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Zum ersten Mal in Konzertkleidung und als Teil eines Orchesters auf der Bühne – großer Applaus für diese tolle Leistung aller Teilnehmer/-innen des Children’s Cello- und Junior Geigen Camps. Foto: C. Reiß, JMD
Zum ersten Mal in Konzertkleidung und als Teil eines Orchesters auf der Bühne – großer Applaus für diese tolle Leistung aller Teilnehmer/-innen des Children’s Cello- und Junior Geigen Camps. Foto: C. Reiß, JMD
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Ragtime wie noch nie

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Children’s Cello Camp gewinnt sinfonisches Format
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Von Himmelfahrt bis zum 14. Mai war in Weikersheim Zeit für das Children’s Cello Camp und das Junior Geigen Camp. Beide gehören zu den erfolgreichsten und beliebtesten Kursangeboten der JMD. Im Abschlusskonzert präsentierten sich die Kinder gemeinsam als ein hoch engagiertes Orchester junger Neueinsteiger in das sinfonische Musizieren.

Im Foyer des Gewehrhauses stehen 60 Paar bunte Turnschuhe – Kindergröße. Die Musikakademie Schloss Weikersheim brummt: Auf dem Probenprogramm der Cello-Kids steht an diesem Nachmittag der „Entertainer“ von Scott Joplin. Kaum sind die Noten aufgeblättert, legen die ersten schon mal los. 30 Kinder zwischen 8 und 12 Jahren sitzen strümpfig hinter ihren Pulten. Im Saal verteilt liegen ihre Cellocases. Sommerlich locker, die Atmosphäre. Als erstes gilt es zu lernen und ist sehr schnell klar: In einem Ensemble spielen, ist etwas ganz Anderes, als für sich alleine! Zusammen musizieren bedeutet häufig auch: still sein, nicht spielen, während die anderen eine Stelle durchgehen, warten, bis man selbst wieder dran ist.

Wer spielt die Melodie, und wer begleitet? Auch eine Frage, die sich im Einzelunterricht nicht stellt. Dozentin Sabine Heimrich erklärt, wie die „Rollen“ verteilt sind. Unaufmerksamkeit lässt sie nicht durchgehen, aber wenn es eine Schwierigkeit gibt, braucht das niemandem peinlich zu sein: Eine verzwickt zu greifende Stelle? Die Cellistin darf die Minisequenz schnell einmal alleine durchspielen und schon klappt es. „4. Stimmen, wo seid ihr? Ich muss euch hören!“ Aber für die Kinder ist es  offensichtlich gar nicht so leicht, sich überhaupt selbst zu hören. Da dreht Sabine Heimrich die Sache einfach einmal um: die anderen helfen mit, und alle spielen nun im Tutti die vierte Stimme, während die Dozentin die Melodie singt und eine zweite Stimme dazu auf dem Cello spielt. Nun ist es laut und deutlich und nach ein paar Wiederholungen auch den tiefen Celli im Ohr. An einer anderen Stelle ruft sie einfach schnell, welche Finger jetzt dran sind. Ihre Aufmerksamkeit ist in jedem Moment bei jeder Stimme und bei jedem Kind.

Diese Energie und die Freude übertragen sich: Die Kinder hören oder spüren intuitiv, dass es nur gelingen kann, gut klingt und Spaß macht, wenn sie selbst aufmerksam mitmachen. Jede/-r ist mitverantwortlich für das gemeinsame Ergebnis: Kein Trick, sondern auch eine Lernkurve, was Sabine Heimrich an einer schwierigen Stelle vorschlägt: „Jeder schätzt sich selber ein: Wer das gut kann, spielt, wer es nicht spielen kann, macht einfach Luftstriche!“ Aber die Kinder haben zuhause bereits fleißig geübt, manche sogar „so viel wie noch nie“ – wie einige der Eltern, die zum Abschlusskonzert gekommen sind, mit frohem Staunen berichten. Das Children’s Cello Camp ebenso wie das Junior Geigen Camp scheint tatsächlich einen Nerv zu treffen. Seit zehn Jahren fester Bestandteil des Kursprogramms der JMD ist das Angebot jedes Jahr im Nu ausgebucht. Zu verdanken ist dieser Erfolg den hoch engagierten und motivierenden Dozenten, die selbst ganz besondere, strenge und ebenso fürsorgliche „Entertainer“ sind. Die erfahrenen Musikpädagogen kleben auch einmal ein Pflaster auf oder trösten über ein wenig Heimweh hinweg. Ideengeberin und Dozentin der ersten Stunde ist Sabine Heimrich aus Karlsruhe.

Julia Mielke, ebenfalls aus Karlsruhe, musste in diesem Jahr aus gesundheitlichen Gründen absagen. Für sie sprang spontan Rainer Nürnberger, ein Kollege aus Würzburg, ein. Auch die Mischung der Teilnehmer trägt dazu bei, dass es wunderbar zusammenstimmt: Für manche ist es tatsächlich das erste Mal, dass sie in einer Gruppe mit anderen zusammen musizieren. Andere sind bereits zum wiederholten Mal dabei und wissen schon, worauf es ankommt. In diesem Jahr gehörten darüber hinaus noch zwei Praktikantinnen zum Team. Die „sehr“ ehemaligen Teilnehmerinnen Hannah Kreft und Clarissa Lang, selbst mittlerweile 18 und 19 Jahre alt, sind dem Cello Camp weiter treu und geben ihre Erfahrungen weiter und etwas zurück dafür, dass sie vor Jahren selbst unvergessliche und wertvolle Momente in diesem Kurs erlebt haben.

Nachdem die Cello-Children die Töne „laut!“ … „ganz leise“ … „jetzt mutig“ …, „das Schönste, was ihr habt!“ … „und noch einmal“ geübt haben und das Stück Abschnitt für Abschnitt durchgegangen sind, gibt es zum Schluss der Probeneinheit einen ersten Durchlauf. Noch sitzt nicht alles, sind manche Hinweise wieder vergessen, aber es gibt auch den Moment, dass es plötzlich voller klingt, alle zusammen und mit Begeisterung dabei sind bei Joplins Ragtime. Da steigt die Vorfreude gleich mit: Wie toll wird es erst klingen, wenn noch die 30 Geigen dazu kommen, und alle als „großes Orchester“ zusammen spielen? Spielen macht Spaß! Nach dem konzentrierten Musizieren schnüren nun alle erst einmal schnell ihre Schuhe und rennen zum Spielplatz. Im Weikersheimer Stadtpark ist der zum Glück auch nur zwei Minuten entfernt.

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