Seit der Anhebung des Satzes der beschränkten Steuerpflicht für ausländische Künstlerinnen und Künstler, der so genannten Ausländersteuer, von 15 auf 25 Prozent im Jahr 1996 ist ein kontinuierlicher Rückgang des Künstleraustausches festzustellen. Weniger ausländische Künstlerinnen und Künstler treten in Deutschland auf und im Gegenzug werden weniger deutsche Künstlerinnen und Künstler in das Ausland eingeladen. Auf Dauer entsteht so ein kaum wieder gutzumachender Schaden im kulturellen Leben.
Der Deutsche Kulturrat hat deshalb einen Vorschlag erarbeitet, der gerade den ausländischen Künstlerinnen und Künstlern, die ein kleines Honorar erhalten, Erleichterungen bieten soll. Heute ist es oft so, dass Künstler aus dem Ausland bei ihren Auftritten wie Großverdiener vom Fiskus zur Kasse gebeten werden. 50 Prozent der Gesamteinkünfte der ausländischen Künstler, das heißt die Summe aus der Gage, den Reisekosten, den Hotelkosten, den Transportkosten und ähnliche werden pauschal mit 25 Prozent besteuert.
Die Steuer muss der Veranstalter in Deutschland an das Finanzamt abführen. Besonders die kleinen Veranstalter sind nicht in der Lage die Honorare für Gastkünstler so zu erhöhen, dass sie trotz dieser Übermaßbesteuerung noch eine ausreichende Gage erhalten können. Gerade der Kulturaustausch auf der lokalen Ebene leidet darunter, dass viele Künstler es sich schlichtweg nicht mehr leisten können, in Deutschland aufzutreten, weil die Gagen zu niedrig sind.
Bereits seit der Anhebung des pauschalen Steuersatzes für ausländische Künstlerinnen und Künstler setzen sich der Deutsche Kulturrat und auch die Mitgliedsverbände seiner Sektionen für eine Senkung dieses Satzes ein. Trotz großer Resonanz in den Medien und bei Abgeordneten des Deutschen Bundestages konnte bislang noch kein Erfolg erzielt werden.
Nun zeichnet sich aber in der Bundesregierung und auch im Deutschen Bundestag Bewegung in dieser Frage ab. Im Dezember letzten Jahres hat die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag, Monika Griefahn (SPD), angekündigt, dass der Satz der pauschalen Besteuerung ausländischer Künstlerinnen und Künstler gesenkt werden soll.
Das Bundeskabinett beschloss bereits Anfang dieses Jahres den pauschalen Steuersatz für ausländische Künstlerinnen und Künstler zum 1. Januar 2003 von 25 auf 20 Prozent abzusenken. Die mit der Steuerreform beschlossene Absenkung des Spitzensteuersatzes zum Jahr 2003 findet damit auch bei vorübergehend in Deutschland tätigen ausländischen Künstlerinnen und Künstlern Anwendung.
Weiterhin Handlungsbedarf
Der Deutsche Kulturrat hat die Pläne der Bundesregierung begrüßt, sieht aber weitergehenden Handlungsbedarf. Vom Deutschen Kulturrat wurde daher ein Modell entwickelt, wie auf unbürokratische Weise gerade noch nicht so bekannten ausländischen Künstlerinnen und Künstlern ein Auftritt in Deutschland erleichtert werden kann.
Nach dem Modell des Deutschen Kulturrates:
- wird auch für vorübergehend in Deutschland tätige ausländische Künstlerinnen und Künstler ein jährlicher Freibetrag in Höhe des steuerfreien Existenzminimums (derzeit liegt er bei 14.040 Mark im Jahr) eingeführt,
- sollte bei der Berechnung des Gewinns das bisherige Modell der pauschalen Gewinnermittlung beibehalten bleiben, das heißt weiterhin angenommen werden, dass von den erzielten Einnahmen 50 Prozent an Gewinn verbleiben,
- sollte die Umsatzsteuer in Höhe von 16 Prozent aus der Bemessungsgrundlage herausgerechnet werden.
Um eine möglichst einfache Handhabung der Besteuerung vorübergehend in Deutschland tätiger ausländischer Künstlerinnen und Künstler zu ermöglichen, schlägt der Deutsche Kulturrat folgendes Verfahren vor: - ausländische Künstlerinnen und Künstler, die in Deutschland vorübergehend tätig sind, erhalten vom Bundesamt für Finanzen ein personifiziertes Künstlerfreibetrags-Scheckheft,
- das Künstlerfreibetragsscheckheft enthält Schecks in unterschiedlich großer Stückelung, die insgesamt eine Summe in Höhe des Freibetrags ergeben,
- pro Veranstaltung können Künstler Schecks aus dem Künstlerfreibetrags-Scheckheft dem Veranstalter übergeben,
- so lange die Jahreseinnahmen der ausländischen Künstlerinnen und Künstler unterhalb des Freibetrags verbleiben, fällt keine Pauschalsteuer an,
- steigen die Einnahmen über den Freibetrag, setzt die reguläre Pauschalbesteuerung ein.
Dieses Modell würde für selbstständige ausländische Künstler und unselbstständige ausländische Künstler, die vorübergehend in Deutschland arbeiten, gleichermaßen gelten. Die praktische Durchführung der Besteuerung vorübergehend in Deutschland tätiger ausländischer Künstlerinnen und Künstler sollte weiterhin beim Bundesamt der Finanzen verbleiben.
Der Deutsche Kulturrat mit den ihm angeschlossenen Verbänden ist der Überzeugung, dass sein Modell die vielfach bestehende Übermaßbesteuerung ausländischer Künstler beenden würde. Das Künstlerfreibetrags-Scheckheft steht für ein unbürokratisches Verfahren, dass sowohl für ausländische Künstlerinnen und Künstler als auch die deutschen Veranstalter problemlos durchführbar ist. Mit diesem Modell würde vermieden werden, dass ausländische Künstlerinnen und Künstler, die vorübergehend in Deutschland tätig sind, eine Steuererklärung bei den jeweils zuständigen Finanzämtern in Deutschland abgeben müssten.
Die vom Deutschen Kulturrat vorgeschlagene praxisnahe Besteuerung ausländischer Künstlerinnen und Künstler, die zeitweise in Deutschland auftreten, würde gerade dem regionalen Kulturaustausch dienen. Besonders würden die Lage der Kulturveranstalter verbessert, bei denen Künstlerinnen und Künstler auftreten, deren Auftritte nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Bislang ist es nach dem so genannten Kulturorchester-Erlass so, dass Veranstalter Steuervorteile genießen, bei denen Ensembles auftreten, deren Auftritt zu erheblichen Teilen aus öffentlichen Mitteln gefördert werden.
Da vom so genannten Kulturorchester-Erlass Solisten und solistisch besetzte Ensembles, wie Duos, Trios oder Quartette, ausgenommen sind, können gerade kleine Clubs zum Beispiel im Jazzbereich die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen. Der Kulturaustausch gerade in dieser lebendigen Szene, die von wechselnden Besetzungen und dem Austausch lebt, wird durch die Übermaßbesteuerung deutlich erschwert.
Staatsminister Nida-Rümelin, Beauftragter der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien, will sich der Frage ebenfalls annehmen und hat einen ähnlichen Vorschlag wie der Deutsche Kulturrat unterbreitet, ohne allerdings die Höhe des angestrebten Freibetrags zu benennen. Er kann sich bei seinem Einsatz der Unterstützung aus dem Deutschen Kulturrat sicher sein.