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Westfalen und die Kunst

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Diskussion über den Expertenbericht „Kunst NRW“ in Münster
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Im Sitzungssaal der Bezirksregierung Münster trafen am 16. März an die 250 Interessierte auf eine Diskussionsrunde zur Frage, warum Westfalen im Expertenbericht „Kunst NRW“ nicht vorkommt. Im Auftrag von Kunststiftung NRW und Staatskanzlei NRW hatte 2008 eine Runde geladener Experten von außerhalb des Bundeslands die Stärken und Schwächen von Kunst und Kultur in NRW kritisch betrachtet und Empfehlungen gegeben. Westfalen: Fehlanzeige. Der Kulturrat NRW, die Westfälischen Nachrichten und die Westfalen-Initiative hatten nun zur Diskussion eingeladen, und Moderator Gerhart Baum, Vorsitzender des Kulturrats, freute sich über den regen Zuspruch. An seiner Seite diskutierten Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Dr. Harald Falckenberg, Co-Autor des Expertenberichts, Damaris Lipke, Künstlerin, und Barbara Rüschoff-Thale, Kulturdezernentin des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe.

In einer Einführung erinnerte Prof. Klaus Anderbrügge von der Westfalen-Initiative daran, dass NRW bis heute kein organisches Gebilde, sondern ein „Bindestrich-Land“ sei. Als Ausgangslage für das Gutachten sei das nicht erkannt worden, falsche Maßstäbe wären angelegt, die Städtelandschaft Norditaliens sei allemal relevanter als Maßstab für NRW denn der von Metropolregionen. Insofern sei die Rolle der Sekundärzentren nicht und die des ländlichen Raums schon gar nicht erkannt worden. Nur so sei zu erklären, dass wichtige Kulturfaktoren wie die Kunsthalle Bielefeld, das Theater Bochum, die Skulpturenausstellungen in Münster nicht im Bericht auftauchen würden.

Diese Vorlage nahmen einige der Diskutanten gerne an und zeigten so manches Defizit der Studie auf. Staatssekretär Grosse-Brockhoff wies darauf hin, dass es ohne den Expertenbericht die Diskussion heute nicht gäbe und dass in dieser Anregung des öffentlichen Gesprächs ein großes Verdienst läge. Der Auftrag habe gelautet, Schwächen aufzuzeigen und zu zeigen, wo die Landesregierung mehr tun könne. Es sei nicht um eine lückenlose Analyse gegangen. Dem widersprachen viele, auch aus dem Publikum.

Thomas Sternberg, Kulturpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, wies darauf hin, dass die Kunststiftung NRW Mitauftraggeber des Gutachtens gewesen sei. Das habe eine Perspektive vorgegeben, die am ländlichen Raum und an kleineren Zentren naturgemäß vorbeiführe. Brigitta Radermacher, Beigeordnete der Stadt Siegen für Kultur, verwies auf eine besondere Stärke Westfalens, die Chorlandschaft. Viele Chöre haben internationalen Ruf. Im Lande jedoch kann dieser nur zur Geltung kommen, wenn die Kulturträger stärker zusammenarbeiten. Barbara Rüschoff-Thale rügte das konservative Kulturverständnis, das aus dem Bericht spreche. Ihr fehle der Blick auf neue Vermittlungsformen, auf neue Kunstinitiativen, sowohl im Bericht wie in der Diskussion. „Wir sollten nicht nachmachen, sondern Neues schaffen, neue Glanzlichter setzen. Wir sind ein Flächenland. Da heißt es nicht Leuchttürme schaffen, sondern Lichterketten.“

Doch dazu braucht man Künstler, die aus einer auskömmlichen Situation heraus arbeiten können. Und daran mangele es in Münster und Umland, wie Damaris Lipke aufzeigte. Dass zum Beispiel das Landesprogramm „Kultur und Schule“ nicht nur einen Beitrag zur kulturellen Bildung biete, sondern auch 1.400 Künstlern eine Beschäftigung durch Schulprojekte bietet wollte Pit Budde so nicht gelten lassen. 25 Euro pro gegebener Stunde seien einfach keine angemessene Entlohnung.

Der Bericht hat durchaus erfolgreich provoziert: Die Kulturamtsleiter Westfalens haben ein Papier vorgelegt, das aus Diskussionen der Kulturamtsleiter aus ganz NRW hervorging und das Konsequenzen aus der Nichtbeachtung durch die Expertenkommission vorschlägt. Staatssekretär Grosse-Brockhoff lobte das Kulturamtsleiterpapier als das klügste Schreiben unter denen, die sich bislang mit dem Bericht auseinandergesetzt hätten.

Dezernentin Rüschoff-Thale berichtete zudem, dass seitens der Bezirksregierung sieben Arbeitskreise eingesetzt worden seien, die Themenfelder umreißen, auf deren Basis das Kulturprofil Westfalens geschärft werden könne. Am 7. Mai werden diese Arbeitskreise ihre Ergebnisse öffentlich in Münster vorstellen, und Frau Rüschoff-Thale lud die Anwesenden zur Fortsetzung ihrer Diskussion bei diesem Anlass ein.

Gerhart Baum musste die oftmals aufgewühlte Diskussion, die noch deutlich von den Kontroversen um den gescheiterten Plan einer Münsteraner Musikhalle geprägt war, verschiedentlich besänftigen. „Wir sind eine der wichtigsten Kulturlandschaften weltweit“, meinte er, „darauf kann man ja auch einmal stolz sein.“ Er begrüßte, dass das öffentliche Gespräch durch die Initiative der Bezirksregierung fortgesetzt wird und dankte abschließend den Organisatoren dieser Diskussion, Rainer Bode von der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokulturelle Zentren, unterstützt von Tanja Brunner vom Kulturrat NRW.

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