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Die Trefferquote bei Neuer Musik erhöhen

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Ein neues Projekt der JMD gibt Jugendorchestern eine Orientierung
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Die Zeitgenössische Musik hat’s schwer! Das ist allemal daran abzulesen, dass sie ihre Gattungsbezeichnung wie ein Stigma vor sich her trägt, dass sie offenbar besonderer Schutzräume, spezialisierter Ensembles und eines speziellen Publikums bedarf und dass sie eine besondere Förderung erfährt. Und wenn neben den etablierten Foren von Donaueschingen oder Darmstadt neue Neue-Musik-Festivals wie Eclat oder Chiffren auf den Plan treten, wenn die Bundeskulturstiftung ein millionenschweres „netzwerk neue musik“ auf den Weg bringt, da scheint es dieser ja endlich besser zu gehen. Soviel Neue Musik war nie!?

Bei der Frage nach Ursachen unserer schwierigen Beziehung zu modernen Klängen geraten oft die Werke selbst in Verdacht: zu kompliziert, zu komplex, schwer zu lesen, aufwendig zu spielen, unbeliebt beim Publikum. Erst langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass sich die Schwierigkeit nicht lösen wird, wenn nicht unser Mut wächst, junge Musiker schon früh mit anderen als tonalen Klangwelten zu konfrontieren. Immer noch scheint unser Ausbildungswesen die Sonder- und Nebenrolle zeitgenössischer Musik fortzuschreiben, auch wenn uns der mit dem Füllhorn gehypte Festival- und Eventbetrieb ein anderes vorgaukeln könnte.

Die Jeunesses Musicales Deutschland hat sich seit ihrer Gründung 1951 für die Förderung junger Komponisten und ihrer Werke stark gemacht. Für junge Tonschöpfer, die „Musik im Kopf“ haben, ist der Bundeswettbewerb Komposition/Schülerinnen und Schüler komponieren mit seinen Weikersheimer Kompositionswerkstätten seit über 20 Jahren eine wegweisende Motivation für keimende Talente, aus denen immer wieder bekannte Namen hervorgegangen sind.

Auf der Interpretenseite gibt es aktuell eine neue Facette des Engagements der Jeunesses für die Neue Musik, und zwar in Richtung der jungen Orchester, deren Fachverband die JMD ist und sich dabei als Impulsgeber, Berater, Forum und Dienstleister versteht. Auf die Frage, warum sich Jugendorchester kaum aus dem Gehege der Klassik in die Unwegsamkeiten neuerer Musik hinaustrauen, lauteten die Antworten recht übereinstimmend: zu schwierig, zuviel Aufwand, bis es klappt oder gar klingt, mangelnde Repertoirekenntnisse sowie zu hohe Aufführungskosten. Selbst aufgeschlossene und experimentierfreudige Jugendorchesterleiter scheuen oft das Risiko, die jungen Musiker einen Kurs mit Hindernissen fahren zu lassen. Wenn man nur vorher wüsste, worauf man sich einlässt. An Literatur herrscht eigentlich kein Mangel, doch welches Stück soll man sich kommen lassen? Namen von Komponisten oder Titel von Werken sind oftmals nicht wie im Klassik-Bereich ein Garant für den Erfolg.

Sönke Lentz, Vizepräsident der JMD und Projektleiter des Bundesjugendorchesters – in dessen Programmen man immer häufiger „un–erhört“ Neues bis hin zu Auftragskompositionen findet –, hatte beschlossen, die Trefferquote bei zeitgenössischer Orchestermusik signifikant zu erhöhen. Er konzipierte ein Auswahlverfahren, das die JMD gemeinsam mit dem Deutschen Musikverlegerverband im vergangenen Jahr angeschoben hat. Im Herbst hatten fürs erste 15 deutsche Musikverlage Pakete und Päckchen mit fast 200 Partituren geschickt – eine fürstliche Zahl, wenn man bedenkt, dass diese bereits eine in den Verlagsabteilungen vorgenommene Vorauswahl nach dem Kriterium des ungefähren Schwierigkeitsgrades darstellte. Doch dürfte die Zahl der künftig noch hebenden Schätze erheblich sein.

Das Projekt will einige Jahre lang Empfehlungslisten von jeweils rund 30 Werken zusammenzustellen, die das Repertoire deutscher Jugendorchester in Musikschulen, Schulen, Universitäten und in freier Trägerschaft künftig um gut 60 Jahre Musikgeschichte erweitern sollen. Die Juroren, die sich im November in Weikersheim trafen – neben dem Initiator waren dies Andreas Schultze-Florey (Staatsorchester Hannover), Prof. Joachim Harder (Studentenorchester Münster) und Martin Lentz (Jugendsinfonieorchester der Musikschule Jena) – und bei ihrer Sichtung selbst begeisternde „Funde“ machten, kommentierten jedes der ausgewählten Stücke, um Anhaltspunkte für Stilistik und Charakter, Schwierigkeitsgrad und Ausführbarkeit zu geben.

Den Mitgliedsorchestern der JMD wird diese Auswahl im internen Bereich der Website www.jeunessesmusicales.de zur Verfügung gestellt. Eine Datenbank, die alle wichtigen Angaben zu den Werken enthält und auch Einblicke in Partiturseiten und kurze Klangbeispiele bieten soll, ist im Aufbau. Jugendorchesterleiter sind eingeladen, künftig auch ihre eigenen Erfahrungen mit den Stücken hinzufügen. Besondere Konditionen für die Aufführungsmateriale haben Mitgliedsorchester der JMD ohnehin.

Es ist zu hoffen, dass sich in einem dafür verfügbaren Forum bald ein lebhafter Austausch entwickelt, der die Repertoirediskussion unter den Jugendorchestern immer qualifizierter in Richtung auf zeitgenössische Musik erweitert. Die JMD wird ihren Mitgliedsorchestern die Werkkommentare auch aktiv in ihrem e-Mail-newsletter vorstellen. Den Jugendorchesterleitern, die ihre Probenphasen in der Musik-akademie Schloss Weikersheim machen, stehen die „Werke des Jahres“ zum eingehenden Partiturstudium – zumeist auch einschließlich eines Tonträgers – das ganze Jahr über in einem Präsenzbestand zur Verfügung.

Die Initiative der JMD mag aus Sicht der Verleger ein Marketinginstrument sein – der Verleger ist aber auch ein Förderer und Verbreiter neu entstehender Musik, und das oftmals ohne Gewinnaussichten. Am Ende geht es beiden Partnern um das eine Ziel: Das Musikleben von heute mit Musik von heute zu bereichern und die Erlebnis- und Ausdruckswelt der jungen Musiker zu erweitern.

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