Lieber Theo,
es ist ein großer Kummer für mich, nun definitiv die Kurse des Bundeswettbewerbs Komposition ohne Dich planen zu müssen. Auch für Dich waren sie stets ein fester Bestandteil Deines Jahresrhythmus’, und ich weiß, wie schwer es Dir in den letzten Jahren fiel, aufgrund Deines Gesundheitszustandes hin und wieder nicht dabeisein zu können. Das Bedauern war bei den Schülern und uns, den Co-Dozenten, ebenso groß. Denn Du gabst durch Deine Art den Kursen ein spezifisches Gepräge, welches gekennzeichnet war von Deinem brennendem Interesse an der Arbeit der Jugendlichen, um ihnen – ohne Honig um den Bart zu schmieren – in aller Deutlichkeit die Stärken und Schwächen ihrer Kompositionen aufzuzeigen und Verbesserungsvorschläge zu machen. Dies alles erfolgte bei Dir nicht in schulmeisterlicher Manier, sondern Du hast dies stets zu einer Mischung aus historischer Bewusstmachung, handwerklicher Anregung, Forderung nach Demut, aber auch einer großen Portion Humor „komponiert“.
Und gern bedientest Du Dich dabei diverser Metaphern, sprachst von abgenutzten „Topoi“, liebtest „enigmatische“ Verrätselungen und sprachst bezüglich Deiner eigenen Werke auch immer gern von „Chiffren“, die Du verwendet habest. Ein Blick auf die Titel Deiner Werke zeigt uns, wie sich Deine Neigung zu Sphärisch-Rätselhaftem dort ganz klar wiederfindet: „Symbolum Nicenum“, “Carillon joyeux“, „Chimères“ oder „Enigma“ stehen Werktiteln wie „bye, bye, Fred“, „Nirwana-Fax“, „Clownerie“ oder gar „Katgurmondisedootrisch“ gegenüber und dokumentieren deutlich die Spannweite, die Du immer wieder zwischen Ernst und Humor ausnutztest. Das spiegelt sich auch in Deiner Musik wider, die Klang, Farbe und Farbklang ganz deutlich in den Vordergrund stellt, dabei häufig auf aleatorische Ostinati, ungewöhnliche Instrumentalrequisiten wie Metronom, Schreibmaschine oder raffinierteste Orgelregistraturen zurückgreifend.
Wir alle sind sehr traurig, Dich verloren zu haben – unseren zuverlässigen, toleranten, kritischen, humorvollen und kollegialen Dozenten und vor allen Dingen: einen wirklichen, guten Freund! Du wirst in unserer Erinnerung wach bleiben, und ich bin sicher, dass zahlreiche Teilnehmer der Weikersheimer Kurse der zurückliegenden Jahre Deine charakteristischen Formulierungen bis heute noch fest in Erinnerung haben.
Und wenn wir schon nichts daran ändern können, dass Du uns verlassen musstest, so werden Dein Name und Dein Wirken bei der Jeunesses Musicales Deutschland in dankbarem Gedenken fest verankert bleiben.
Am 26. November 2012 verstarb nach kurzer, schwerer Krankheit der Komponist Theo Brandmüller. Ein Nachruf von Martin Christoph Redel, mit dem gemeinsam er weit mehr als dreißig Jahre im Namen der JMD die Kurse „Jugend komponiert“ sowie den „Bundeswettbewerb Komposition“ durchgeführt hatte.