Geräuschlos aber nicht wirkungslos ging die dritte Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes vonstatten. Am 22. März dieses Jahres wurde von vielen unbemerkt das Künstlersozialversicherungsgesetz novelliert. Damit wurde die Künstlersozialversicherung zukunftsfest gemacht und die soziale Absicherung von 150.000 Künstlerinnen und Künstlern für die nächsten Jahre gesichert.
Seit 1983 sind selbständige Künstlerinnen und Künstler in der Künstlersozialkasse pflichtversichert. Sie genießen damit im Rahmen der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung den vollen Versicherungsschutz. Die versicherten Künstlerinnen und Künstler tragen ähnlich Arbeitnehmern 50 Prozent des Beitrags, 30 Prozent werden von den Verwertern künstlerischer Leistungen, also zum Beispiel Konzertveranstaltern, Musikverlagen, Musikvereinen und 20 Prozent durch einen Bundeszuschuss aufgebracht. Etwas mehr als ein Viertel der Versicherten sind der Sparte Musik zugeordnet, das waren zum 01.01.2006 insgesamt 40.264 Versicherte. Das geschätzte Einkommen in der Sparte Musik betrug im Durchschnitt zum 01.01.2006 im Jahr 9.459 Euro. Das ist im Vergleich zu den Sparten Bildende Kunst, Darstellende Kunst und Wort das geringste Durchschnittseinkommen und liegt unter dem Gesamtdurchschnittseinkommen von 10.814 Euro. Die Künstlersozialkasse zieht die Beiträge der Versicherten und der abgabepflichtigen Verwerter ein und leitet die-
se an die zuständigen Sozialversicherungsträger weiter.
In Paragraph zwei Künstlersozialversicherungsgesetz ist definiert, wer laut diesem Gesetz Künstler oder Publizist ist: „Künstler im Sinne des Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.“
Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich ein Katalog der anerkannten künstlerischen Tätigkeiten herausgebildet. Dennoch prüft die Künstlersozialkasse in jedem Einzelfall gründlich, ob ein Antragsteller tatsächlich Künstler im Sinne des Gesetzes ist oder nicht. Abgewiesene Antragsteller haben zuerst die Gelegenheit einen Widerspruchsausschuss anzurufen, der mit Experten aus der jeweiligen Branche besetzt ist. Sollte der Widerspruchs-
ausschuss ebenfalls eine Aufnahme ablehnen, steht der gerichtliche Weg bis zum Bundessozialgericht offen. Das jüngste Urteil des Bundessozialgerichts in Sachen Künstlersozialversicherung betraf einen Tätowierer, der Mitglied der Künstlersozialkasse werden wollte. Nachdem bereits die Künstlersozialkasse, der Widerspruchsausschuss und das Landessozialgericht die Aufnahme ablehnten, hat nun abschließend das Bundessozialgericht geurteilt und die Aufnahme ebenfalls abschlägig beschieden.
Dieses Verfahren, dass bei Ablehnungen zuerst die Widerspruchsausschüsse und dann die Gerichte entscheiden, hat sich bewährt. Es wird auch in anderen Ländern wie zum Beispiel Österreich als nachahmenswert angesehen. Die so genannte Künstlersozialabgabe entrichten müssen zum einen die Unternehmen der Kulturwirtschaft, also aus dem Musikbereich zum Beispiel die Konzertveranstalter oder Verlage. Darüber hinaus sind alle Unternehmen oder Vereine abgabepflichtig, die regelmäßig künstlerische Leistungen in Anspruch nehmen. Das ist bei Musikvereinen der Fall, die mehr als drei Veranstaltungen im Jahr durchführen, bei denen Künstler auftreten, die nicht dem Musikverein angehören. Ausgenommen von der Künstlersozialabgabe ist die so genannte Übungsleiterpauschale, das heißt das Entgelt, das die Vereine zum Beispiel Vereinsdirigenten zahlen, sofern es 1.848 Euro im Jahr nicht überschreitet und nach Paragraph 3 Nr. 26 Einkommenssteuergesetz geltend gemacht wird. Grundlage für die Künstlersozialabgabe sind die gezahlten Honorare, Gagen, Erlöse aus Kommissionsgeschäften et cetera. Der Prozentsatz für die Künstlersozialabgabe wird jährlich auf dem Verordnungsweg durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgelegt; er beträgt im Jahr 2007 5,1 Prozent. Die Zahlung erfolgt an die Künstlersozialkasse, die die Beiträge an die Sozialversicherungsträger beziehungsweise Krankenkassen weiterleitet.
