Haltungen von Lehrpersonen, das zeigt die viel zitierte Hattie-Studie, sind entscheidend für die Qualität des Unterrichts. Passionierte Lehrkräfte, die Kompetenz und Leidenschaft weitergeben, haben den größten Einfluss auf die Lernenden.
Passion, Kompetenz, Leidenschaft, gepaart mit Freundlichkeit und Geduld: Das zeichnete den Musikpädagogen Ludwig Striegel aus, das charakterisierte den Musiklehrer am Gymnasium und den Hochschullehrer an der Universität. So beeinflusste, inspirierte und begeisterte er eine vielköpfige Schüler- und Studentenschaft, die er über Jahrzehnten hinweg betreute.
Ludwig Striegel wurde 1954 in München geboren. Nach Abitur (1973 am Humanistischen Gymnasium bei St. Stephan in Augsburg) und Wehrdienst studierte er Schulmusik an der Musikhochschule München mit Hauptfach Klavier. 1979 legte er die Erste Staatsprüfung ab, 1981 folgte das Zweite Staatsexamen. Anschließend wirkte er, wiederum am Gymnasium St. Stephan in Augsburg, elf Jahre als Studienrat für Musik. Zunächst als Teilzeit-, dann als Vollreferent am ISB in München betreute er ab Herbst 1991 das Fach Musik für alle Schularten. Mit einer Arbeit zur Bedeutung von Eric Satie für die Musikpädagogik promovierte er 1995 an der Musikhochschule Hamburg. 1999 wurde er auf die Professur für Musikpädagogik an der Universität Erlangen-Nürnberg berufen, 2000 folgte er einem Ruf auf den Lehrstuhl für Musikpädagogik/Musikdidaktik an der heutigen Hochschule für Musik Mainz. Dort leitete er die Abteilung Schulmusik, von 2011 bis 2014 amtierte er als Rektor der Hochschule.
Unterrichtsmaterialien, Satie, Klassenmusizieren – diese drei Schwerpunkte lassen sich ausmachen in Striegels Publikationen. Bereits als ISB-Musikreferent gab er unterrichts-praktische Handreichungen heraus („Musik in der Unterrichtspraxis“, 1992 und „Musik als Weg zum Unbewußten“, 1994). Die von ihm zusammengestellte Sammlung von Klavier-Pflichtstücken erfreut sich an Musischen Gymnasien nach wie vor großer Beliebtheit. Er schrieb Manuskripte für preisgekrönte Schulfunksendungen des BR und war als Autor für Regional- und Bundesausgaben des weit verbreiteten Lehrwerks „Spielpläne“ tätig. Durchwegs zeichnen sich seine unterrichtspraktischen Materialien durch originelle inhaltliche Ideen, Tiefenschärfe, enorme thematische Breite und reiche methodische Aufbereitung aus. Dass Striegel seit Jahrzehnten gesuchter Referent in der Lehrerfortbildung war, zeigt, wie reich an Aufschluss seine Arbeit war und wie aktuell seine Themen über all die Jahre hinweg geblieben sind.
Dem Werk von Erik Satie – ein zweiter Schwerpunkt – widmete sich Striegel gleichermaßen als Wissenschaftler, Künstler und Musikvermittler. Neben der erwähnten Dissertation legte er mehrere Aufsätze zu Satie vor, ferner eine klavierpädagogische Schrift („Schlaffe Präludienund verdorrte Embryos“, 2. Aufl. 2002) sowie CD-Einspielungen von Satie-Werken (2005). Auch in seinen Klavierabenden, die er häufig in Form von Gesprächskonzerten gab, stand Satie auf dem Programm.
Mit großer Energie engagierte Ludwig Striegel sich ab der Jahrtausendwende für das Klassenmusizieren. Hatte er sich noch in den 1990er-Jahren hinsichtlich dieses Themas eher zurückhaltend gezeigt, so machten alle Bedenken geradezu missionarischem Eifer für Bläserklassen und ähnliche musikpädagogische Formate Platz. Für das „Mainzer Modell“, das er mit der Akademie für Musikpädagogik Mainz betreute, warb er in zahlreichen Referaten, Publikationen und Tagungen.
Nach schwerer Krankheit ist Ludwig Striegel in der Nacht zum 18. Februar 2016 gestorben. Wir behalten ihn in Erinnerung als einen in sich ruhenden, humorvollen Humanisten – und als einen Menschen mit großer Fähigkeit zu Integration, Schlichtung und Moderation.