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Hochkultur und Musik der Breite – Hamburg will alles

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Zur zentralen Veranstaltung des Tages der Musik vom 12. bis 14. Juni in Hamburg
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Seit es erklärter Wille von Hamburgs Politikern ist, das „Hoch im Norden“ zur Musikstadt von internationalem Format zu machen, rauscht es gewaltig im Musikwald der Hansestadt: Nicht nur die Baumkronen der deutschen Eichen, mithin die drei großen Orchester der Stadt und die im Bau befindliche Elbphilharmonie, wachsen prächtig und dehnen sich auf das Terrain neuer Spielstätten aus, auch die kleineren Bäumchen der musikalischen Nachwuchsförderung schlagen zarttönende, aber immer vernehmlichere Triebe.

Um letzteren noch mehr Gehör zu verschaffen, das Bewusstsein des Wertes der Kreativität zu stärken und der kulturellen Vielfalt eine Plattform zu bieten, fand nun vom 12. bis 14. Juni erstmals der Tag der Musik statt. Das bundesweit vom Deutschen Musikrat initiierte genreübergreifende Festival der Laien- und Profimusiker hatte in diesem Jahr in Hamburg seinen Schwerpunkt: Denn mit 300 Veranstaltungen an 194 Veranstaltungsorten waren fast ein Viertel aller in Deutschland zum Tag der Musik geplanten Events in der Hansestadt zu erleben. Eine „Demo für das Musizieren“ nannte Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck den Veranstaltungsmarathon, dessen Schirmherrschaft Bürgermeister Ole von Beust übernommen hatte. Er läutete den Tag der Musik am 12. Juni im Eröffnungskonzert „Showtime“ in der Laeiszhalle launig ein: Hier traten Profis gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Staatlichen Jugendmusikschule auf und entfachten eben jene Musikbegeisterung, die eine Musikstadt auszeichnen sollte. Der Kartenerlös des Abends kommt dem Schulprojekt „Jedem Kind ein Instrument“ zugute.

Weniger die klassischen Spielstätten als ungewöhnliche Orte wurden hernach in Klangräume verwandelt: In Kitas, Schulen, Kirchen, Parks, Booten, den Einkaufszentren der ECE sowie der Hafen-City fand Musik zum Hören und Mitmachen statt. Zu den bislang unbespielten Konzertorten zählten zudem 70 der 180 Filialen der Hamburger Sparkasse. Vorstandssprecher Harald Vogelsang, dessen Haus das Festival mit 35.000 Euro unterstützt und in der Hansestadt mit der neu gegründeten Haspa Musik Stiftung neue Akzente der Breitenförderung der Musik setzen will, freute sich besonders über die Auftrittsmöglichkeiten von Nachwuchsmusikern: „Junge Spitzenmusiker und das breite Fundament der Laienmusik sind die beiden Säulen, auf denen die Haspa Musikförderung beruht.“

Als Höhepunkt der dreitägigen Musikdemonstration hatten die Initiatoren ein Straßenfest auf Hamburgs zentraler Einkaufsmeile, der Mönckebergstraße, angekündigt. Anders als der Berliner Karneval der Kulturen jedoch, der regelmäßig für ein feuchtfröhlich lärmendes Volksfest im Ausnahmezustand sorgt, fiel diese Parade indes mickrig aus. Den wackeren Sambagruppen, tollen Marchingbands und traditionellen Spielmannszügen fiel es eher schwer, mit dem samstäglichen Shopping-Angebot zu konkurrieren. 5.000 Menschen haben laut Veranstalter den Umzug verfolgt. Auf einer großen Open-Air-Musikbühne auf dem Rathausmarkt sollte parallel ein Programm von Klassik und Jazz bis zur Popmusik für Stimmung sorgen, was trotz künstlerisch kläglicher Musicaldarbietungen und problematischer Akustik gelang: Das ständige Kommen und Gehen von eher zufälligen Besuchern (die Veranstalter gehen von knapp 10.000 Musikliebhabern aus) unterstrich den Charakter eines Musik-Rummels, der nicht vom konzentrierten Hinhören lebt, sondern auf Kurzzeit-Reinhören setzt.

Übertraf angesichts der unerhörten Vielfalt an Veranstaltungen insgesamt die Quantität die Qualität des Dargebotenen, gab es immer wieder Inseln glückvoller Überraschungen: Auf dem schmuddeligen Vorplatz des Hamburger Hauptbahnhofs, von dem durch die nächtliche Beschallung mit Klassik-Konserven Junkies vertrieben werden sollen, bewies das Felix Mendelssohn Jugendsinfonieorchester unter Clemens Mal- ich nicht nur, wie erfolgreich musikalische Nachwuchsförderung sein kann, sondern auch, wie man Passanten musikalisch fesseln und zum Verweilen einladen kann: durch hart erarbeitete und leidenschaftlich gespielte Interpretationen guter Musik, was hier mit Mendelssohns „Schottischer“ beeindruckend gelang.

Die ganze Hansestadt zu einer Bühne zu machen und die Musik für ein Wochenende zu den Menschen zu bringen, hat funktioniert. Wenn Wolfhagen Sobirey, Präsident des Hamburger Landesmusikrats, und Karin von Welck von Hamburg gar schon als „Freie und Musikstadt Hamburg“ schwärmten, mochten sie von einigem lokalpatriotischen Überschwang beseelt gewesen sein. Als Testlauf für 2010 war der Tag der Musik jedenfalls ein Erfolg, dessen bundesweite Perspektive dann ohnehin stärker in den Fokus geraten wird: Mit Veranstaltungen in ganz Deutschland und einem zentralen Event in Berlin soll ab 2010 ein feststehender Tag ganz der Musik gewidmet werden und eine breite mediale, öffentliche und politische Wahrnehmung erzeugen. Schließlich ist Bundespräsident Horst Köhler, der das Festival im kommenden Jahr (17. bis 21. Juni 2010) in die Hauptstadt einladen wird, Schirmherr des Gesamtprojekts.

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