Die Künstlersozialabgabe ist keine freiwillige Leistung der Unternehmen, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Genauso wie Unternehmen für ihre Mitarbeiter Sozialversicherungsbeiträge entrichten müssen, sind sie verpflichtet, für Leistungen freiberuflicher Künstler und Publizisten die Künstlersozialabgabe zu zahlen. Wer sich dieser Pflicht entzieht, handelt gesetzwidrig und verschafft sich einen nicht zu rechtfertigenden Wettbewerbsvorteil.
Trotzdem wird die Künstlersozialabgabe vielfach – aus Unkenntnis oder aus welchen Gründen auch immer – nicht entrichtet. Das hat zur Folge, dass der Wettbewerb verzerrt wird und sich einige Unternehmen und Vereine einen ungerechtfertigten Vorteil sichern. Diesem Umstand wird mit der Reform des Künstlersozialversicherungsgesetzes entgegengetreten.
Bessere Erfassung der Abgabepflichtigen
Mit der Novellierung des Künstlersozialversicherung wird die Deutsche Rentenversicherung beauftragt, bei Unternehmen die Künstlersozialabgabe zu prüfen. Durch die Einschaltung der Deutschen Rentenversicherung werden alle Unternehmen mit Beschäftigten im Rahmen der üblichen Prüfung über die ordnungsgemäße Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge auch geprüft, inwiefern Leistungen von freiberuflichen Künstlern und Publizisten in Anspruch genommen wurden und ob die Künstlersozialabgabe ordnungsgemäß abgeführt wurde.
Es ist zu erwarten, dass durch die unterstützende Prüftätigkeit der Deutschen Rentenversicherung zahlreiche Abgabepflichtige ermittelt werden, die ihren Verpflichtungen bislang nicht nachkommen. Es ist davon auszugehen, dass mittelfristig die Künstlersozialabgabe sinken wird, da sich die Abgabelast auf mehr Schultern verteilt als bisher.
Vermehrte Prüfung der Versicherten
Zugleich besteht die Notwendigkeit, auch die Versicherten stärker zu prüfen. Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse ist die erwerbsmäßige und dauerhafte Ausübung einer selbständigen Tätigkeit als Künstler oder Publizist. Aufgrund der starken Einkommensschwankungen schätzen Künstler und Publizisten ihr Einkommen für das Folgejahr im Voraus. Diese Einkommensschätzung ist Basis für die Festlegung des Versichertenbeitrags.
Künftig wird jährlich aus dem Kreis der Versicherten eine Stichprobe hinsichtlich ihres tatsächlichen Einkommens der letzten drei Jahre vorgenommen werden, damit wird die schon bestehende sachgerechte Überprüfung im Rahmen der Beitragsüberwachung durch die Künstlersozialkasse verstärkt und sichergestellt, dass nur der Kreis der tatsächlich Berechtigten Mitglied in der Künstlersozialkasse sein kann.
Beides, die stärkere Prüfung der Versicherten und die Heranziehung aller Abgabepflichtigen, werden voraussichtlich dazu beitragen, die Künstlersozialversicherung zukunftsfest zu machen.
Das aktuelle Buch „Entwurf eines III. Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes – Hintergründe und aktuelle Anforderungen“ kann kostenlos direkt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter dem angefordert werden!
Unter der Bestellnummer A299 kann das Buch beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales auch per Telefon 0180/515 15 10, per Fax unter 0180/515 15 11 oder per E-Mail info [at] bmas.bund.de (info[at]bmas[dot]bund[dot]de) bestellt werden.
Autoren: Olaf Zimmermann, Gabriele Schulz
• Mit einem Vorwort von Minister Franz Müntefering und einem Nachwort von Sabine Schlüter, Leiterin der Künstlersozialkasse
• Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales
• 252 Seiten, gebunden, DIN A 5