Eine der wichtigsten Aufgaben der öffentlichen Sing- und Musikschulen in Bayern ist die gezielte Wahrnehmung ihres Bildungs- und Kulturauftrages nach einem konsequenten musikpädagogischen Konzept von der Kita bis zum Erwachsenenalter. Dabei bereichern Musikschulen das Kulturleben in ihrer jeweiligen Kommune regelmäßig, abwechslungsreich und auf Dauer. Im Besonderen geschieht dies durch die vielseitige Zusammenarbeit mit anderen Bildungs- und Kultureinrichtungen vor Ort, aber auch regional und überregional.
Diese Zusammenarbeit kann einmaligen Projektcharakter besitzen, sich aber auch zu langfristigen Kooperationen weiterentwickeln. So können informelle Gemeinschaftskonzerte, aber auch Kooperationsverträge über dauerhafte Bildungsmaßnahmen entstehen. Denn Musikschulen sind offen für Bildungspartnerschaften im Rahmen ihres öffentlichen Auftrags und ihres Selbstverständnisses als kommunale Bildungseinrichtungen. Kooperationen in verschiedener Ausprägung bieten die Chance, zum Wohl aller Kinder pädagogische Wege zu beschreiten, die sonst ungangbar wären. Die folgenden Absätze zeigen anschaulich verschiedene Ausprägungen und Gestaltungen solcher Kooperationen:
Neue Welt mit neuer Besetzung
Wie erfolgreich Kooperationen zwischen dem Bildungsträger Musikschule und anderen Kulturträger sein können, zeigt ein ganz außergewöhnliches Projekt: Die Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilharmonie – spielten im Rahmen eines Jugendkonzertes Dvoráks 9. Sinfonie „Aus der Neuen Welt“. Dazu holten sie nach dem 3. Satz knapp 40 Mitglieder des Jugendorchesters der Städtischen Musikschule Bamberg auf die Bühne, um mit ihnen gemeinsam den 4. Satz zu präsentieren.
Schon bei den Proben unter der Leitung von Chefdirigent Jonathan Nott war es eine Freude zu sehen, wie jeweils ein versierter Profimusiker neben einem der zwischen 12 und 17 Jahre alten Jugendorchestermitglieder saß, um Tipps und Sicherheit zu geben.
Das EducationTeam der Bamberger Symphoniker hatte die Idee eines gemeinsamen Projektes und fragte im Sommer 2012 das Jugendorchester Bamberg unter der Leitung von Musikschulleiter Martin Erzfeld an. Bei einer gemeinsamen Besprechung einigte man sich dann auf Dvoráks bekannte Sinfonie, deren 4. Satz für die Jugendlichen eine große Herausforderung darstellte. Direkt im Anschluss an eine Konzertreise nach Krakau begann das Jugendorchester aufgeteilt in sechs Stimmgruppen mit der Probenarbeit, die bereits nach zwei Wochen von Mitgliedern der Bamberger Symphoniker übernommen wurde. Sieben Termine waren in der Musikschule insgesamt für diese Coachings angesetzt; bei den letzten beiden Proben wurde das Orchester in zwei Gruppen (Streicher und Bläser) zusammengefasst, um vor allem an der Genauigkeit des Zusammenspiels und der klanglichen Balance zu arbeiten. Das Lokalfernsehen TVO filmte bei einer dieser Proben und inter-
viewte anschließend Dozenten und Jugendliche. Zu sehen ist dies unter http://www.tvo.de
Am Tag vor dem Konzert war es dann endlich soweit: Bei einer großen Hauptprobe im Keilberthsaal der Bamberger Konzerthalle traf das Jugendorchester erstmals auf die Symphoniker und ihren Chefdirigenten Jonathan Nott, der seit 2000 die künstlerische Verantwortung des Orchesters trägt und sich bereit erklärt hatte, dieses besondere Projekt ohne Honorar zu dirigieren. Nachdem sich die neuen Pultnachbarn kennengelernt hatten, wurde konzentriert und professionell gearbeitet und man vergaß sehr schnell, dass hier nicht nur Profimusiker auf der Bühne saßen. Nach der Generalprobe vor dem Konzert füllte sich der Saal mit überwiegend jugendlichem Publikum, das sich von Beginn an konzentriert und begeistert der großartigen Musik von Dvorák hingab. Hilfreich war dabei die Moderation durch zwei Bamberger Schüler, die Zuhörer, Dirigent und Musiker befragten und so wichtige Hintergrundinformationen zum gespielten Werk gaben. In beiden Proben hatten die Mitglieder des Jugendorchesters so überzeugen können, dass im Konzert alle Bläsersoli von Jugendlichen übernommen werden durften, was für ein Projekt dieser Art und ein Orchester vom Rang der Bamberger Symphoniker nicht selbstverständlich ist.
