischen Einsatz seiner zukünftigen Mitglieder nicht ersetzen können, es würde aber Reibungsverluste vermeiden helfen und den Austausch befördern. Praxisnahe Vorschläge zur Gestaltung der Rahmenbedingungen könnten hier erarbeitet und mit der Politik diskutiert werden. Politik und Verwaltung hätten so ein legitimiertes Gegenüber zur Diskussion von Fragen des Bürgerschaftlichen Engagements.
Umsetzungsfähigkeit nötig
Damit das „Bundesforum Bürgerschaftliches Engagement“ gelingen kann, bedarf es der Gründung aus der Mitte der Verbände. Ein solches Forum kann nicht von der Politik oder der Verwaltung ins Leben gerufen werden. Es muss von den Organisationen des Dritten Sektors selbst gegründet werden, benötigt dann aber die Unterstützung von und den Austausch mit Politik und Verwaltung.
Was bleibt also vom Internationalen Jahr der Freiwilligen und von der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“. Es steht zu hoffen, dass vom Internationalen Jahr der Freiwilligen ein nachhaltiger Eindruck von der Vielgestaltigkeit der Engagementfelder und -formen bleibt. Die Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ wird sich daran messen lassen müssen, ob sie umsetzungsfähige Handlungsempfehlungen unterbreitet. Die Politiker werden in der nächsten Legislaturperiode zeigen müssen, ob es ihnen tatsächlich ernst ist mit der Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements und ob sie die entsprechenden Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen werden. Und die Organisationen des Dritten Sektors werden sich, wenn sie nach vorne blicken, in einem „Bundesforum Bürgerschaftliches Engagement“ zusammenschließen, um so eine nachhaltige Diskussion anzustoßen. Wird alles dieses umgesetzt, bleibt sehr viel von der Arbeit der letzten Jahre und wird in die Zukunft weisen.
Der Autor ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Mitglied der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ des Deutschen Bundestags