Mittelpunkt des Interesses aller Kursteilnehmer waren die Dozenten. Was nicht verwunderte, sind doch die Flötistin Carin Levine, der Oboist Peter Veale und der Fagottist Pascal Gallois kompetente Ansprechpartner für alle denkbaren Fragen zu Spieltechniken auf ihrem Instrument und dazu noch begeisternde Vermittler von Neuer Musik – und außerdem sie sind die Initiatoren dieses Workshops, der in zwei Teilen im Februar und April auf Schloss Weikersheim stattfand.
Das „Aeolian Trio“ wurde 2003 in Darmstadt gegründet. Doch schon nach kurzer Zeit mussten die Musiker feststellen, dass es für diese Kombination von Holzblasinstrumenten kaum Literatur gibt. Alle drei kennen den Musikbetrieb im Bereich Neue Musik sehr gut – Carin Levine hat schon unzählige Werke für Flöte uraufgeführt, Peter Veale ist der Oboist der Musikfabrik NRW und Pascal Gallois spielt in Pierre Boulez‘ Ensemble Intercontemporain – und so beschlossen sie, einen Kompositionswettbewerb für die Besetzung Flöte, Oboe und Fagott ins Leben zu rufen. Dieser sehr erfolgreiche Wettbewerb wurde vergangenes Jahr durchgeführt, die Uraufführungen der preisgekrönten Werke fanden auf Schloss Weikersheim statt. In diesem Jahr gingen die drei Musiker noch einen Schritt weiter, denn neben der Repertoireerweiterung ist es ihnen genauso wichtig, eine lebendige Spielkultur für diese besondere Form des Bläsertrios zu fördern. So lag es nahe, junge Musiker zu suchen, die in dieser Besetzung zusammen spielen wollten und zugleich auch junge Komponisten anzuregen, für diese Musiker Stücke zu schreiben. Die geeigneten Partner für die Umsetzung dieser Idee fanden sie in Dr. Ulrich Wüster, Generalsekretär der Jeunesses Musicales Deutschland, als Gastgeber für die Präsenzphasen des Workshops und in Gerhard Müller-Hornbach, Professor für Komposition an der Musikhochschule Frankfurt, der seine Studenten dazu anhielt, für das „aeolische“ Trio zu schreiben. Nachdem mehrere Musikhochschulen Mittel- und Süddeutschlands angefragt worden waren, fanden sich am 27. und 28. Februar vier frisch gebackene Trios aus Augsburg, Frankfurt, Stuttgart und Würzburg in Weikersheim ein, um an der „First Aeolian Academy“ teilzunehmen.
Die drei Dozenten hatten nun die Aufgabe, die jungen Musiker an die modernen Spieltechniken der jeweiligen Instrumente heranzuführen, Einblicke in die Lese- und Interpretationsmöglichkeiten von Neuer Musik zu geben, Tipps zur Probenarbeit im Ensemble zu vermitteln, wobei sie gleichzeitig den wissensdurstigen Kompositionsstudenten erklärten, was auf den Instrumenten alles machbar ist und wo die physikalischen Grenzen liegen. Die musikalische Kompetenz, die ansteckende Begeisterung für ihre Instrumente und nicht zuletzt ihre nicht zu erschöpfende Geduld und Freundlichkeit machte Staunen. Neben aller fachlichen Kenntnisse vermittelten diese drei Musikerpersönlichkeiten den jungen Leuten vor allem eines: die Fähigkeit, mit und über Musik zu kommunizieren. Es stellte sich nämlich schnell heraus, dass es für einen Instrumentalisten manchmal unmöglich erscheint, zu verstehen, was ein Komponist in seiner Partitur ausdrücken will – und umgekehrt: ein Komponist kann manchmal überhaupt nicht nachvollziehen, warum der Musiker völlig andere Töne, Klänge oder Phrasen produziert, als dieser sich eigentlich vorgestellt hat. Daher war es spannend, zu sehen, wie weit sich die beiden Seiten in der darauffolgenden Zeit und während der zweiten Probenphase vom 10. bis 13. April aufeinander zu bewegen konnten: Die Partituren wurden rigoros den Instrumenten angepasst, Stimmen wurden getauscht, die Reihenfolge von Sätzen verändert, allzu schwierige Stellen weggelassen. Von den Interpreten wurde extreme Flexibilität verlangt, etwa, wenn bis unmittelbar vor dem Abschlusskonzert immer noch Änderungen per eMail eintrafen und berücksichtigt werden wollten.
Diese intensive Auseinandersetzung konnte nicht ohne emotionale Proteste geschehen, doch fanden sich dank der freundlich-bestimmten Vermittlung der Dozenten immer wieder einvernehmliche Lösungen. Fazit: Die „First Aeolian Academy“ war ein Workshop der Spitzenklasse, geeignet, um Musikern, Komponisten – und nicht zuletzt dem Publikum des Abschlusskonzertes in Heilbronn – Lust zu machen, sich mit dieser Spielart der modernen Kammermusik zu beschäftigen.
Bayern2Radio sendet am 9. Mai um 21.30 Uhr eine Reportage.