Auf beiden Seiten löste dieses erste Gemeinschaftsprojekt große Freude und Begeisterung aus, die bei den Jugendlichen immer noch deutlich spürbar ist. Vorgespräche für ein Anschlussprojekt wurden bereits geführt und man hat sich auf einen Zweijahresturnus geeinigt. Auf das Programm darf man gespannt sein.
Herausragende überörtliche Zusammenarbeit
Ein weiteres Beispiel, wie sich öffentliche Musikschulen in das kulturelle Leben in den Kommunen einbringen, ist die erfolgreiche Zusammenarbeit dreier fränkischer Musikschulen im November 2012. Die Adolf von Henselt Musikschule Schwabach, die Musikschule Nürnberg und die Städtische Musikschule Bamberg veranstalteten gemeinsam das Gemeinschaftskonzert „Schlag zu!“ im Evangelischen Haus in Schwabach.
Schon beim Eintreten wurde für die zahlreichen Zuhörer sichtbar, dass es ein ganz besonderes Konzert werden würde: Die riesige Bühnenfläche war ausgefüllt mit Drumsets, Pauken, Marimbaphonen, einem Vibraphon, Cajons und diversen anderen Perkussionsinstrumenten.
Mit ihrem Vortrag bewiesen sogleich die beiden bei „Jugend musiziert“ ausgezeichneten Nachwuchsensembles „Happy Conga“ (MS Nürnberg) und „Schwabacher Goldschlägel“ (MS Schwabach), dass sie musikalisch in der Welt der Schlaginstrumente ganz selbstverständlich „zu Hause“ sind. Das Schlagzeugtrio der Städtischen Musikschule Bamberg – sogar Bundespreisträger beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ – sorgte dann im hoch virtuosen Vortrag einer eigens für diese Besetzung arrangierten Klaviersonate für den nächsten Höhepunkt des Abends. Nach der Pause, deren Ende durch die Erwachsenen-Sambagruppe der Musikschule Schwabach „eingetrommelt“ wurde, überzeugte das Schwabacher Schlagzeugtrio und das Ensemble „Schlagsache“ (MS Nürnberg) mit mitreißender, jugendlicher Spielfreude und einem rhythmisch vitalen Programm das Publikum.
Dass auch das Musikschulensemble „Schlagsache“ beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ ausgezeichnet wurde, unterstreicht noch einmal deutlich, dass „das selbstverständliche, regelmäßige Musizieren im Ensemble zusätzlich zum Instrumentalunterricht eine besondere Qualität der Musikschularbeit ist“, wie Elke Theil, Leiterin der gastgebenden Schwabacher Musikschule, vor dem abschließenden Beitrag der Lehrerformation „Forth Floor“ betonte.
Die gelungene Zusammenarbeit der drei fränkischen Musikschulen ist kein Einzelfall. So gestalten die Blockflöten-ensembles der Musikschulen Schwabach, Erlangen, Herzogenaurach und Nürnberg am 21. April 2013 bereits in der zweiten Staffel „Pfeiff drauf!“ ein gemeinsames Konzert – diesmal in Erlangen. Spätestens für 2014 ist aufgrund des großen Erfolgs die Fortsetzung von „Schlag zu!“ geplant – im Konzertsaal des bis dahin komplett sanierten und erweiterten Gebäudes der Städtischen Musikschule Bamberg.
Veranstaltungen mit bundesweiter Bedeutung
Am Sonntag, 10. März 2013, sind die diesjährigen Tage der Chor- und Orchestermusik mit einem feierlichen Festakt im Edwin-Scharff-Haus in Neu-Ulm zu Ende gegangen. Traditionell verleiht der Bundespräsident bei dieser bundesweiten zentralen Veranstaltung jeweils einem Ensemble die Zelter- und Pro-Musica-Plaketten als höchste nationale Auszeichnung für nicht-professionelle Vokal- bzw. Instrumentalensembles. Knapp 900 Musiker in 35 Ensembles ließen zu diesem Anlass auf beiden Seiten der Donau dieses bedeutendste Fest der Amateurmusik in Deutschland zu einem unvergesslichen Ereignis werden. Auch hier war der Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e.V. mit seinen Mitgliedern vertreten: So gestaltete das Landes-Jugendjazzorchester Bayern, getragen vom VBSM, und der Landesjugendchor Baden-Württemberg das Eröffnungskonzert am Freitagabend im Congress Centrum Ulm. Beim ökumenischen Festgottesdienst am Samstag waren die öffentlichen Musikschulen Bayerns durch das Ensemble Roggenstein der Kreismusikschule Fürstenfeldbruck beteiligt und erwärmten das mit ca. 1.000 Besuchern besetzte eisige Ulmer Münster. In der Nacht der Schulmusik am Samstagabend im Kornhaus waren unter anderem die „Singing Vegetables“ der Musikschule der Stadt Neu-Ulm zu hören.