Hauptbild
Symphonieorchester der Städtischen Musikschule Mühldorf am Inn. Foto: VBSM
Symphonieorchester der Städtischen Musikschule Mühldorf am Inn. Foto: VBSM
Banner Full-Size

Für ein Leben mit Musik!

Untertitel
Die Bayerischen Sing- und Musikschulen geben sich ein neues Leitbild
Autor
Publikationsdatum
Body

„Und darum ist die Musik auch der wichtigste Teil der Erziehung.“ Mit diesem Satz aus Platons „Der Staat“ ist das Leitbild der Musikschulen im Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e. V. überschrieben, das die Delegierten aus den Bayerischen Sing- und Musikschulen in ihrer Mitgliederversammlung am 24. Oktober 2015 in Mühldorf am Inn einstimmig beschlossen. In diesem Zitat ist bereits die herausragende Bedeutung von Kunst und Kultur als „elementare Bestandteile des Menschseins“ und „prägende Grundlage für das gesellschaftliche Zusammenleben“ zu erkennen.

Das Leitbild umreißt zunächst den Auftrag der gemeinnützigen, öffentlichen Musikschulen in Bay-ern, die in ihrem „kommunalen Wirkungsbereich“ als „musikalische Kompetenzzentren“ die „gesellschaftliche Aufgabe der Erziehung, Bildung und Nachwuchspflege im Bereich der Musik“ erfüllen. Im Anschluss daran thematisiert das Leitbild die Ziele der Sing- und Musikschulen in Bayern, die unter anderem „Musik als ein Kernstück europäischen Kulturguts“ pflegen und Brücken bauen zur „Musik anderer Kulturkreise“.

Denn eines ihrer Ziele ist zudem die Heranbildung der Schülerinnen und Schülern zu „musikalisch kompetenten Menschen“, die einen wesentlichen Beitrag leisten, „Musik lebendig zu halten und an kommende Generationen weiterzugeben.“ Die öffentlichen Sing- und Musikschulen „ermöglichen die Teilhabe aller Menschen an der Musik, auch durch aufsuchende Angebote.“ Sie bekennen sich daher „zur Inklusion als Anspruch und Aufgabe.“ Begründet sind diese Ziele in den Werten, die der musikalischen Bildungsarbeit an den Sing- und Musikschulen in Bayern zu Grunde liegen: „Jede Musikschule hat ihr eigenständiges Profil als lebendiger Bildungsorganismus und als musikkulturelles Zentrum, welches das Musikleben in der Kommune mitgestaltet. Breitenarbeit, Begabtenfindung und -förderung, Berufsorientierung und Studienvorbereitung sind wichtige Betätigungsfelder der öffentlichen Einrichtung Musikschule.“ Diese sehen die „musikalische Bildung im Kontext einer ganzheitlichen Bildung des Menschen und damit als unverzichtbaren Teil der Allgemeinbildung. Dabei spielt im Unterricht die Fachlichkeit ebenso eine Rolle wie der Erwerb von Schlüsselkompetenzen. Auf dem Fundament der langjährigen Ausbildung an der Musikschule entfalten sich neben den musikalischen Fähigkeiten und Fertigkeiten weitere Kompetenzen wie Konzentrations- und Gestaltungsvermögen, Kreativität, Kommunikationsfähigkeit, Sozialkompetenz und Teamfähigkeit – Musizieren macht stark für ein gelingendes Leben.“

