Als die Verantwortlichen von Bund und Ländern Ende Oktober einen erneuten (Teil-)Lockdown beschlossen, hatte das auch Auswirkungen auf das zum Schuljahresbeginn angelaufene Fortbildungsprogramm des Verbandes Bayerischer Sing- und Musikschulen e. V. (VBSM): Im Sinne des Infektionsschutzes ließen sich die für die darauffolgenden Monate geplanten Veranstaltungen nicht wie vorgesehen in Präsenz durchführen. Das stellte Fortbildungsreferentin Brigitte Riskowski vor die Herausforderung, dass einerseits keine Präsenzseminare möglich waren und andererseits aber das Bedürfnis nach Austausch zunahm: „Gerade in Zeiten großer Unsicherheit einhergehend mit sozialer Isolation, Zukunftsängsten und zahlreichen beruflichen wie privaten Herausforderungen ist der kollegiale Erfahrungsaustausch umso wichtiger, um sich gegenseitig zu unterstützen und neue Impulse für die eigene Arbeit und den Umgang mit den gegebenen Umständen zu gewinnen. Deshalb haben wir alles darangesetzt, das Fortbildungsprogramm dort, wo es möglich und sinnvoll erscheint, in digitaler Form weiterzuführen und durch weitere spezifisch auf die aktuelle Situation abgestimmte Formate zu ergänzen“, so Riskowski.
Flexibilität durch Corona-Lockdown-Online-Optionen
Als die AG Fortbildung im Frühjahr 2020 das aktuelle Fortbildungsprogramm bestehend aus 39 Workshops und Seminaren zu verschiedenen Themengebieten sowie zahlreichen Fach- und Aktionstagen der VBSM-Fachberater*innen zusammenstellte, entschied sie sich bereits für die Einführung einer Corona-Lockdown-Online-Option. „Auch wenn für uns der direkte Kontakt im Vordergrund steht und durch keine Technik der Welt ersetzbar ist, wollten wir angesichts der dynamischen und unvorhersehbaren Entwicklungen der Corona-Krise auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. So wurden für alle Fortbildungen, für die es sinnvoll erscheint und bei denen es für den*ie Dozent*in machbar ist, Online-Optionen für den Fall eines erneuten Lockdowns vereinbart“, so Riskowski. Auf diese Weise gelingt es nun, schnell auf den erneuten Lockdown zu reagieren und die geplanten Fortbildungen – sofern thematisch und didaktisch realisierbar – als Online-Kurse durchzuführen. Die angemeldeten Teilnehmer*innen werden kontaktiert und können frei entscheiden, ob sie unter den gegebenen Bedingungen zu einem reduzierten Kursbeitrag auch an der Online-Fortbildung teilnehmen möchten. „Es melden sich sogar Lehrkräfte aus anderen Landesverbänden, die explizit an einer Online-Fortbildung interessiert wären – so erweitern wir letztlich unseren Radius“ staunt die Fortbildungsreferentin.
Fach- und Aktionstage der VBSM-Fachberater*innen
Auch die beiden geplanten Veranstaltungen der VBSM-Fachberater*innen fanden online statt: Fachberater Peter Hackel lud zum Fachtag „Lehren im Netzwerk Musikschule“ ein und Fachberaterin Aloisia Dauer organisierte den Fachtag Violine. „Im Fokus standen die Erfahrungen mit der aktuellen Situation; es war unschwer zu erkennen, dass sie die Teilnehmer*innen beschäftigt. Wir haben die Erfahrungen aus der Corona-Zeit auf drei Ebenen behandelt: die Erfahrungen mit sich selbst, in der Beziehung zu den Schüler*innen und im Kollegium. So konnten wir einen strukturierten Zugang zu dieser doch für viele stark mit Emotionen behafteten Thematik finden. Besonders hilfreich war die Aufteilung der Teilnehmer*innen in Kleingruppen durch das Videokonferenztool. Dadurch war trotz der räumlichen Distanz ein intensiver Austausch auf persönlicher Ebene möglich“, so Hackel. Von ähnlichen Erfahrungen berichtet auch Dauer: „Geigenlehrer*innen unterschiedlicher Altersstufen aus ganz Bayern trafen sich zum Online-Meeting. Es gab sogar einen Impulsvortrag des Jazzgeigers Max Grosch zum Thema Improvisation. Die Teilnehmer*innen waren dankbar, dass der Fachtag auch unter den gegebenen Umständen stattfinden konnte.“ Das bestätigen auch Veronika Hofer, Berthold Guggenberger und Veronika Marschall, die als Teilnehmer*innen an einem der Fachtage mit dabei waren: „Den Kontakt zu den Kolleg*innen empfand ich persönlich als sehr hilfreich. Gerade in den Kleingruppen waren sehr intensive Gespräche möglich“, so Hofer. „Alle Teilnehmer*innen zeigten sich sehr offen gegenüber dem neuen Format“, ergänzt Guggenberger. Positiv am Online-Format wurde auch der Wegfall langer Reisewege wahrgenommen: „Es können schneller und auch öfter Meetings mit Personen aus dem ganzen Land stattfinden“, meint Marschall. Zu kurz käme hingegen der bilaterale Austausch mit einzelnen Teilnehmer*innen. Auch gemeinsames Musizieren sei über die Distanz nicht wirklich möglich. Hackel und Dauer wollen in Zukunft die Vorteile beider Formate miteinander vereinen. „Für einen kurzen Austausch mit Teilnehmer*innen aus unterschiedlichen Orten eignet sich das Online-Format sehr gut. Bei größeren Veranstaltungen werde ich hingegen nach wie vor auf die persönliche Begegnung setzen“, resümiert Hackel.
