„Im Musikunterricht müsste erst einmal ganz viel musiziert werden, dann könnten Freude und Interesse an der Musik wachsen.“ Solch einen Stoßseufzer dürfte man wohl schon öfter von einem Schulmusiklehrer gehört haben. Beim Musizieren aber ist es mit ein bisschen Praxis nicht getan. Tragfähige Freude entsteht meist erst, wenn ein bestimmtes Können erreicht ist und ausgebaut wird. Dies erklärt, weshalb sich seit einigen Jahren die Idee der Bläserklassen stark verbreitet hat.
Das Schulsystem steuert auf die offene Ganztagsschule hin, Bläserklassen sind hier die große Chance zur Nachwuchssicherung“, erklärt Andreas Horber, Geschäftsführer des Bayerischen Blasmusikverbandes (BBMV). Mittlerweile ist der Begriff „Bläserklasse“ in aller Munde. Das Klassenmusizieren ist auf zwei Jahre angelegt, zumeist für die Altersstufen der 5. und 6. Klassen. Es sieht vor, von Anfang an gemeinsam im Ensemble und in Registergruppen ein Instrument systematisch zu erlernen.
Das Klassenmusizieren bietet sich sowohl für die Nachmittagsbetreuung an allgemein bildenden Schulen sowie zur Nachwuchsrekrutierung in Musikvereinen an. Die Leitung einer Bläserklasse liegt dabei meist in Händen von Schulmusikern, Musikschullehrkräften oder Dirigenten bzw. Ausbildern von Laienmusikvereinen. Für die Bläserklassenleitung gibt es derzeit noch keine einheitlichen Qualitätskriterien, so dass jeder eine Bläserklasse initiieren und leiten darf – unabhängig davon, ob er qualifiziert ist.
Staatliche Anerkennung
Weil aber Kinder dringend eine sorgfältige Basisausbildung brauchen, damit sie auch nach Ende der Bläserklassenzeit das Instrument weiterlernen, die steigenden Herausforderungen am solistischen Instrumentalspiel annehmen und ihre musikalischen Fähigkeiten ausbauen können, entwickelten die bayerischen Musikschulen gemeinsam mit Kultusministerium und Bayerischem Blasmusikverband den berufsbegleitenden Lehrgang „Leiter für Klassenmusizieren mit Blasorches-terinstrumenten“. Der Lehrgang mündet in die staatliche Anerkennung für Bläserklassenleiter. „Wenn es um die Qualitätssicherung der musikalischen Ausbildung unserer Kinder geht, müssen wir alle an einem Strang ziehen“, so Josef Dichtl, Geschäftsführer des Verbandes Bayerischer Sing- und Musikschulen (VBSM). Es brauche für die Qualifizierung der Bläserklassenleiter feste Qualitätskriterien, die verbandsübergreifend anerkannt sind. Damit könne eine gleichbleibende Unterrichtsqualität gesichert werden, so Dichtl. Die Leiter der allgemein bildenden Schulen, die Vorstände der Musikvereine oder die Musikschulleitungen profitierten ebenfalls von allgemein anerkannten Qualitätsstandards, da sie von vornherein Klarheit über die Ausbildung des Bläserklassenleiters bekämen.
Der zweijährige berufsbegleitende Lehrgang dient zur Erweiterung von Fähigkeiten, die durch ein Musikstudium oder die Ablegung einer staatlichen Anerkennungsprüfung erworben wurden. Der Lehrgang umfasst zwei aufeinander aufbauende Kurse. Er endet mit der staatlich anerkannten Prüfung über die Befähigung als Leiter für Klassenmusizieren mit Blasinstrumenten.
Die Lehrgangsinhalte sind praxisnah und auf die besonderen Anforderungen an einen Bläserklassenleiter ausgelegt. Dessen Aufgaben gehen weit über das eigentliche musik- und instrumentalpädagogische Handwerk hinaus, reichen in die Bereiche Organisations- und Finanzmanagement hinein und umfassen die Einbindung von Lehrplaninhalten der allgemein bildenden Schulen in die Klassenmusizierausbildung.
Zulassungsvoraussetzungen
„Die jüngsten Schüler brauchen die bes-ten Ausbilder“ – dieses Motto haben sich die beteiligten Musikverbände und das Kultusministerium bei der Erarbeitung der Qualifizierungsmaßnahme auf ihre Fahnen geschrieben. Grund genug, auch die Qualitätskriterien für die Zulassung zu einem Lehrgang sicherzustellen. So können ausschließlich Lehrerinnen und Lehrer den Lehrgang antreten, die entweder über die uneingeschränkte Lehrbefähigung für ein Blasorchesterinstrument laut Sing- und Musikschulverordnung verfügen, staatlich anerkannte Dirigenten von Blasorchestern im Laienmusizieren sind oder das Staatsexamen für das Lehramt an allgemein bildenden Schulen mindestens im „nicht vertieften“ Fach Musik mit einem Blasinstrument als Hauptfach haben.
„Die Einstiegsvoraussetzungen sind hoch“, räumt Klaus Hammer, VBSM-Fachsprecher für bläserische Ausbildung, ein. Dennoch seien diese Zulassungsbeschränkungen im Interesse der Kinder wie auch der Lehrkräfte. Denn freilich ist die Leitung einer Musizierklasse eine anspruchsvolle Aufgabe. Sie kann nur von einem Fachpersonal erfüllt werden, das von vornherein fundiertes Fachwissen mitbringt. Der Einstiegskurs beginnt mit der Grundschulung vom 6. bis 8. Oktober in der Musikakademie Marktoberdorf. Nach der ersten Praxisphase findet ein Vertiefungstag am 13. Januar 2007 in der Städtischen Musikschule Weilheim statt. Die Zwischenprüfung wird nach der zweiten Praxisphase in der Sing- und Musikschule Garching abgehalten. Der Hauptkurs beginnt im Sommer 2007, es folgen drei weitere Phasen bis zur Abschlussprüfung im Sommer 2008. Nähere Informationen erhalten Interessenten in der VBSM-Geschäftsstelle, Tel. 0881/20 58.