In der Glaspracht des Bonner Post-Towers fand am 20. September das Abschlusskonzert des Kompositionsworkshops von Landesmusikrat und Landesmuseum Bonn des Landschaftsverbands Rheinland als Teil des Beethovenfests statt. Zwei Wochenenden lang hatten der Komponist David Graham und die Konzertpianistin Susanne Kessel im Landesmuseum junge Musiker, die kompositorischen Ehrgeiz haben, unterrichtet und in Gruppenarbeit kreativ herausgefordert.
Der Reiz für die Teilnehmer bestand auch darin, dass sie ihre Ergebnisse in der Interpretation professioneller Musiker hören konnten, neben Susanne Kessel waren dies François de Ribeaupierre (Klarinetten und Altsaxophon) und Philip Graham (Violoncello). In der Gruppe wurden die Zwischenergebnisse diskutiert und weiterentwickelt. Nicht alle Teilnehmer wollten ihre Ergebnisse hinterher auch öffentlich vorstellen, doch was erklang, war imponierend.
Jonas Meyer (Jg. 1991) stellte ein zweiteiliges Trio für Klavier, Saxophon und Violoncello vor, in dem Tonfiguren heranschweben und davonziehen und den Charme des kunstvoll Fragmentarischen entwickeln.
Auch für Miriam Hannah Adorf (Jg. 1990) sind Pausen in ihrer Musik wesentlich, geben sie doch den Gedanken des Hörers Raum. Die Sprache ihrer „Materialermüdung“ für Klavier ist romantisch und enthält Arpeggien, Akkordreihungen, lyrische Melodien zu Albertibässen und choralartige Passagen.
Eileen Hanz (Jg. 1996) hob eine Partitur von enormen Ausmaßen auf die Notenpulte. Sie ist von den Gegensätzen in der Musik fasziniert, und in ihrem „Anor ah Ithil“ (Sonne und Mond) für Flügel und Klarinette nutzt sie zur Auslotung dieser Gegensätze auch die Instrumentenkörper als Perkussionsflächen. Beim Flügel werden die Tasten gar nicht berührt.
Valentin Ruckebier (Jg. 1997) bot nebst verschiedenem Küchen-Equipment auch einen Mixer auf, der seinem Werk den Titel gab. Er hadert mit den Konventionen jugendlichen Verhaltens. Wer weder Fußball noch Computerspiele spielt, sondern als 13-Jähriger komponiert, ist nicht gerade „in“ unter Klassenkameraden. Gegen diese Konvention setzt er den Mixer ein, der das Werk für Bassklarinette, Violoncello, Klavier und Mixer mehr und mehr zerrührt und damit auch die Konvention zur Strecke bringt, wie der junge Komponist dem amüsierten Publikum erläuterte. Doch hinter dem Effekt des Quirls lugte ein erstaunlich souveräner Tonsatz hervor.
Benjamin Pfordt (Jg. 1992) lud mit „Around the world“ für Klavier und Saxophon zu einer Reise nach Asien, Arabien, in die Arktis und nach Südamerika ein. Er verwendet instrumentale Nachahmungen als Ankerpunkte für seine Reise, eine chinesische Flöte entsteht durch das Saxophon ebenso wie eine Schalmei.
Hakan Ulus (Jg. 1992) ist ein Pianist und Komponist, der klassisch westeuropäisch ausgebildet wurde, nun aber auch kulturelle Wurzeln in der Türkei sucht und in sein Werk einarbeitet. Sein „12 Ton ile Makam karsilasmasi“ ist nichts weniger als eine Begegnung der Methode der Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen Arnold Schönbergs mit dem Tonskalensystem der Makam in der türkischen Kunstmusik. Aus letzterer bringt Hakan Ulus auch Mikrointervalle und den Hang zu asymmetrischen Takten in sein Werk ein, ein 9/8-Takt baut sich bei ihm 2+2+2+3 auf. Seine eindrucksvolle viertelstündige Komposition war der Höhepunkt des Abends, eine artifizielle Begegnung der Kulturen, die diesen Workshop würdig beschloss. Der Workshop war ein Förderprojekt des Ministerpräsidenten des Landes NRW über den Landesmusikrat NRW. rvz