Eigeninitiative von Jugendlichen ist ein Kernbestandteil und eines von drei Bewertungskriterien des Deutschen Jugendorchesterpreises. Die Wettbewerbskonzerte sollen deutlich deren eigene Handschrift tragen. Da es für Jugendliche mitunter das erste Mal ist, dass sie selbst aktiv ein Konzertprojekt in die Hand nehmen, unterstützt die JMD die Organisationsteams aller 15 nominierten Ensembles im Wettbewerb 2014/15 mit einem individuellen Coaching: Dabei geht es jeweils speziell um das Thema und die Fragen, zu denen sich das Orchesterteam einen Input gewünscht hat.
Konzertdramaturgie – very sophisticated! Die Anfragen der Jugendlichen sind anders formuliert: Ein „Drehbuch“ wünschen sie sich, oder Anregungen dazu, wie ihr Konzert zu einem eindrücklichen Erlebnis wird. Manchmal soll ein Experteninput auch über den einen oder anderen Stolperstein hinweghelfen. Für Veronika Wolfarth, die den Wettbewerb vom Generalsekretariat in Weikersheim aus koordiniert, bedeutet dies die spannende Herausforderung, einen jeweils passenden Coach zu finden.
Die ganz unterschiedlichen Coachings geben einen spannenden Blick auf das, was jungen Orches-
tern besonders am Herzen liegt: Das Jugendsinfonieorchester Altensteig etwa hat sich für sein Wettbewerbskonzert die Kinderoper „Brundibar“ von Hans Krása vorgenommen, komponiert im KZ Theresienstadt. Katharina Ess, Referentin für Kulturvermittlung und Kommunikation bei der KulturRegion Stuttgart, die das Coaching im Auftrag der JMD übernommen hatte, erlebte ein Projektteam, das sich reflektiert mit der sensiblen Thematik auseinandergesetzt hatte. Doch wie diese einer möglichst großen „Öffentlichkeit“ vermitteln? Wer für diese Aufgabe Unterstützer sein könnte, haben die Mädchen gemeinsam mit Katharina Ess herausgefunden.
Auch beim Droste-Orchester Freiburg mangelte es nicht an Ideen, im Gegenteil: „Das Team sprühte nur so vor Ideen und Fantasie“, fand JMD-Coach Stella Manno, Masterstudentin an der Hochschule für Musik Freiburg und als Konzertmeisterin der arcademia sinfonica viele Jahre selbst Mitglied eines engagierten Jugendorchesters. Aber, formulierten die Orchestermitglieder: „Wir finden den Startschuss nicht“. Nachdem sie sich gemeinsam einen Überblick verschafft und die Planungen strukturiert hatten, wurde klar, wo die Prioritäten liegen und womit es konkret losgehen kann. Für das Team ein gelungener Kick-off.
Das Jugend-Sinfonie-Orchester Bremen-Nord möchte in seinem Konzert verschiedene Ensembles in seinem Stadtteil zusammenbringen: Mitwirken sollen neben dem Orchester noch ein Chor, der Kinderchor aus dem Hort und eine syrische Band. Keine leichte Aufgabe, da einen roten Faden zu spinnen, der die unterschiedlichen Musikgruppen und -richtungen verbindet. Eben dieser „Zusammenhalt“ ist den Jugendlichen in ihrem benachteiligten Stadtteil besonders wichtig. Hier fand die JMD mit Corianna Bruggaier den perfekten Coach, Geschäftsführerin von „OpusEinhundert“, einer Initiative, die eben dies realisiert: Musikprojekte von und für mindestens 100 Menschen.
Ganz anders in Göppingen! Zum Erstaunen und zur Freude von Dirigent Martin Gunkel haben sich die Mitglieder des Jugendsinfonieorchesters Göppingen ein Coaching zum Thema „Orchesterknigge“ gewünscht. Wie können wir unser Auftritts- und Bühnenverhalten verbessern, etwa beim Stimmen, aber auch während des Konzerts? „Benimm“ und kollegialer Rat wird hier Anfang des Jahres von Stefan Bornscheuer vermittelt. Bornscheuer ist Mitglied des Radiosinfonieorchesters Stuttgart des SWR und gibt seine Erfahrungen als Profi-Orchestermusiker auch als Dozent an der Musikhochschule Trossingen weiter. Gern hat er auch den Auftrag für die JMD übernommen.
„Ein synästhetisches Klanglaboratorium“ lautet der vorläufige Konzerttitel des Münchner Jugendorchesters. Entsprechend ungewöhnlich auch ihr Wunsch: Die Jugendlichen haben sich Unterstützung erbeten für die Frage, wie sich Orchester und Musik „ins rechte Licht“ rücken lassen. Für diese Aufgabe konnte die JMD Gerrit Jurda, Chefbeleuchter der Jungen Oper Schloss Weikersheim und Lichtdesigner unter anderem am Residenztheater München, gewinnen. Er wird den Jugendlichen einige grundlegende Beleuchtungsregeln vermitteln und sicherlich auch einige Extra-Spots zeigen.
Die Feedbacks sind bislang durchweg begeistert: Für die Jugendlichen ist es eine außergewöhnliche Erfahrung, exklusiv mit einem „Experten“ zu arbeiten, ihre Fragen stellen und ihre Vorhaben konkretisieren und weiterbringen zu können.
Die Coaches aber sind mindestens genauso begeistert. Einige von ihnen hätten, „angesteckt“ von den Projektvorhaben der jungen Orchestermusiker, am liebsten deren gesamte Produktion bis zur Aufführung aktiv mit begleitet – ein Sympathie- und Vertrauensvorschuss, der die Orchester noch einmal zusätzlich motiviert. Bei den Wettbewerbskonzerten im Laufe des Jahres wird also auch der eine oder andere Coach als Fan im Publikum sitzen, um zu sehen und zu hören, was die Jugendlichen auf die Beine gestellt und „draus gemacht“ haben.