Auf Initiative und mit großem persönlichem Einsatz holten der Geiger Florian Donderer und Dirigent Martin Lentz befreundete Musiker*innen zu diesem Zweck zusammen. Insgesamt um die 200 Mitwirkende brachten ein dreistündiges Programm auf die Bühne. Die Schirmherrschaft des Konzerts hatte die Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck übernommen. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen war sie u.a. Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Sprecherin für Osteuropapolitik.
Mitten drin in diesem Benefizkonzert waren unsere beiden Orchester, das Jugendkammerorchester Bremen und das Jugendsinfonieorchester Bremen. In der Pause wurden von Mitgliedern unserer Orchester Spenden gesammelt: Fast 25.000 Euro kamen zusammen! Erst kurz vor Konzertbeginn sahen wir das fertige Programm zum ersten Mal und waren selbst überrascht, wie viele unterschiedliche Menschen zusammen gekommen waren. Denn dass dieser Abend so stattfinden konnte, war vier Tage vorher noch überhaupt nicht klar gewesen. Die Organisation dieses Benefizkonzerts entstand innerhalb von nur wenigen Tagen durch die leidenschaftliche Arbeit von Florian Donderer und Martin Lentz. Beide waren durch das Gefühl getrieben, irgendwie auf die aktuelle Situation in der Ukraine reagieren zu müssen. Die gleichen Nachrichten brachten auch uns Jugendlichen zur Teilnahme an der Aktion. Das merkte man auch daran, wie viele Orchestermitglieder sich nach der Mail von Martin schnell mit einem „Ja“ zurückmeldeten. Und auch während der Proben waren alle trotz der Kurzfristigkeit motiviert und nach bestem Können engagiert.
Alle am Konzert Beteiligten waren aus einem starken Bedürfnis und einer ähnlichen Motivation heraus mit dabei: „Was wir Musiker tun können ist, ein Zeichen der Solidarität zu setzen und mit Hilfe der Musik ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen, das hilft mit der Situation umzugehen. Und natürlich können wir Geld sammeln …“ so formulierte es Florian Donderer. Und ganz persönlich: „Meine Kinder spielen in den Bremer Jugendorchestern. Es tat gut, gemeinsam mit den Jugendlichen auf der Bühne zu stehen. Für die jungen Menschen müssen wir hoffnungsvoll sein, uns am Riemen reißen und immer wieder daran glauben, dass wir etwas bewirken können, dass es eine bessere Zukunft gibt.“
Drei Stunden gemeinsames Programm
Zu Beginn des Konzertes spielten das Jugendkammerorchester und Jugend- sinfonieorchester Bremen zusammen das Konzertstück Nr. 1 für Klarinette, Bassetthorn und Orchester von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Darauf folgte die Kammersinfonie für Streichorchester von Dmitri Schostakowitsch mit Musiker*innen der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, der Bremer Philharmoniker, freischaffenden Musiker*innen und einigen Mitgliedern des Jungendsinfonieorchesters. Direkt im Anschluss erklang eine der Rosenkranz-Sonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber, gespielt von Daniel Sepec, gefolgt vom „Ensemble New Babylon“ mit „Stilles Haus“ für Klavier und Flöte von Charlotte Seither. Anschließend spielte das Johannes Haase Quartett noch etwas Jazz von Marco von Orelli und Simon Spiess, um die Stimmung aufzuheitern. In der zweiten Hälfte spielten Jihye Seo-Georg, Benjamin Stiehl und Manami Ishitani-Stiehl zwei Sätze des „Dumky Trios“ von Antonín Dvorák. Danach sang der Musiker und Entertainer Mark Scheibe, der das Publikum schon durch den restlichen Abend geführt hatte, drei seiner aktuellen Lieder, begleitet vom Champagner-Quartett. Nach diesem erheiternden Auftritt holte uns Marieluise Beck zurück auf den Boden der grausamen Tatsachen in der Ukraine. Ihre offene Rede war schwer zu ertragen, aber wichtig für den Abend. Sie rührte viele der 1000 Zuhörenden zu Tränen. Nachdenklich und traurig gerieten daraufhin das „Verleih uns Frieden“ von Felix Mendelssohn Bartholdy sowie das „Agnus Dei“ von Samuel Barber, interpretiert vom Bremer RathsChor in Begleitung eines spontan zusammengestellten Orchesters unter der Leitung von Antonius Adamske. Zum Abschluss des Abends spielten nochmal alle Musiker*innen, die einen Platz auf der Bühne ergattern konnten, den ersten Satz der neunten Sinfonie von Antonín Dvorák „Aus der Neuen Welt“ unter der Leitung von Martin Lentz.
Unermesslich – Angst, Traurigkeit, Hoffnung, Herzlichkeit
Nicht nur im finanziellen Sinne hat dieses Konzert geholfen, sondern auch uns als Teilnehmer*innen „Brücken gebaut“, um etwas besser mit der Situation umgehen zu können. Es war ein unglaublich bewegender Abend für uns und das große Publikum. Denn es hat uns nicht nur die schreckliche Situation vor Augen geführt, in der sich die Ukraine und die Bevölkerung dort gerade befinden, sondern uns gleichzeitig das Gefühl gegeben, etwas bewegen zu können, obwohl man nicht vor Ort helfen kann und nur gedanklich in der Ukraine und bei den Menschen dort ist. Besonders das Streichquartett von Dmitri Schostakowitsch in Streicherbesetzung mit der darauffolgenden Violinsonate, gespielt von Daniel Sepec, erschütterte sehr.
Obwohl uns allen die Entwicklungen große Sorgen machen, hat uns die große Anzahl an Mitwirkenden und Zuschauer*innen wenigstens etwas Hoffnung geschenkt. Die Atmosphäre bei den Proben und im Konzert war trotz (oder gerade wegen!?) der bunten Mischung aus Profi-Musiker*innen und Jugendlichen von unermesslicher Herzlichkeit und Offenheit geprägt. Wir Jugendlichen saßen neben gestandenen Musikerpersönlichkeiten und durften gemeinsam an diesem Abend teilhaben und ihn gleichberechtigt gestalten! Alle beteiligten Musiker*innen haben für dieses spontane Konzert andere Pläne über Bord geworfen und waren mit Herz und Seele dabei!
Am Ende des dreistündigen Konzerts konnten wir erschöpft aber auch stolz auf die erreichte Spendensumme blicken. Beim Sammeln der Spenden haben wir deutlich gemerkt, wie wichtig es vor allem für die älteren Gäste war, zu merken, dass wir Jugendlichen erkennen, vielleicht sogar „verstehen“, wie wichtig Solidarität jetzt ist. Zu merken, dass wir helfen wollen und wie sehr auch unsere Generation die Situation bewegt. Natürlich werden diese Spenden nicht den Krieg beenden, und es ist schrecklich zu sehen, was dort passiert, aber dieses Konzert war etwas, was wir tun konnten.
Clara, 14 J., Lina, 14 J., Emilia, 15 J., engagiert als JM Botschafter*innen im Jungen Kammerorchester und Jugendsinfonie Orchester der Musikschule Bremen