1993 wurden die internationalen Jazzworkshops an der Landesmusikakademie NRW in Heek unter dem Titel „Berklee in Germany“ mit der Berklee School of Music, Boston, begründet. Im Lauf der Jahre wurde neben dem Dozententeam aus Boston die europäische Komponente mit Dozenten europäischer Musikhochschulen immer wichtiger, und der vierte Workshop im Jahr 2000 trug schon den Titel „Berklee Meets Europe“.
Gemeinsam mit dem legendären Bandleader Peter Herbolzheimer entwickelte die Landesmusikakademie NRW 2004 die Idee zur Europäischen Jazzakademie, die nun vom 16. bis 23. Mai 2010 zum vierten Mal in Heek stattfand. Überschattet wurden die Vorbereitungen vom unerwarteten Tod Peter Herbolzheimers, der wieder die künstlerische Leitung übernommen hatte. Auf seinem Krankenbett äußerte er noch den Wunsch zur Fortsetzung des Workshops, und durch eine glückliche Fügung konnte der Posaunist und Bandleader Jiggs Whigham gewonnen werden, die Arbeit seines langjährigen Weggefährten weiterzuführen. „Mit einem weinenden und einem lachenden Auge“ kam er nach Heek, um die künstlerische Leitung des Workshops zu übernehmen und ihn mit seiner persönlichen Erfahrung weiterzuentwickeln. Ihm zur Seite stand ein bewährtes Dozententeam von hochkarätigen und pädagogisch erfahrenen Jazzmusikern. Mit „A Tribute to Peter Herbolzheimer“, dem Dozentenkonzert zum Auftakt der Jazzakademie, gedachten sie auf bewegende Weise des Verstorbenen mit dessen Kompositionen, Arrangements und der Musik, die er liebte.
Für die Teilnehmer schloss sich eine intensive Arbeitswoche an. 82 Musikerinnen und Musiker aus Deutschland und europäischen Ländern hatten täglich ein volles Programm aus Einzelunterricht, Combos, Proben mit der Bigband, der Salsaband oder in Gesangsensembles zu bewältigen. Die Sänger bildeten dabei mit 24 Teilnehmern eine stark besetzte Gruppe. Ergänzend gab es Workshops zu Themen wie „Einleitung in die Jazzimprovisation“, „Instant Arranging“, „Using Your Voice to Improve Your Musicianship“ oder zum Notensatzprogramm „Finale“. Ein neuer Akzent waren die halbstündigen Mittagskonzerte unter dem Titel „Faculty Presents ...“, bei denen sich die Dozenten in kleinen Formationen musikalisch vorstellten. Neben den Teilnehmern aus der offenen Ausschreibung waren auch 23 Mitglieder der von Peter Herbolzheimer gegründeten Bands GreyHair Convention, MasterClass und MasterBirds beteiligt, die im Jahr 2008 erstmals mit von der Partie waren. Diese begabten jungen Nachwuchsjazzer und „alten Hasen“ bildeten eine Big Band, die unter der Leitung von John Ruocco probte. In den nachmittäglichen Combos und Vokalensembles wirkten alle Teilnehmer unter Leitung der Dozenten zusammen.
Natürlich sollten und wollten sich alle Mitwirkenden auch im Konzert präsentieren, und so gab es an den letzten drei Workshoptagen vier Abschlusskonzerte, die von einem gro-ßen, jazzbegeisterten und fachkundigen Publikum besucht wurden – der hohe musikalische Standard dieser Konzerte hat sich seit Jahren bei Jazzfreunden im Münsterland und darüber hinaus herumgesprochen. Am Freitagabend gaben sich GreyHair Convention, MasterClass und MasterBirds die Ehre, ein erstes Ensemble unter Leitung von Frank Haunschild und Tom van der Geld trat auf, und beim Spiel der von José Cortijo geleiteten Salsaband wurde der solide Holzboden des Konzertsaals zum Tanzparkett der von den lateinamerikanischen Rhythmen mitgerissenen Zuhörer.
Am Samstag schlossen sich zwei weitere Konzerte mit Auftritten der Ensembles unter Leitung von Ack van Rooyen, von Erik van Lier und Jan Oosthof, von Sebastian Sternal und Jürgen Neudert sowie von Bruno Castellucci und Thomas Stabenow an. Sie umrahmten gekonnt die Auftritte der von Silvia Droste, Judy Niemack und Matthias Becker betreuten und von Dozenten – unter anderem Jeanfrançois Prins und Timo Dresenkamp – einfühlsam begleiteten Gesangsklassen. Den Schlusspunkt setzte die Matinee am Sonntag mit Kurzauftritten von GreyHair Convention, MasterClass und MasterBirds, gefolgt vom mit besonderem Applaus bedachten Ensemble unter Leitung von Peter Weniger und der Big Band der Europäischen Jazzakademie, die Jiggs Whigham locker und meisterhaft zugleich leitete. Die angelsächsische Mischung aus Können, Gelassenheit und Humor, die Jiggs Whigham in der Zusammenarbeit mit Teilnehmern und Dozententeam ausstrahlte, prägte die Atmosphäre des gesamten Workshops. Seine Bereitschaft, die Zusammenarbeit fortzusetzen, steigert die Vorfreude auf kommende Jazzakademien an der Landesmusikakademie NRW.
Weitere Informationen: www.landesmusikakademie-nrw.de