MeetUps als neue Form des kollegialen Austauschs
In Ergänzung zu den Veranstaltungen des regulären Fortbildungsprogramms wurden außerdem kurzfristig sogenannte MeetUps in das Programm mit aufgenommen. Hierbei handelt es sich um eine digitale Form des kollegialen Austausches, bestehend aus kurzen Inputeinheiten, aktivierenden Arbeitsformen in Klein- und Großgruppen und kreativen Methoden zur Ergebnissammlung. Die Grundidee dazu entwickelte Initiatorin Sandra Engelhardt, seit vielen Jahren als Weiterbildungsdozentin und Coach für den VBSM und den Verband deutscher Musikschulen e. V. (VdM) tätig, bereits lange vor dem Lockdown: „Bei meinen Präsenz-Workshops habe ich oft beobachtet, dass das Bedürfnis nach kollegialem Erfahrungsaustausch sehr stark ausgeprägt ist. Denn auch wenn wir Lehrkräfte im Alltag ständig mit vielen Menschen zu tun haben, gibt es doch selten Gelegenheit, untereinander ins Gespräch zu kommen. So kam mir die Idee einer Art ,Stammtisch mit Input‘. Allerdings war festzustellen, dass eine Teilnahme oftmals an organisatorischen Hindernissen wie langen Anfahrtswegen oder familiären Verpflichtungen scheiterte. Als ich mich dann ab März – zugegeben gezwungenermaßen – mit digitalen Formaten auseinandergesetzt habe, erschien mir die Umsetzung meines Konzepts als Online-Meeting sehr passend.“ Die MeetUps als kompakte Form des Mini-Workshops sollen den Teilnehmer*innen die Möglichkeit einer kurzweiligen „RAuszeit“ eröffnen: raus aus dem Alltag, neue Methoden kennenlernen, Zuspruch und Austausch mit Kolleg*innen. In thematischer Hinsicht sind dem Format keine Grenzen gesetzt: Die Impulse reichen von Zeitmanagement und Berufszufriedenheit über die Erfahrungen während des Lockdowns hin zu ganz unterrichtspraktischen Themen. Ziel ist es, dass die Teilnehmer*innen gestärkt, unterstützt und mit frischen Ideen in den Alltag gehen. Und obwohl die Teilnehmer*innen oftmals mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt sitzen, ist doch ein sehr intensiver Austausch möglich: Die räumliche Distanz werde insbesondere in den Kleingruppen kaum wahrgenommen und so sei immerhin ein direkter Kontakt ohne Maske im Gesicht möglich, wie Engelhardt schmunzelnd feststellt. Dies gelingt, wenn sich die Teilnehmer*innen aktiv beteiligen können und nicht nur passiv vor dem Rechner sitzen. Das bestätigt auch Peter Hackel, der ebenfalls an einem der MeetUps teilgenommen hat: „Dieser Workshop mit Sandra Engelhardt war für mich die initiale Erfahrung, dass es online klappen kann und hat mich bei der Gestaltung des Fachtags inspiriert. Er hat mir Möglichkeiten aufgezeigt, die technischen Hilfsmittel didaktisch sinnvoll einzusetzen. Ich hätte nicht gedacht, dass eine so persönliche Begegnung über die Distanz hinweg funktionieren kann.“ Auch Prof. Doris Hamann, eine der Leiterinnen des Zertifikationskurses Elementare Musikpädagogik (EMP), hat mit ihren Kursteilnehmer*innen an einem der MeetUps teilgenommen: „Die Dozentin hat es geschafft, eine angenehme Atmosphäre herzustellen, sodass es leichtfiel, miteinander ins Gespräch zu kommen. Auf diese Weise konnten wir trotz der ausgefallenen Kursphasen in Kontakt bleiben.“ Hamann sieht allerdings auch klare Nachteile von Online-Angeboten: „Online-Tools sind sehr gut geeignet, wenn es wie hier darum geht, sich miteinander auszutauschen. Gerade vor dem Hintergrund meines Fachbereichs der EMP sehe ich aber auch ganz klar die Grenzen des Digitalen: Wir können online zwar miteinander sprechen, es kann aber kein gemeinsames Agieren und Musizieren entstehen. Gerade in der Elementaren Musikpraxis kann das Wesentliche über den Bildschirm nicht überspringen.“ Sandra Engelhardt setzt für die Zukunft auf eine Kombination aus digital und analog: „Abhängig von Veranstaltungsformat, Zeitumfang und den gegebenen Rahmenbedingungen erscheint das eine oder das andere besser geeignet. Im Vordergrund stehen die Ziele, die mit einem Workshop erreicht werden sollen. Ich bin daher sehr zuversichtlich, dass es neben den Präsenz-Angeboten, die es ja bald wieder geben soll und auf die ich mich auch schon sehr freue, auch weiterhin MeetUps geben kann: als niedrigschwelliges Angebot der ,RAuszeit‘.“
- Weitere Informationen zum Fortbildungsangebot des VBSM finden Sie unter https://www.musikschulen-bayern.de/lehrkraefte/fortbildungen