Musik ist die Sprache des Herzens

Diese Werte spiegelten sich auch in der Festrede von Staatsminister Dr. Marcel Huber, MdL, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei wider, der drei besondere Eigenschaften von Musik betonte: „Musik stiftet Identität“, „Musik schafft Werte“ und „Musik ist universell“. Denn sie weckt „musikalische Erinnerungen, die den Menschen prägen, ob durch die Mutter, in der Kirche oder dem Wirtshaus. […] Bayern hat eine starke Identität, aber wer feste Wurzeln hat, kann auch offen auf andere Kulturen zugehen – heimatverbunden und weltoffen“, so Staatsminister Huber. „Musik vermittelt ganz selbstverständlich sogenannte ‚Soft-Skills‘ wie den Gemeinschaftssinn, Rücksicht auf Schwächere und Verlässlichkeit. Dies sind Eigenschaften, die wir in der Gesellschaft brauchen“, denn „Musik ist die Sprache des Herzens“, so der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei weiter, „sie baut Brücken!“ Zudem dankte Staatsminister Dr. Marcel Huber dem Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e. V. für dessen Engagement im Wertebündnis Bayern und rief den Besuchern des Festaktes am Freitag, 23. Oktober 2015 – den Delegierten aus den Musikschulen, den Vertretern der Landes- und Kommunalpolitik sowie der Medien – zu: „Eine staatliche Förderquote von 15 Prozent als Nahziel und 25 Prozent als Fernziel, dafür müssen wir in ‚großer Koalition‘ kämpfen! […] Die Antragszahlen der neuen Kooperationsförderung geben uns Recht: Wir alle tragen Verantwortung.“

Der gesellschaftliche Konsens hierfür ist gegeben und zeigt sich auch in den Willensbekundungen der Fraktionen im Bayerischen Landtag: „Sie alle haben uns geantwortet auf unser Schreiben, in der wir um Erhöhung der staatlichen Zuwendungen im Doppelhaushalt gebeten haben“, so Landrat Martin Bayerstorfer, Präsident des Verbandes Bayerischer Musikschulen e. V. zuvor in seinem Grußwort: „Und Sie haben uns alle, ich betone ausdrücklich alle Fraktionen, ihre Unterstützung zugesichert. Wir sind gespannt darauf, wie die Umsetzung nun im Nachtragshaushalt aussehen wird. […] [Denn] Kinder brauchen Qualität, Kinder brauchen Nachhaltigkeit, Kinder brauchen für ihren Unterricht vor allem eine gesicherte Finanzierung, die auf drei Beinen steht: natürlich die Eltern, natürlich die Kommunen und mit großem Nachholbedarf der Freistaat Bayern. So kann musikalische Bildung in Bay-ern gelingen, und so können Allianzen in der kommunalen Bildungslandschaft ein Gewinn für uns alle sein.“

Menschen machen Musik(-schule)

Gerade solche Allianzen, also die Vernetzung mit anderen Bildungsanbietern in der kommunalen Bildungslandschaft ermöglichen durch aufsuchende Bildungsarbeit allen Menschen Wege zur Musik. Mit der „Entwicklung inklusiver Musikschulen in Bayern“ setzt sich der dritte Band der Reihe „Musikalische Bildung in Bayern“ des VBSM auseinander. Vorgestellt wurde diese Handreichung unter anderem beim Forum für Musikschulleiter und -lehrkräfte, das unter gleichem Titel am Freitag, 23. Oktober 2015 stattfand. Dabei gingen die Dozenten Robert Wagner, Vorsitzender des Bundesfachausschusses Inklusion im VdM und Leiter der Musikschule Fürth e. V. und Burkard Fleckenstein, Mitglied des VBSM-Vorstandes und Leiter der Musikschule und des Kulturamts der Stadt Aschaffenburg auf eine Vielzahl an Aspekten und Gelingens-Bedingungen auf dem Weg zu einer inklusiven Musikschule ein. „Die Verwirklichung von Inklusion ist ein Prozess, der lokal und regional zu verankern ist. Er orientiert sich an den Gegebenheiten vor Ort, die die spezifische Gestaltung bestimmen.“ So ist es in der neuen VBSM-Veröffentlichung zu lesen und die Fragen die sich durch und bei diesem Prozess ergeben, bearbeiteten die Teilnehmer des Forums. Denn – darauf wies Burkard Fleckenstein ausdrücklich hin: „Mit der Potsdamer Erklärung des VdM verpflichtet sich jede öffentliche Musikschule, die notwendigen Voraussetzungen für eine mögliche Teilhabe aller an musischer Bildung zu schaffen.“

