Für viele Musiker ist kaum ein Genre so faszinierend wie das des Films. Junge Kreative, die sich für dieses Medium interessieren, lassen sich auf komplexe Wechselwirkungen von Musik, Wort und Bild ein, deren Reflexion lohnt. Landesmusikrat, mediamusic und Filmbüro NW sind die Veranstalter von „Film = X + Musik“, einer Reihe von drei öffentlichen Diskussionen und Filmvorführungen, die das Wechselverhältnis von Film und Musik aus drei Perspektiven betrachten.
Zur Auftaktveranstaltung „Musik:Drama!“ am 23. April trafen in der gut besetzten Filmpalette Köln die Journalisten Jörg Gerle (film-dienst) und Mike Beilfuß (Cinema Musica), der Komponist Ralf Wienrich sowie der oscar-prämierte Regisseur und Produzent Reto Caffi („Auf der Strecke“) zusammen, um über die Veränderung zu diskutieren, die Filmmusik in ihrer Funktion und ihren Möglichkeiten erlebt. Es moderierte der Komponist Matthias Hornschuh (Vorsitzender von mediamusic). Um die Veränderungen exemplarisch aufzeigen zu können, wandte sich die Runde insbesondere der Musik von Hans Zimmer und James Newton Howard zum Batman-Film „The Dark Knight“ zu.
Einig waren die Streiter darüber, dass der Raum, den die Musik im Film insgesamt einnimmt, kleiner geworden ist. Zu den Stummfilmen wurden Musiken an der Kinoorgel live gespielt, die stimmgewaltig und mit vielen Effekten der Orgel ein wuchtiges akustisches Pendant zum Visuellen bilden konnte und durfte. Der Orchestersoundtrack des frühen Tonfilms bildete die lineare Fortsetzung. Die Komponisten schrieben Werke, die nach der Überzeugung Korngolds stets auch selbständig im Konzertsaal bestehen können mussten. Doch nicht nur Dialoge, sondern auch die Klänge der Szenen, die immer detailfreudiger gestaltet werden, verengen den Raum für die Filmmusik, die schlichter und subtiler geworden ist. Eine wirkungsvolle Filmmusik ist in aller Regel nicht mehr als selbständiges Werk überzeugend aufführbar, davon ist Komponist Ralf Wienrich überzeugt.
Sind die meisten Musiken nicht doch beliebig einsetzbar? Wienrich bekannte, dass er oft erschrocken darüber sei, wie beliebig Musik letztlich einsetzbar sei. Man könne jede Szene mit unterschiedlichsten Musiken unterlegen, irgendwie würde sie fast immer funktionieren. Komponisten würden deshalb auch oft achselzuckend hinnehmen, dass die Musik, die sie zu bestimmten Szenen geliefert hätten, von Regie und Schnitt unter andere Szenen gelegt und oft zerstückelt eingesetzt würde. Letztlich arbeiten fast alle Komponisten im Bewusstsein, dass ihre Musik fast vielseitig einsetzbar ist und oft trotzdem „funktioniert“.
Der zweite Abend am 7. Mai befasste sich mit Musik im Dokumentarfilm und zeigte Klaus Sterns Film „Weltmarktführer“. Puristen des Dokumentarfilms lehnen den Einsatz von Musik ab. Doch immer selbstverständlicher wird Musik zur Unterstützung der Aussage eingesetzt. Über die Grenzen von Musik im Dokumentarfilm diskutierten die Dokumentarfilmerin und Cutterin Gesa Marten, der Dramaturg und Produzent Carl-Ludwig Rettinger, der SWR-Hörfunkredakteur Walter Filz, der Regisseur Klaus Stern und der Komponist Andreas Schilling. Es moderierte der Drehbuchautor Stephan Brüggenthies vom Filmbüro NW.
Im Mittelpunkt des dritten Abends „Schubladen in Deutschen Filmmedien“ am 4. Juni, 18 Uhr, stehen berufsspezifische Aspekte des Komponisten, wobei das frühe Werk des Multitalents John Carpenter, „Dark Star“, vorgeführt wird. Diskussionsteilnehmer: Carsten Rocker (Filmkomponist mit Producer-Ausbildung), Stephan Brüggenthies (Drehbuchautor & Filmkomponist), Matthias Hornschuh (Filmkomponist & Publizist), Xao Seffcheque (Drehbuchautor & Musiker), Helmut Zerlett (Bandleader – Komponist – VIP), Fritz Wolf (Moderation). Veranstaltungsort ist wiederum die Filmpalette Köln, Lübecker Str. 15. Der Eintritt zur Diskussion ist frei, Film-Tickets zu 6,50 Euro (6 Euro ermäßigt) können unter Tel. 0221/12 21 12 vorbestellt werden.
Die Reihe wird gefördert vom Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen und unterstützt von SoundTrack_Cologne 6.0 und der Filmpalette Köln. Ausführliche Berichte zu den Diskussionen sind unter www.lmr-nrw.de eingestellt.