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Standing Ovations und bewegte Herzen

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Die zweite Deutschland-Tournee der „Jungen Philharmonie Venezuela”
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Tausende von jungen Menschen erhalten in Venezuela seit 25 Jahren Gelegenheit, durch das Orchesterspielen ein Instrument zu erlernen. Ziel ist es dabei unter anderem, Kinder und Jugendliche von der Straße zu holen und ihnen die Chance einer selbstgestalteten und sinnvollen Zukunft zu geben. Die besten dieser jungen Musiker spielen im nationalen Jugendorchester, der „Jungen Philharmonie Venezuela”, einem aus vielen Gründen außergewöhnlichen Ensemble.

Tausende von jungen Menschen erhalten in Venezuela seit 25 Jahren Gelegenheit, durch das Orchesterspielen ein Instrument zu erlernen. Ziel ist es dabei unter anderem, Kinder und Jugendliche von der Straße zu holen und ihnen die Chance einer selbstgestalteten und sinnvollen Zukunft zu geben. Die besten dieser jungen Musiker spielen im nationalen Jugendorchester, der „Jungen Philharmonie Venezuela”, einem aus vielen Gründen außergewöhnlichen Ensemble. Im Jahr 1998 kam der erste Kontakt zwischen der Jeunesses Musicales Deutschland und der venezolanischen Jugendorchesterbewegung zustande. Schon bald entwickelte sich die Idee, das nationale Jugendorchester nach Deutschland einzuladen. Realisiert wurde sie erstmals im Sommer 2000. In der Kulturberatungsagentur Imorde aus Münster fand die JMD einen Partner, der in der Lage war, dies gewaltige Projekt umzusetzen und auch das finanzielle Risiko zu tragen. Melanie Wiebusch, eine Mitarbeiterin dieser Agentur, gelang es in kurzer Zeit, für das Jahr 2000 eine Tournee durch Konzertsäle in Hannover, Magdeburg, Münster, Düsseldorf, Berlin, Bad Mergentheim, Heilbronn und München zu organisieren. 210 junge Musiker, dazu ein Tross von Mitarbeitern, Dolmetschern, Busfahrern, LKW-Fahrern, Technikern, Ärzten und Begleitern, insgesamt also 270 Personen, machten sich auf die Reise durch Deutschland. Schon damals gab es Begeisterungsstürme in allen Konzerten; Musikschullehrer, Musiklehrer, Orchestermusiker, Kultur- und Sozialpolitiker horchten auf.

Nach einem Gegenbesuch des Studentenorchesters Münster 2001 in Venezuela und vielen weiteren intensiven Kontakten, die insbesondere von der Jeunesses Musicales Deutschland gepflegt wurden, kam es dann zum zweiten Besuch des Orchesters in diesem Jahr in Deutschland und Österreich.

Das Orchester hat inzwischen an internationaler Erfahrung gewonnen, spielte in diesem Jahr in Italien und auf dem UN-Kindergipfel in New York. Trotzdem gilt eine Konzertreise nach Deutschland, dem „Mutterland der Klassischen Musik” (so die Venezolaner), immer noch als die größte Herausforderung, der sich das Orchester stellt. Daher wurden alle Kräfte mobilisiert, um trotz der wirtschaftlichen Krise, in der das Land sich befindet, eine zweite Reise im Jahre 2002 zu ermöglichen. Auf deutscher Seite waren wieder das Team von Jens Imorde und Melanie Wiebusch tätig, Veranstalter der Tournee war erneut die Jeunesses Musicales Deutschland.

Im Vorfeld der zweiten Reise war es bereits leichter, Veranstaltungsorte zu finden, hatte sich doch das „Wunder Venezuela” unter Konzertveranstaltern und -besuchern herumgesprochen. Diesmal sollte es nach Köln, Düsseldorf, Hildesheim, Berlin, Leipzig, Dresden und München gehen, dazu kamen in Österreich Konzerte in Wien und Salzburg: Eine Mammut-Tournee also, die sich über fast drei Wochen erstreckte.

