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Partizipation – mehr als ein Zauberwort

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Junge Menschen sollen aktiv an der Gestaltung der Verbandsarbeit beteiligt werden
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Irgendwann erwischt es jeden mal, auch bei der JMD. Ich war immer überzeugt, daß die JMD ein junger Verband ist, mit jungen Vorstandsmitgliedern, lebendig, unverknöchert und beweglich – so, wie ein Jugendverband zu sein hat. Und dann muß man plötzlich in einer Vorstandssitzung, in der man lange über Konzepte und Zielgruppen gestritten hat, feststellen, daß sich die Zielgruppe an all die schönen Pläne und Vorstellungen nicht gehalten hat. Anscheinend will die Zielgruppe manchmal anders, als sie eigentlich sollte. Auch der jugendliche Vorstand entpuppt sich als ein Club von Thirtysomethings, von denen viele mittlerweile auf die 50 zugehen. Und schließlich stellt sich auch in unserem Verband immer drängender die Frage, wo denn der Nachwuchs an Ehrenamtlichen bleibt. Partizipation heißt das Zauberwort, das nun immer öfter in den Vorstandssitzungen und Protokollen des Bundesvorstandes der JMD auftaucht. Auch im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung steht Partizipation im Kapitel Jugend an erster Stelle. Partizipation, das bedeutet für die JMD ganz konkret, daß junge Menschen die Möglichkeit haben, sich aktiv an der Gestaltung der Arbeit des Verbandes zu beteiligen. Daß die Notwendigkeit besteht, hier etwas zu tun, zeigen schon die obigen Beispiele. Auch die JMD braucht Nachwuchs von Ehrenamtlichen, die eigene Arbeit muß immer wieder auf den Prüfstand, ob sie wirklich den Interessen der Jugendlichen gerecht wird, und dem Image des Verbandes ist es nur zuträglich, wenn hier nicht nur für, sondern auch mit Jugendlichen gearbeitet wird. Dabei muß die JMD nicht ganz von vorn anfangen. Im Weltverband hat Partizipation eine lange Tradition. Dort ist es in der Satzung vorgeschrieben, daß mindestens drei Mitglieder des Vorstandes der Jeunesses Musicales Internationales unter 30 Jahre alt sein müssen, und jede Delegation bei den Weltkongressen muß mindestens ein Mitglied dabei haben, das „under thirty“ ist. Auch wenn diese Regelung innerhalb des Weltverbandes immer wieder umstritten ist, weil sie angeblich zu Unprofessionalität führt, so hat sie doch mit dafür gesorgt, daß in der Jeunesses Musicales Internationales immer wieder junge engagierte Menschen tätig sind, daß es auf internationaler Ebene Nachwuchssorgen kaum gegeben hat. Und schließlich ist Partizipation auch bei unseren Mitgliedern, den Jugendorchestern, oft selbstverständlich. Das hängt sicherlich damit zusammen, daß gerade im Jugendorchester auch in der musikalischen Arbeit die Beteiligung jedes einzelnen gefordert ist. Jedes Orchester ist so gut wie sein Solo-Oboist, jede Streichergruppe so gut wie ihr letztes Pult. All dies sind gute Gründe, um sich in Zukunft intensiver mit dem Thema „Partizipation“ zu beschäftigen. Der Bundesvorstand hat deshalb eine Reihe von Initiativen gestartet, um in Zukunft die JMD von einem Verband für junge Menschen in Richtung eines Verbandes von jungen Menschen zu verändern. In die Arbeit der Fachausschüsse werden schon seit längerem junge Menschen als Hospitanten und Mitglieder integriert. Auch der Bundesvorstand hat mit Sönke Lentz seit Anfang dieses Jahres einen jungen Hospitanten bei seinen Sitzungen dabei. Seit einigen Jahren sind zudem regelmäßig Praktikanten im Generalsekretariat der JMD tätig. Viele von ihnen konnten dadurch für die Arbeit der JMD begeistert werden und arbeiten jetzt an den unterschiedlichsten Stellen und bei den verschiedensten Projekten mit. All diese Aktivitäten wollen wir in Zukunft ausbauen – und noch einen Schritt darüber hinausgehen. Ein hoffnungsvoller Beginn war die Bundesdelegiertenversammlung im November 1998, an der zahlreiche jugendliche Mitglieder unserer Orchester teilnehmen konnten. Wir haben dort gemerkt, wie viel lebendiger und interessanter unsere Bundesdelegiertenversammlung dadurch geworden ist. Wir haben deshalb beim Verein der Freunde die Einrichtung eines Jugendfonds beantragt und bewilligt bekommen. Ab sofort werden also im Generalsekretariat der JMD Mittel zur Verfügung stehen, um jungen Menschen die Teilnahme am Verbandsleben zu ermöglichen, indem ihre Reise- und Unterkunftskosten übernommen werden können. Doch der Bundesvorstand möchte weitergehen: Im Rahmen eines größeren Projektes zum Thema „Lebenskunst“ hat er bei der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung einen Antrag gestellt, diese Partizipationsbemühungen im Verband im Rahmen eines größeren Projektes exemplarisch zu vertiefen. Dem Antrag ist stattgegeben worden, und so werden wir jetzt mit einer Vielfalt von Aktivitäten versuchen, junge Menschen für die Arbeit der JMD zu begeistern. Wir wollen verstärkt Praktikantenstellen bei unseren internationalen Partnern anbieten, wir wollen Ferienjobs und Verdienstmöglichkeiten für junge Menschen vermitteln, wir wollen jungen Menschen Weiterbildungsmöglichkeiten im Rahmen der JMD anbieten. Dies geht von Schulungen über Sprachkurse bis hin zu Seminaren, die gemeinsam mit Sponsorpartnern durchgeführt werden können. Wichtig ist uns jedoch, daß wir die jungen Menschen auch strukturell an den wesentlichen Entscheidungen unseres Verbandes beteiligen. Vielleicht ist es in Zukunft denkbar, daß junge Menschen durch eine Quote in die Gremien der JMD integriert werden, so daß Partizipation zu einem strukturellen Bestandteil der Arbeit der JMD wird. Möglicherweise führt dieser Prozeß dann auch zu ganz neuen Strukturen innerhalb des Verbandes: Jugendliche suchen immer mehr ein projektbezogenes Engagement, sind stärker durch Inhalte motivierbar und weniger daran interessiert, feste Bindungen zu Organisationen einzugehen. So ist in Zukunft die Arbeit der JMD in einer ganz anderen Organisationsform vorstellbar, einer, die beweglich ist, die vernetzt und Leute zusammenbringt. Vielleicht wird man zu bestimmten Themen Partner suchen an verschiedensten Orten für ganz konkrete Anliegen. Gefordert sein wird dabei die Fähigkeit, flexibel zu kommunizieren und sich organisieren zu können, während Fragen der Verbandsstruktur immer unwichtiger werden. Vielleicht erwischt es eines Tages ja sogar den Generalsekretär...
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