Musizieren im Alter – die demografische Entwicklung fordert von Musikschulen ein Umdenken und die Schaffung neuer Strukturen für die lebenslange Begleitung aller Musikinteressierten. Methoden für die Reaktivierung längst vergessener Musikkenntnisse oder gar eine „Elementare Musikalische Späterziehung“ sind gefragt, denn was „Hänschen nicht gelernt hat“, kann Hans sehr wohl noch lernen!
Musik ist das emotional wirksamste ästhetische Medium der menschlichen Kultur und ein wichtiges Kommunikations- und Ausdrucksmittel. Doch sind Methoden aus der Früherziehung nicht vollständig übertragbar: Man braucht profundes Hintergrundwissen für das Verständnis der Lebenssituation älterer Menschen und muss sich an deren emotionalen und kulturellen Bedürfnissen orientieren.
In diesem Sinne engagiert sich die Fachhochschule Münster seit vielen Jahren in der Ausbildung von Musik-Geragogen. In Kooperation mit den bayerischen Musikhochschulen München, Nürnberg, Würzburg und der FH Münster lief seit Juli 2012 in der Musikakademie Hammelburg der erste Zertifikationskurs Musik-Geragogik des VBSM – unter der Leitung von Prof. Barbara Metzger von der Hochschule für Musik Würzburg und mit einer Reihe namhafter Dozenten aus den Bereichen Musikpädagogik und Altenpflege. 14 junge Musikpädagogen haben seither sieben intensive Lehrgangsphasen, ergänzt durch Praktika und Praxisaufgaben, absolviert. Nach einer Facharbeit und anschließendem Kolloquium erhielten sie am 10. November 2013 in Hammelburg in einer Feierstunde von Michael Dröse, 2. Vorsitzender des Verbandes Bayerischer Sing- und Musikschulen e. V., ihre Zertifikate.
„Ich habe selten derart hoch motivierte und interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einem Zertifikats-Lehrgang erlebt“, so Lehrgangsleiterin Prof. Barbara Metzger. „Jeder Einzelne war offen und bereit, sich auf die Vielfalt der Themen einzulassen. Die Teilnehmer hatten in jeder der sieben Phasen Gelegenheit, in Anlehnung an die Angebote für Senioren selbst musik- und bewegungsorientierte Erfahrungen im Sinne der Elementaren Musikpädagogik (EMP) zu gewinnen und dabei fachdidaktische Besonderheiten kennen und reflektieren zu lernen. Außerdem erhielten sie umfangreiche Informationen zu Themen wie Singen im Alter, dementielle Erkrankungen, Instrumentalunterricht mit älteren Menschen, Musik in der Sterbebegleitung und vieles mehr. In den von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbst initiierten und durchgeführten Projekten – Grundlage für die Facharbeit inklusive einer dokumentierenden DVD und für das abschließende Prüfungsgespräch – spiegelte sich die Vielfalt der musikgeragogischen Ansätze wider.“
Mit dieser Zertifikations-Fortbildung trifft der VSBM augenscheinlich den Bedarf seiner Musikschulen. Auch die im Januar 2014 beginnende zweite Staffel des Kurses ist bereits ausgebucht, für den Nachfolgekurs ab November 2014 – dann in Kooperation mit dem Landesverband baden-württembergischer Musikschulen in der Landesakademie Ochsenhausen und unter der Leitung des jungen Pädagogikprofessors Michael Forster – gibt es bereits eine Warteliste.
Die bayerischen Musikschulen sind sich also der Verantwortung bewusst, ihre Pädagogen mit einem soliden Handwerkszeug für die Arbeit mit Senioren auszustatten. Wer erst einmal nur in das Thema hineinschnuppern möchte, kann sich für die VBSM-Fortbildung 13_31 „Ich bin wieder jung geworden“ – Künstlerisch-pädagogische Angebote für alte Menschen mit Musik, Sprache und Bewegung Anfang April 2014 mit Christiane Schönherr und Insuk Lee (Orff-Institut, Mozarteum Salzburg) – anmelden.