Dass sich die Musikschulen in einer wichtigen Phase des Aufbruchs befinden, haben bei der Kommunalen Arbeitstagung am 12. Oktober in Garmisch-Partenkirchen Bürgermeister und Staatsvertreter gleichermaßen betont. Entscheidend für die kommenden Monate sei, eine höhere staatliche Musikschulförderung mit größtem Nachdruck zu verfolgen.
Die Arbeitstagung zum Thema „Musikalische Bildung ist Zukunftsinvestition“ hat der Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen (VBSM) ins Leben gerufen, um eine Bestandsaufnahme des Musikschulwesens vorzunehmen und den Blick in die Zukunft zu richten. Daran teilgenommen haben neben Bürgermeistern aus verschiedenen Regierungsbezirken auch Wissenschaftsminister Dr. Thomas Goppel sowie Professor Dr. Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Pfeiffer, der in einer repräsentativen Studie den Wirkungszusammenhang von extensivem Medienkonsum und Gewalttätigkeit bei Jugendlichen herausstellte, appellierte an die Politik, die „Zukunftsinvestition in die Jugend“ zur zentralen Leitlinie zu machen. „Wir müssen die Nachmittage unserer Kinder retten und bei ihnen Lust auf Leben wecken – durch Musik und weitere kulturelle Angebote“, so Pfeiffer. Die sozial verbindende Kraft der Musik, die Lust am gemeinsamen Musizieren sei eine „Schutzimpfung durch Musik“. Dass das Musizieren für Jugendliche in der Tat eine gute Möglichkeit ist, ihre Freizeit sinnvoll auszufüllen, bestätigte die Bürgermeisterin von Neubiberg, Johanna Rumschöttel: Im Gegensatz zu den Nachbargemeinden, die ohne öffentliches Musikschulangebot so genannte Streetworker im Einsatz haben, wären diese in ihrer Gemeinde nicht vonnöten. Einig darüber waren sich allesamt – Kommunalpolitiker wie Staatsvertreter –, dass musikalische Bildung und gemeinsames Musizieren für junge Leute in hohem Maße fürs Leben und die Persönlichkeitsbildung sinnstiftend sei. Allein dieser Tatbestand erfordere von den politisch Verantwortlichen in Staat und Kommunen, die Musikschulen weiter zu fördern und zu stärken.
Wenn auch die 215 Musikschulen bereits über 130.000 Kinder und Jugendliche in 850 Kommunen mit ihren musikpädagogischen Bildungsangeboten erreichten, so habe ein erheblicher Teil der jugendlichen Bevölkerung in Bayern noch immer keinen Zugang zu einer öffentlichen Musikschule. Deshalb müsse der Stellenwert von Musikschularbeit in den Städten und Gemeinden erhöht werden. „Unser Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass jedes Kind an jedem Ort qualifizierten Musikunterricht erhalten kann“, erklärte Dorfner. Alle weißen Flecken auf der bayerischen Landkarte wegzubekommen, gelinge aber nur, wenn auch staatliche Anreize vorhanden sind. Diese lägen jedoch noch „in weiter Ferne“. Die Aussichten ein wenig erhellen, konnte Staatsminister Thomas Goppel mit seiner Ankündigung, dass der Haushaltsansatz für das kommende Jahr eine gewisse Steigerung vorsehe. Der Wegfall der 20-prozentigen Haushaltssperre – eine Sparmaßnahme in den vergangenen steuerschwachen Jahren – würde so die staatliche Förderung der Musikschulen begünstigen.
„Die 13 Millionen Euro stehen den Musikschulen zu“, befand auch Ministerialrat Michael Weidenhiller, zuständiger Referent im Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Er sieht ebenfalls die Zeiten schmerzhafter Sparrunden im Kulturbereich beendet; mittlerweile gehe es um die Verteilung der Gelder.
Die Musikschulen forderte er auf, derweil den „Druck im Kessel zu erhöhen“. Auch der Musikschulverband sollte sich gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden zügig auf den Weg machen, die politischen Entscheidungsträger zu überzeugen. Ihnen müsse bleibend vor Augen geführt werden, wie musikalische Bildung unterstützend davor bewahren kann, dass sich junge Leute „nicht gegenseitig auf die Birne hauen“. Minister Goppel bekräftigte: „Kinder müssen möglichst frühzeitig an Musik herangeführt werden, damit ihre Eltern einsehen, sie ein Instrument lernen zu lassen.“ Reparaturen in der Jugendarbeit kosteten schließlich mehr als vorbeugend in Bildungs-angebote sinnvoller Freizeitbeschäftigungen zu investieren.
Ob eine Gemeinde eine Musikschule betreiben oder ausbauen will, entscheide sie nicht zuletzt nach der Höhe des gesellschaftlichen Stellenwerts, erklärte Fritz Wittmann, Bürgermeister des Marktes Essenbach. Wie hoch dieser Wert ist, sei in jedem Falle von der politischen Gewichtung der Staatsregierung abhängig: „Mit dem Geld, das für das Großprojekt Transrapid vorgesehen ist, könnten 20 Jahre lang die Lehrpersonalkosten der Musikschulen in Höhe von 25 Prozent abgedeckt werden“, so Wittmann. Ein stärkerer staatlicher Anreiz würde die Kommunen, die ohnehin schon den Löwenanteil der Musikschulen finanzieren, dazu bewegen, die bestehenden Musikschulen nicht nur zu bewahren, sondern sie auszubauen und neue Musikschulen zu gründen. Dies würde auch dazu führen, dass die Zusammenarbeit der Städte und Gemeinden untereinander gestärkt werde, ergänzte Landrat Dorfner, – „ein wichtiger Schritt hin zum Staatsziel eines flächendeckenden Musikschulnetzes“. sl