Als Beitrag zum Europäischen Jahr des Interkulturellen Dialogs veranstaltete die Jeunesses Musicales Deutschland gemeinsam mit dem „Centre for World Music“ der Universität Hildesheim vom 14. bis zum 23. Oktober 2008 eine Dialog-Tournee des israelischen Jugendorchesters. Diese Tournee, die unter anderem von der Robert-Bosch-Stiftung, dem Goethe-Institut und der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) gefördert wurde, stand unter der Schirmherrschaft von Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Sie führte die jungen Musiker in sechs deutsche Städte. Im folgenden Bericht schildert Clara-Marie Bätz, Studentin der Universität Hildesheim und Projektleiterin der Tournee, ihre Eindrücke.
Eine Schar aufgeregter Studenten tummelt sich vor dem Theater für Niedersachsen in Hildesheim, um die Gäste, die alle die israelische Staatsbürgerschaft haben, in Empfang zu nehmen. Endlich erscheint der rote Reisebus und mit ihm einundzwanzig Musiker, ihr Dirigent und zwei Begleitpersonen. Trotz des Nachtfluges von Müdigkeit keine Spur, stehen sie erwartungsvoll ihren studentischen Gastfamilien gegenüber. Allgemeines Gelächter bei meinem missglückten Versuch, die hebräischen und arabischen Namen richtig auszusprechen ... Ich bin überrascht über die Offenheit und Neugierde, mit der die israelischen Gäste auf ihre Gastgeber zugehen, denn kurz darauf ist der Theatervorplatz wie leergefegt, und alle sind auf dem Weg in diverse Wohngemeinschaften. Die erste Hürde ist geschafft. Für den nächsten Morgen ist eine kleine englischsprachige Stadtführung geplant. Allerdings haben wir bei der Planung die Langsamkeit der Gruppe unterschätzt: Hier müssen noch dringend Strümpfe gekauft werden und dort der historische Marktplatz aus allen Winkeln fotografiert werden – die Stadtführung endet in viel Gelächter nach nur zwei Etappen beim Dom.
Das Eröffnungskonzert am Abend ist großartig. So großartig, dass nach zwei Zugaben auch alle CDs innerhalb von zehn Minuten verkauft sind. Danach wird gegessen, getanzt, gefeiert und – natürlich – spontan weiter musiziert.
Die Tournee führt uns nun ins verregnete Hamburg – der herzliche Empfang des Landesjugendorchesters Hamburg und die abenteuerliche Hafenrundfahrt bei Sturm, Sonne und Regen lässt uns die Stadt dennoch in bester Erinnerung behalten. Das Landesjugendorchester Hamburg ist, wie alle anderen Partnerorchester, Mitgliedsorchester der Jeunesses Musicales Deutschland und hat die Übernachtung in Gastfamilien sowie die Programmgestaltung mit viel Engagement organisiert.
Berlin. Das Konzert im vollbesetzten Glashof im Jüdischen Museum stellt nicht nur aufgrund der Location ein ganz besonderes Ereignis dar – auch die Generalversammlung des Deutschen Musikrates ist bei diesem Konzert vollständig anwesend. Aber nicht nur das eigene Konzert im Jüdischen Museum sondern auch das Konzert der Berliner Philharmoniker am darauf folgenden Abend gehört zu den Highlights der Tournee. Die jungen Israelis sitzen mit ihrem Partnerorchester, dem Jugendsinfonieorchester Charlottenburg, in der Philharmonie direkt hinter den Pauken und bekommen sogar die Möglichkeit, nach dem Konzert mit dem israelischen Konzertmeister zu plaudern. Beim darauf folgenden Abendessen haben sie immer noch rote Backen und leuchtende Augen.
Halbzeit. Von der Großstadt geht es nun ins überschaubare Jena. Auch hier ein herzlicher Empfang der Gastfamilien und des Jugendorchesters der Musik- und Kunstschule Jena. Auch hier ein erfolgreiches Konzert mit Zugaben und einem nicht enden wollenden Applaus. Während der Aftershow-Party überrascht uns die Big Band der Musikschule mit einem Privatkonzert und – wie kann es anders sein – die Israelis packen wieder ihre Instrumente aus und stellen sich mit auf die Bühne. Diese Begegnung auf musikalischer Ebene schafft eine Form der Völkerverständigung über die kulturellen Grenzen hinaus. Das findet auch die Cellistin Moran Chester: „Jamming with the Jenaer students was out of this world!“
Wehmütig werden die letzten beiden Etappen erreicht: Zunächst Weikersheim, der Sitz der Jeunesses Musicales Deutschland, wo alle gemeinsam im Logierhaus untergebracht sind und an viel Schlaf natürlich nicht zu denken ist. Die Musikakademie Schloss Weikersheim ist nicht nur beliebter Probenort für deutsche Jugendorchester und Ensembles, sondern als „World Meeting Center“ der Jeunesses Musicales International Treffpunkt für Jugendliche und Musikgruppen aus aller Welt. Hier nun trifft das Arab-Jewish Youth Orchestra auf das Jugendsinfonieorchester Bad Mergentheim und gibt in Form eines Schulprojekts Hörproben aus seinem Programm, um mit den Schülerinnen und Schülern danach über arabische und jüdische Musik und die politische Situation in Israel zu diskutieren. Am Abend lassen wir während einer kurzen Regenpause einen Ballon mit vielen guten Wünschen in englischer, hebräischer und arabischer Sprache in den Himmel steigen.
Die Deutschland-Tournee des Arab-Jewish Youth Orchestra endet schließlich mit dem Abschlusskonzert im Capitol Offenbach, einer ehemaligen Synagoge. Es war eine Tournee voller bewegender Konzerte, herzlicher Begegnungen, interessanter Gespräche, aufregender Erlebnisse und des Zueinander-Findens. Der Beitrag der Jeunesses Musicales Deutschland zum Dialog der Kulturen wurde zu einem vollen Erfolg und bewies ein weiteres Mal, dass Toleranz und ein friedliches Miteinander durch Musik keine leeren Worte bleiben.