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Freut sich auf die konzentrierte Arbeit mit dem Opernnachwuchs und Weikersheim als künstlerisch inspirierenden Ort: Jakob Peters-Messer.
Freut sich auf die konzentrierte Arbeit mit dem Opernnachwuchs und Weikersheim als künstlerisch inspirierenden Ort: Jakob Peters-Messer.
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Mit sicherem Gespür für innere Stimmigkeit

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Jakob Peters-Messer inszeniert für die JMD
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Auf seiner Schaffensliste steht die Junge Oper Schloss Weikersheim 2023 mit dem „Liebestrank“ von Gaetano Donizetti in einer Reihe vielbeachteter und gefeierter Inszenierungen. Peters-Messer ist gegenwärtig einer der interessantesten Regisseure des Musiktheaters.

Seine Inszenierungen an renommierten Opernhäusern in ganz Deutschland und Europa wurden mit Kritiker- wie Publikumspreisen ausgezeichnet und wiederholt zur „Oper der Spielzeit“ oder „Oper des Jahres“ gewählt. 2022 wurde Jakob Peters-Messer gar für den Deutschen Thea­terpreis DER FAUST nominiert. Seine künstlerischen Schwerpunkte setzt Jakob Peters-Messer als Spezialist insbesondere im Bereich der Alten Musik und der Barockoper – in Zusammenarbeit mit Dirigenten wie René Jakobs oder Thomas Hengelbrock und in Produktionen für die maßgeblichen Fes­tivals von den Schwetzinger Festspielen bis zu den Tagen Alter Musik Innsbruck – sowie im zeitgenössischen Repertoire und mit der Inszenierung von Wiederentdeckungen des Opernrepertoires. Für 2023 stehen Erich Wolfgang Korngolds „Das Wunder der Heliane“ an der Niederländischen Wander­oper in Enschede und „Der König Kandaules“ von Alexander Zemlinsky am Theater Dessau auf seinem Arbeitsplan.

Kompetenzen im „Echtbetrieb“ vermitteln

Wie passt in diesen Kontext eine Inszenierung von Donizettis „Liebestrank“? Und ein Projekt zur Förderung des internationalen Opernnachwuchses? „Ich empfinde es für mich als angebracht und an der Zeit, wieder ein solches Projekt zu machen“, so Jakob Peters-Messers lakonische Antwort. Aus seinem großen Engagement macht er keine große Sache. Überzeugt von der Haltung, den Zielsetzungen und dem Anspruch, den die JMD mit ihrer Internationalen Opernakademie verknüpft, bedurfte es für ihn keiner langen Überlegung. Er habe sich sehr über die Anfrage der JMD gefreut und gerne zugesagt. Seiner Arbeitsweise entgegen kommt, dass die JMD dem Nachwuchs das für eine Profi­karriere notwendige Rüstzeug quasi im „Echtbetrieb“ vermittelt, und dass das Künstlerische Team der Internationalen Opernakademie sehr viel freier agieren kann als es etwa an einer Hochschule möglich wäre. Sehr viel tiefer als diese passenden Rahmenbedingungen reicht die inhaltliche Übereinstimmung mit den Opernmachern der JMD – die Überzeugung, dass fachliche, künstlerische und emotionale Kompetenz in gleichem Maße erforderlich ist, damit im Arbeitsprozess und auf der Bühne etwas von Bedeutung entstehen kann, das Beteiligten und Publikum etwas „gibt“. Diese gilt es zu entwickeln.

