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Persönliche Klangfarben

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Zum Kurs Kammermusik 18plus im März in der Musikakademie Schloss Weikersheim
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Vom 3. bis 5. März kamen in der Musikakademie Schloss Weikersheim elf Kammermusik-Ensembles zusammen. Kammermusik 18plus entstand aus ehemaligen Teilnehmer*innen des „jungen“ Kammermusikkurses, die einfach nicht aufhören konnten, und hat sich augenscheinlich zu einem Mehrgenerationen-Kurs mit Teilnehmer*innen im Alter von 19 bis 75 Jahren entwickelt. Dozierende waren Gerhard Dierig (HfMT Köln und Bratschist im Gürzenich-Orchester), Irene de Marco (Fagottistin in der Württembergischen Philharmonie Reutlingen), Juri de Marco (Künstlerischer Leiter des STEGREIF.orchesters), und Pianist Rudolf Ramming (HfM Würzburg). Sie leiteten die Musiker*innen an, einen gemeinsamen Klang zu entwickeln und die für die Interpretation wichtigen Schlüsselstellen eines Stücks zu erkennen und zu gestalten.

Das Tonart-Oktett aus Heidelberg war bereits zum dritten Mal dabei. Vor allem begeisterte sie die Möglichkeit, mit mehreren Dozierenden zu arbeiten und die „Unterschiedlichkeit, was man lernt“. Für Dozentin Irene de Marco geht es immer um die Frage, wie die Ensemblemitglieder präziser kommunizieren können, um auch rhythmische Klippen sicherer zu meistern. Mit zahlreichen Anregungen sorgte die Dozentin für unmittelbare Aha-Erlebnisse. „Erstaun­lich, wie viel man in kurzer Zeit verbessern kann, wenn man gute Tipps bekommt!“ Diese Erfahrung hat beim Heidelberger Ensemble schon zu einem gewissen Suchtfaktor geführt: „Wir waren bereits zwei Mal zu fünft da. Jetzt haben wir gedacht: Je mehr Leute desto schöner.“

Die vielfältigen Inhalte und Methoden hatten die Dozierenden sorgfältig untereinander abgestimmt. Sie begegneten den Teilnehmenden in wechselnden Rollen und als unterschiedliche musikalische Persönlichkeiten. Juri de Marco eröffnete den Teilnehmenden einen improvisatorischen Zugang zur Musik. Gleich beim ersten Kennenlernen und musikalischen Zusammenfinden sollten alle 46 Musiker*innen gleichzeitig spielen: „Wie fühlt Ihr Euch?“, seine einladende Frage. Und dann einmal alle so leise wie möglich … An diesen spielerisch quasi unbemerkten Einstieg in Improvisation und Klanggestaltung knüpfte er am nächsten Tag an. In der Arbeit mit dem Panorama-Quintett aus Leonberg am Rimski-Korsakov Quintett B-Dur wirkte es beinahe so, als würde er im Laufe der Stunde Ordnung in die Runde bringen. Dabei ging es in seinen Erläuterungen erst einmal gar nicht um Präzision im Zusammenspiel. Er entwickelte seinen Unterricht vielmehr ausgehend von der Frage, wie die Musiker*innen Klangfarben in die Musik bringen können. Um mit Tönen zu malen und das Stück zum Leben zu erwecken, braucht es eine klare Vorstellung, wie es klingen soll. Deshalb muss auch das Sprechen darüber, welcher emotionale Gehalt in der Musik steckt, geübt werden. „Magisch“, „Wie Nebelschwaden“, gab Juri de Marco einige assoziative Beispiele. Mit diesem Stimmungsbild vor dem inneren Auge gewann das Zusammenspiel sofort an Kontur und Eindringlichkeit. Im weiteren Verlauf gab er dem Ensemble immer wieder eine Rückmeldung, wie er ihr Spiel hörte und spürte. „Das klingt schön warm!“ – eine ganz andere Klangfarbe als zuvor.

Leoni, Louise und Ina aus Hamburg inspirierte die Form der persönlichen musikalischen Auseinandersetzung, mit der die JMD-Dozierenden unterrichten. Sie waren gemeinsam mit Rudolf Ramming auf der Suche: „Was soll die besonders schöne Stelle in diesen fünf Takten sein?“ Und weil das Geheimnis der Musik in jede Note eingeschrieben ist, fanden sie über die detailreiche und genaue Arbeit glücklich auch die großen Linien.
„Diesen Schwung, – das hätten wir alleine nie so hinbekommen“, waren sich Julia und Magalie einig. Die beiden hatten sich im vergangenen Jahr beim Kammermusikkurs für Junge Instrumentalisten*innen kennengelernt und waren von diesem Erlebnis so „geflasht“, dass sie sich zusammen spontan auch für „Kammermusik 18plus“ anmeldeten. In beiden Kursen gefällt ihnen die inspirierende Atmosphäre und der freundschaftliche Umgang. Und während die rund 70 jugendlichen Instrumentalisten*innen im Sommer in einem großen Karussell mit ausgeklügeltem Unterrichtsplan in unterschiedlichen Ensembles zusammen spielen, hatten sie nun als festes Duo die Möglichkeit, ihre Zeit sehr viel freier einzuteilen und sogar bis spät am Abend noch zu üben. Gefragt nach der gemischten Altersstruktur wurde ihr großer Respekt für die anderen, zum Teil sehr viel älteren Kursteilnehmer*innen spürbar, die ihre Liebe zur Musik neben ihrer Berufstätigkeit pflegen und auch im Ruhestand weiter aktiv musizieren.

Die JMD stellt in all ihren Projekten und in ihrer Kursarbeit  die menschliche Begegnung in den Mittelpunkt tiefer persönlicher Musikerlebnisse. Bei Kammermusik 18plus ist dies offensichtlich gelungen, wie nicht nur von Julia und Magalie zurückgespiegelt wurde: „Wir sind dankbar, dass es so etwas Gutes gibt, dass die JMD Menschen ermöglicht, zusammen Musik zu machen. Schön, dass Musik hier so richtig Raum bekommt, einen geborgenen Raum.“

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