Wie sich Inklusion ganz konkret didaktisch und methodisch im Unterricht umsetzen lässt, zeigte der Workshop für Musikschullehrkräfte am Samstag, 24. Oktober 2015. Unter dem Titel „Wenn nicht wir – wer dann? Inklusion einfach machen“ warb der Workshop für eine Pädagogik der Vielfalt. In einem ausführlichen Praxisteil stellte Daniela Holweg, VBSM-Fachberaterin für Musik und Menschen mit Behinderung, die von Robert Wagner an der Musikschule Fürth e. V. entwickelte und seit Jahren erfolgreich erprobte Methode „Max Einfach“, die auf dem Prinzip der Reduktion beruht, vor. Kompetenzorientiert und selbstbestimmt leistet hier jeder Musiker dank des Bausteinprinzips seinen individuellen Beitrag zur gemeinsamen Gestaltung eines musikalischen Werkes. Markus Adam, VBSM-Fachberater für Musik im Alter, führte in den Bereich der Musikgeragogik ein und wies auf die Bedeutung von aufsuchenden Angeboten, Kooperationen und multiprofessionellem Zusammenwirken im Bereich der inklusiven Bildungsarbeit hin. Der Workshop ermutigte, sich im Unterrichtsalltag offen und Schritt für Schritt neuen inklusiven Aufgaben zu stellen – mit dem Anspruch der bestmöglichen Förderung jedes einzelnen Schülers, unabhängig von sozialem oder religiösem Hintergrund, Behinderung, Begabung, Alter oder Geschlecht. Inklusion einfach machen!

Der „Vordenker“ Burkard Fleckenstein

Feierlicher Rahmen für die Verleihung der Carl-Orff-Medaille des VBSM ist traditionell der Festakt des Bayerischen Musikschultages. In diesem Jahr ehrte der Verband einen seiner Vordenker, den Leiter des Kulturamtes und der Musikschule der Stadt Aschaffenburg und langjähriges VBSM-Vorstandsmitglied Burkard Fleckenstein. „Sie haben sich in hervorragender Weise um die musikalische Erziehung, um das musikalische Leben, um die musikalische Jugend und um das Musizieren auf hohem Niveau verdient gemacht. Sie haben mit Ihrem pflichtbewussten wie freudvollen Wirken das Sing- und Musikschulwesen in Bayern und darüber hinaus in hohem Maße bereichert.“ Mit diesen Worten dankte Landrat Martin Bayerstorfer in seiner Laudatio Burkard Fleckenstein und wurde noch deutlicher: „Ihre Hartnäckigkeit, Ihre Geduld und Ihr langer Atem waren und sind dabei wesentliche Grundlage Ihrer Arbeitsweise und Voraussetzung für Ihren Erfolg. Dabei bewahren Sie stets Entscheidendes, ohne den Blick in die Zukunft zu versperren.“ Musikalisch gestalteten Solisten und Ensembles der Städtischen Musikschule Mühldorf am Inn den Festakt.

Mehr über die Musik beim Bayerischen Musikschultag 2015, den Erfahrungsaustausch von VBSM-Fachberatern und Musikschullehrkräften sowie die Bedeutung von Elternvertretungen und Fördervereinen erfahren Sie auf den Internetseiten des VBSM unter www.musikschulen-bayern.de sowie in der nächsten Ausgabe der nmz. Der Bayerische Rundfunk widmet sich in zwei Sondersendungen dem Bayerischen Musikschultag. Unter dem Titel „Einzigartig anders! Musikschule und Inklusion“ werden Konzerteindrücke, Diskussionsbeiträge und Erfahrungen aus der Musikschulpraxis am 31. Oktober 2015 von 14:05 bis 15:00 Uhr auf BR Klassik zu hören sein. Bay-ern2 strahlt die Sendung „Nachgehört: Einfach machen! Inklusion im Musikschulalltag – Das Thema der Fachdiskussionen des 38. Bayerischen Musikschultags im Praxistest“ am 31. Januar 2016 von 19.30 bis 20.00 Uhr aus.

Autor
Print-Rubriken
Unterrubrik