Klug moderiertes Intensivtraining

Produziert wird der Weikersheimer „Liebestrank“ nach den selben Abläufen wie in jedem Opernhaus. Als Bestandteile der Internationalen Opernakademie wirken außerdem Sprachtraining in Italienisch, vertiefendes Rollenstudium, Gesangsunterricht und Bewegungstraining, ja, auch Vorsingtraining und Berufsberatung. Unterschiedlichste Aspekte der Bühnenkunst werden beleuchtet und intensiv trainiert. Mit Regisseur Jakob Peters-Messer werden die jungen Sänger*innen dabei ein starkes Gegenüber haben, jemanden, der ganz genau weiß, wie rationell der Betrieb an großen Opernhäusern läuft, und welche psychischen Belastungen es mit sich bringt, in diesem Betrieb zu bestehen. Auch während der sechswöchigen Produktionszeit in Weikersheim wird es Härten geben. Peters-Messer benennt klar, dass es zu Nachwuchsprojekten auch gehört, dass junge Sänger*innen an die Grenzen ihres bisherigen Könnens stoßen werden und sie gerade dadurch erweitern können. Und selbstverständlich befinden sie sich bei aller Zusammengehörigkeit und Kollegialität, die im Laufe einer mehrwöchigen Produktion im Ensemble entsteht und von der JMD aktiv gefördert wird, auch in einer Konkurrenzsituation. „Das ist eine challenge“, so Jakob Peters-Messer, und „die gilt es klug zu moderieren“. Er wird die Sängerinnen und Sänger nicht schonen. Er wird sehr aufmerksam im Blick haben, wenn Stress-Situationen die jungen Menschen herausfordern. Und zielsicher wird er seine künstlerische Interpretation mit ihnen umsetzen. Dies ist seine wohlwollend wertvolle Einladung zu einer konstruktiven Auseinandersetzung, an der die jungen Sänger*innen in ihrer Ausdrucksfähigkeit, in ihrer Profession und menschlich wachsen können.

Für ihn als Regisseur bedeutet die Tatsache, dass die Rollen doppelt, in den Titelpartien teils auch dreifach besetzt sind, einen enormen Probenaufwand. Zumal keine fixen Besetzungen für die Probenarbeit und Aufführungen festgelegt werden, sondern die Sänger*innen die Erfahrung machen sollen, in wechselnden Konstellationen im Ensemble miteinander zu agieren. Arbeitet er intensiv eine Szene mit einem Sängerpaar, muss er später mit zwei anderen Ensemblemitgliedern in das Erarbeitete hineinspringen und eine für sie authentische Adaption finden. „Für die Entwicklung eines Stücks eigentlich nicht möglich“, stellt Jakob Peters-Messer fest, und fügt im nächsten Satz hinzu „doch genau das ist die Aufgabe in Weikersheim! Denn darum geht es, allen gerecht zu werden und allen etwas mitzugeben.“

Gesamkunstwerk als Gesamterlebnis

Gefragt, welche seiner Inszenierungen im Laufe seiner Karriere für ihn persönlich besondere Höhepunkte gewesen seien, nennt Jakob Peters-Messer nicht die monumentalsten Werke oder größten Opernhäuser. Für ihn ist es eher ein inspirierender Ort oder eine berührende menschliche Begegnung, die einer Produktion eine besondere Stimmigkeit und Inspirationskraft verleihen. In solcher Art stimmig war für ihn bereits 2009 auch seine Inszenierung des Shakespeare-Stücks der „Lus­tigen Weiber“, Open-Air im Hof des Weikersheimer Renaissance-Schlosses.

Aktuell war Jakob Peters-Messer in der Osterwoche für die erste Probenphase der Internationalen Opern­akademie in Weikersheim, um den Sänger*innen sein Regiekonzept für den „Liebestrank“ vorzustellen und die Grundlinien der Inszenierung anzulegen: Die Typen der  klassischen Commedia dell’Arte – Pierrot, Colombina, Dottore, und so weiter – wachsen aus ihrer Stereotypie durch die Betonung des Menschlichen und Charakteristischen heraus. Dem darin zutage tretenden Realismus soll ein Setting entsprechen, das sich an die neorealistischen italienischen Filmklassiker der 1950er-Jahre anlehnt. Der Wandlung der Charaktere, insbesondere der Annäherung des sozialen Standesunterschiedes zwischen den Hauptfiguren wird ein publikumswirksamer Schwenk in die Traumwelt des Zirkus Vorschub leisten. In dieser Weise gewinnt auch die Idealwelt der Jeunesses Musicales Lebendigkeit.


Junge Oper Schloss Weikersheim:
G. Donizetti „Der Liebestrank“
27. Juli–6. August 2023
Musikalische Leitung: Fausto Nardi
Junge Philharmonie Friaul
Karten unter
www.oper-weikersheim.de

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