Verantwortliche aus Deutschland und Venezuela besichtigten in einer Vortournee alle Unterkünfte und Konzertsäle, diskutierten Speisepläne und andere organisatorische Details. Man versuchte, aus den Erfahrungen von 2000 zu lernen und mögliche Reibungspunkte zwischen den venezolanischen Organisatoren und den deutschen Veranstaltern zu vermeiden. Vorgesehen war die unglaubliche Zahl von 230 Mitwirkenden, 20 venezolanischen und 20 deutschen Betreuern. Wer jemals an der Tournee eines Sinfonieorchesters oder sogar Jugendorchesters beteiligt war, wird eine Konzertreise mit 270 Personen für ein Ding der Unmöglichkeit halten. Aber schon die Tournee 2000 hatte gezeigt, was bei guter Planung möglich ist. Sämtliche Konzerte des Orchesters wurden vom Publikum mit großer Begeisterung aufgenommen und mit Standing Ovations gefeiert, was wohl zumindest für das Konzerthaus in Wien und das dort anwesende Publikum ein Novum war.

Einige Schlaglichter: In Düsseldorf fand ein Sonder-Konzert für Kinder statt. Dass sein Orchester bei den 900 Grundschulkindern eine solche Begeisterung hervorrufen könne, hatte der „Vater” der venezolanischen Jugendorchesterbewegung, José Antonio Abreu, nicht für möglich gehalten. „Dieses Konzert war für mich viel wichtiger als alle anderen. Wir müssen hunderte solcher Konzerte spielen!” Und das, obwohl die Kinder 40 Minuten lang warten mussten und nur durch den großartigen Moderator Christian Schruff in Zaum gehalten werden konnten. Der Grund? Alle fünf Busfahrer hatten sich auf dem Weg von Lüdenscheid nach Düsseldorf verfahren.

„Come back to Germany!” Das waren die Worte Sir Simon Rattles in seiner Ansprache nach dem Konzert der Jungen Philharmonie Venezuela in der Berliner Philharmonie. „You have to stop him. He is a danger for the conductors here.” Das war sein Kommentar über den erst 19-jährigen Dirigenten Gustavo Duhamel. Umringt von seinen venezolanischen jungen Fans war dem Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker die Begeisterung anzumerken. Die Philharmoniker, die im letzten Sommer die Patenschaft über das Orchester aus Venezuela übernommen hatten, überreichten einige Instrumente und ein dickes Bündel Bogenhaare als Geschenke. Nur zu gut wussten sie, wie es um die Qualität der Musik-Instrumente in dem Orchester bestellt ist, hatten doch einige von ihnen sich in den letzten Monaten auf den Weg nach Venezuela begeben, um dort junge Musiker zu unterrichten.

Vorher hatte das Orchester wie schon in seinem Konzert vor zwei Jahren die Besucher der Berliner Philharmonie zu wahren Begeisterungsstürmen und Standing Ovations (in Berlin wohl eher die Ausnahme) veranlasst. Schon die Tschaikowsky-Sinfonie im ersten Programmteil geriet zu einer wahren Klangorgie. Unübertroffen ist das Orchester jedoch mit seinen lateinamerikanischen Werken wie Sensemaya (Revueltas), Batuque (Fernández), Alma Llanera (Gutiérez) und dem von allen sehnsüchtig erwarteten Mambo aus der Westside-Story (Bernstein). Hier endlich lösten sich alle Spannungen. Insbesondere in dem Konzert in der Berliner Philharmonie sollten sich alle Kräfte der jungen Musiker bündeln, galt es doch auch, den Mitgliedern der Berliner Philharmoniker, die inzwischen in Venezuela waren um dort Meisterkurse zu geben und damit die Patenschaft der Berliner über die venezolanischen Jugendorchester mit Geist und Leben zu erfüllen, zu zeigen, was sie können. Für den Nachmittag des nächsten Tages hatte Sir Simon Rattle das Orchester zu einer Probe der Berliner Philharmoniker mit Bruckners 9. Sinfonie eingeladen, die zu einer Sternstunde für die jungen Musiker aus Venezuela geriet.

Am 3. Oktober kam es im Leipziger Gewandhaus zur Begegnung mit dem Thomanerchor. Das im Konzert gemeinsam musizierte „Dona nobis pacem” bewegte die Herzen zutiefst, während draußen die Stadt gefüllt war von Einsatzhundertschaften der Polizei, die versuchten, Demonstrationen der Rechtsradikalen in Schach zu halten.

Die letzten Konzerte in Salzburg und München dirigierte Ulisses Ascanio mit großem Erfolg, da Gustavo Duhamel vorzeitig nach Venezuela zurückkehren musste. Das Konzert in Salzburg endete mit gemeinsamen Polonaisen durch den Saal, in München schließlich wurden die letzten Zugaben von einem Orchester gespielt, das sich komplett im großen Zuschauerraum des Gasteigs verteilt hatte. Ein großartiger Abschluss einer unvergesslichen Konzertreise!

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