13 Schulklassen aus NRW kamen in Lüdenscheid zusammen, um in einen besonderen musikalischen Wettstreit zu treten. Sie alle praktizieren das so genannte „Klassenmusizieren“ in einer Kooperation von Schulmusik und Instrumentalunterricht im zweiten Unterrichtsjahr, und alle ihre Schüler haben das Spiel ihres Instruments im Klassenverband erlernt. Die pädagogischen Konzepte hinter dem „Klassenmusizieren“ sind recht vielfältig, und entsprechend groß war auch die Spannweite innerhalb der Präsentationen, die die 13 Klassen boten.
Die Gänge des Lüdenscheider Bergstadt-Gymnasiums haben wohl noch nie so viele Musikinstrumente an einem Tag gesehen. Man fürchtete um Hunderte von Klappen und Wirbeln, wenn sich die jungen Musikerinnen und Musiker zusammen mit ihrem Publikum in dichten Trauben die Treppen hinunter zur Turnhalle schoben, doch größere Schäden wurden nicht vermeldet. Die Musikschule Lüdenscheid und ihr Leiter Franz Schulte-Huermann bekamen die Logistik des Wettkampfes erstaunlich locker in den Griff.
Der Enthusiasmus wuchs stetig: Die Weite der Turnhalle, in der je drei Orchester gleichzeitig Platz nahmen, durchdrang eine frappierende Spielfreude und Begeisterung der Schüler, die sich auf 300 Zuhörer übertrug. Die Programme gehorchten oft kleinen Dramaturgien, die Stringenz der pädagogischen Konzepte weitete sich durch die Aufnahme von Bodypercussion, kleinen Samba-Ensembles, Schülermoderationen und Schüler-Interviews. Auffallend war, dass die Streicherklassen überwiegend eine Form des offenen Unterrichts boten – der von der Rolland-Methode geprägt war –, während sich die Bläserklassen bereitwilliger in kleine Konzertdarbietungen fanden.
Bei zwei Schulen kamen Musikalität, Performance und pädagogische Schlüssigkeit so rund zusammen, dass die Jury ihnen einen 1. Preis mit Auszeichnung zuerkannte: Es waren die Bläserklassen des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums Bünde (Erika Becker, 25 Punkte) und der Gesamtschule Waldbröl (Andrea Massong, 23 Punkte). Eine „Klasse“ rückte in doppelter Stärke an, denn im Gymnasium St. Michael in Ahlen praktizieren Peter und Birgit Boch das Modell des Klassenmusizierens schon so lange und so erfolgreich, dass die vielen Anmeldungen nur noch in zwei Klassen aufzufangen sind.
Die Jury bestand aus dem Vorsitzenden Prof. Dr. Ortwin Nimczik sowie Klaus Ernst, Dr. Walter Lindenbaum, Martin Nieswandt, Hubertus Schmalor und Lutz Wentscher. Die Trägerschaft teilten sich der Regionalausschuss „Jugend musiziert“ Westfalen-West, der Landesverband NRW des Verbands Deutscher Schulmusiker, der Landesmusikrat NRW, der Landesverband der Musikschulen in NRW und das Landesinstitut für Schule in Soest. Sah es zunächst so aus, als müssten sie ihre Portokassen zusammenwerfen, um den Wettbewerb möglich zu machen, ergab sich dann doch die Aussicht auf eine rettende Förderung durch den Ministerpräsidenten des Landes NRW im Rahmen des Programms „Kultur und Schule“ von Staatssekretär Grosse-Brockhoff. Der Tag in Lüdenscheid bot eine interessante Bilanz, die eine kritische Weiterentwicklung von Konzepten des Klassenmusizierens ermöglicht. Es gibt kaum etwas, das wie Klassenmusizieren geeignet ist, die musikalische Jugendbildung in unserer Gesellschaft effektiv zu verbreitern.